Prag (Reuters) - In Tschechien hat die populistische Partei ANO des Milliardärs Andrej Babis die Parlamentswahl mit großem Abstand gewonnen.
Babis, der häufig mit US-Präsident Donald Trump verglichen wird, dürfte somit neuer Regierungschef werden und den Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka ablösen. Ihm steht eine schwierige Regierungsbildung bevor. Insgesamt zogen neun Parteien in das Parlament ein. Zudem erklärten Sobotkas Sozialdemokraten (CSSD) und die Christdemokraten, die mit ANO zuletzt eine Koalition gebildet hatten, dass sie in kein Kabinett wollten mit Personen, gegen die ermittelt würde. Babis zeigte sich unbeirrt und sagte, er wolle mit allen Parteien sprechen.
Nach Auszählung aller Stimmen entfielen auf die ANO 29,6 Prozent. Überraschend stark schnitt die rechtextreme und EU-feindliche SPD mit 10,6 Prozent ab. Rund elf Prozent erhielt die liberal-konservative Partei ODS. Die Sozialdemokraten von Regierungschef Sobotka landeten abgeschlagen bei 7,3 Prozent. Es war ihr schlechtestes Ergebnis seit der Abspaltung von der Slowakei 1993.
HARTER KURS IN FLÜCHTLINGSPOLITIK
Die Tschechen waren am Freitag und Samstag aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die von Babis gegründete ANO hat Unterstützer sowohl im rechten als auch im linken Lager gewonnen. Sie verspricht, die Steuern zu senken, korrupte Politiker aus dem Amt zu jagen und die europäischen Grenzen abzuriegeln, damit nicht ein einziger Flüchtling in Tschechien aufgenommen wird. Babis hat sich zum Ziel gesetzt, sein Land wie ein Wirtschaftsunternehmen führen zu wollen.
Dem Magazin "Forbes" zufolge ist Babis mit einem Vermögen von rund vier Milliarden Dollar der zweitreichste Mann Tschechiens. Zu seinem Firmenimperium zählen Medien-, Chemie-, Agrar- und Lebensmittelkonzerne. Sein Aufstieg begann mit dem Aufbau der Dünger-Fabrik Agrofert in den 90er Jahren. Er übernahm die Kontrolle in dem Unternehmen und schlug einen Expansionskurs ein. Mittlerweile gehören mehr als 250 Firmen zu seinem Konglomerat mit Aktivitäten in 18 Ländern, darunter Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Deutschland, wo er die Großbäckerei Lieken sein eigen nennt. Insgesamt beschäftigt Babis rund 34.000 Mitarbeiter.
In der Regierung Sobotkas wurde Babis 2014 Finanzminister, musste aber im Mai zurücktreten, weil ihm Steuerbetrug vorgeworfen wurde. Babis hat seine Unschuld beteuert.