Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Wenn höhere Zinssätze tatsächlich bedeuten, dass die von Startups so geliebte "Wachstum vor Gewinn" Phase vorbei ist, dann ist dies an Just Eat Takeaway (AS:TKWY) spurlos vorübergegangen.
Dem englisch-niederländischen Essenslieferdienst gelang im vergangenen Juni mit der Übernahme von GrubHub (NYSE:GRUB) der Durchbruch in den USA. Laut dem Quartalsbericht vom Dienstag will Just Eat Takeaway doppelt so viel Geld in die Hand nehmen, um seinen Marktanteil auszubauen. Damit möchte man sich die Konkurrenz von Uber (NYSE:UBER) Eats und Deliveroo vom Hals halten.
"Das Unternehmen wird auch weiterhin investieren, um weiteres Wachstum zu erzielen und Marktanteile zu gewinnen", heißt es in der Börsenmitteilung.
Der Rest der Erklärung machte deutlich, dass dies eine Notwendigkeit und keine Option ist.
"Nur durch klare Marktführerschaft lassen sich ausreichende Skaleneffekte, eine hohe Auftragsdichte und Netzwerkeffekte erzielen, die langfristig gesunde Liefermargen ermöglichen", heißt es weiter.
Nur einen Tag zuvor musste sich der Markt bereits mit verlustbringenden Unternehmen auseinandersetzen, die große Ambitionen haben, ihren Sektor neu zu erfinden. Daher wurden die Ergebnisse mit mehr Nachsicht aufgenommen, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre: Die Aktie von Just Eat Takeaway stieg bis zum späten Vormittag um 2,9% und war damit einer der besseren Performer in der Region.
Das Umsatzwachstum lag am oberen Ende der Erwartungen und stieg im Vergleich zum Vorjahr um 54%. Die vom Unternehmen bevorzugte Kennzahl für den bereinigten Gewinn legte um 18% auf 256 Millionen Euro zu. Die Marge verbesserte sich in drei der vier größten Märkte, Kanada, Deutschland und den Niederlanden.
Das Liefergeschäft des Unternehmens, das eine relativ neue Ergänzung zu den Kerndienstleistungen darstellt, wuchs besonders stark, was aber einzig und allein auf die Pandemie zurückzuführen ist. Die Lieferaufträge haben sich mehr als verdoppelt, und das Wachstum beschleunigte sich bis zum Jahresende mit einem Plus von 163% gegenüber dem Vorjahr. Der Grund waren die erneuten Lockdowns in Europa und Nordamerika.
Das Unternehmen sagte, dass die Zustellungen, die jetzt 26% der Gesamtbestellungen ausmachen (von 18% im Jahr 2019), mehr einbringen als sie kosten, gab aber keine weiteren Details an.
Es zeichnet sich jedoch ab, dass der wachsende Anteil der Auslieferungen zumindest kurzfristig einen enormen Druck auf die Profitabilität ausüben wird. Die Investitionen in das Zustellgeschäft in Großbritannien haben die EBITDA-Marge von 42% auf 30% gedrückt. In Kanada, wo das Geschäft zu 100% aus der Zustellung besteht, beträgt die EBITDA-Marge gerade einmal 11%. Und das in einem Jahr, in dem das Geschäftsmodell von den Lockdowns profitierte.
Und dann sind da noch die anderen Kosten, die mit dem angestrebten Wachstum einhergehen. Der Nettoverlust des Unternehmens erhöhte sich von 115 Mio. Euro im Vorjahr auf 151 Mio. Euro. Mehr als 100 Mio. Euro davon sind auf die Fusion des britischen Unternehmens Just Eat mit dem niederländischen Unternehmen Takeaway und der anschließenden Übernahme von GrubHub zurückzuführen. Letztere wird voraussichtlich im Juni abgeschlossen sein. Das Streben nach Wachstum wird zwangsläufig zu weiteren Akquisitionen führen, die, wie soll es anders sein, auch ihren Preis haben.
Solange der Markt bereit ist Wachstum mehr zu belohnen als Profitabilität, wird dies kein Problem sein. Vom Oktober-Hoch aus ist die Aktie um 30% gefallen und anschließend schlug sie sich wie jedes andere angeschlagene Startup. Aber die nächsten 9 Monate werden alles andere als einfach werden.