Im Streit um die Reform der Erbschaftsteuer macht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Druck auf den Vermittlungsausschuss und fordert den Beginn der Kompromisssuche noch in der Sommerpause. Die erste Sitzung des Gremiums von Bundestag und Bundesrat solle nicht "erst Anfang September stattfinden, sondern jetzt", sagte Schäuble dem Bayerischen Rundfunk am Samstag. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) pochte auf Mitsprache der Grünen.
Schäuble verwies darauf, dass sich das Gremium in früheren Fällen auch während der Sommerpause getroffen habe. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat soll eigentlich am 7. September zusammentreten. Der Vorsitzende, Johann Wadephul (CDU), hatte erst am Freitag gesagt, es gebe keine Notwendigkeit, schneller als geplant zu tagen. Wadephul zeigte sich zuversichtlich, auch so eine Einigung bis Ende September hinzubekommen.
Dieser Termin ist wichtig, weil sich dann das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Erbschaftsteuer befassen will - und womöglich eine eigene Übergangsregelung in Kraft setzen könnte. Denn eine eigentlich von Karlsruhe gesetzte Frist zur Neuregelung Ende Juni ist bereits ergebnislos abgelaufen.
Schäuble drängte deswegen zur Eile: "Ich habe den Brief des Senatspräsidenten des Bundesverfassungsgerichts nicht so verstanden, dass das Bundesverfassungsgericht erwartet, dass wir jetzt bis September nichts tun", sagte er dem Radiosender. Der Bundesrat hatte vor einer Woche den Vermittlungsausschuss angerufen.
Das Verfassungsgericht hatte im Dezember 2014 wesentliche Teile der bislang gültigen Steuervergünstigungen für Firmenerben gekippt.
Unterdessen gab Kretschmann der Bundesregierung die Verantwortung dafür, dass die Erbschaftsteuer wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landet. Schäubles Gesetzentwurf habe erst vorgelegen "als die Frist der Karlsruher Richter bereits überschritten war" und dann im Bundesrat keine Mehrheit gefunden, sagte Kretschmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagsausgaben).
Die Regierung müsse begreifen, dass die Grünen in zehn Bundesländern mitregierten und "nicht das Anhängsel der großen Koalition" seien, sagte Kretschmann.
Ein Ende Juni ausgehandelter Kompromiss der Koalition wurde vom Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause Anfang Juli gestoppt und an den Vermittlungsausschuss verwiesen: Insbesondere den von SPD, Grünen und Linken regierten Ländern gehen die Privilegien für Unternehmer zu weit, die mit dem Schutz von Arbeitsplätzen begründet werden.