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ROUNDUP: Nato sieht keine Anzeichen für Ende von russischem Truppenaufmarsch

Veröffentlicht am 16.02.2022, 14:46
© Reuters.

BRÜSSEL/MOSKAU (dpa-AFX) - Nach Erkenntnissen der Nato setzt Russland seinen Truppenaufmarsch im Grenzgebiet zur Ukraine entgegen seiner Ankündigungen fort. "Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen. Im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel am Rande eines Treffens der Verteidigungsminister der Bündnisstaaten. Das Verteidigungsministerium in Moskau hingegen betonte, es würden weitere Teile der Truppen abgezogen. Mehrere Einheiten, die an Übungen auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim beteiligt waren, kehrten demnach nun zu ihren Standorten zurück.

Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video, das einen Zug bei Dunkelheit mit Panzern und anderen Militärfahrzeugen auf der Krim-Brücke zeigt. Die Brücke führt von der Halbinsel, die sich Russland 2014 einverleibt hatte, aufs russische Festland. Auf der Krim ist zudem Militär dauerhaft stationiert.

Zugleich kritisierte Russlands Sicherheitsrat das US-Militär mit seinen Zehntausenden Soldaten und taktischen Atomwaffen in Europa als Bedrohung für Russland. Die USA hätten zur Abschreckung Russlands Truppen mit einer Stärke von 60 000 Soldaten, 200 Panzern und 150 Kampfflugzeugen stationiert, sagte der stellvertretende Sekretär des Sicherheitsrats, Michail Popow, der Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta".

Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte Russlands Bereitschaft zum Dialog mit dem Westen über die Sicherheit in Europa - "aber nicht zum Schaden" der grundsätzlichen Positionen Russlands. Er machte vor Journalisten deutlich, dass der Westen sich nun auf einen Dialog eingelassen habe, nachdem "wir das Problem der Sicherheit in Europa verschärft haben".

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht äußerte sich zu russischen Angaben über einen Rückzug von Truppen vorsichtig. "Es gibt Signale, die uns zumindest hoffnungsvoll stimmen lassen. Aber es ist wichtig, genau zu beobachten, ob diesen Worten auch Taten folgen", sagte sie. Es sei wichtig, dass nicht nur Truppen abgezogen würden, die sowieso abgezogen werden sollten. "Wie ernst gemeint, wie nachhaltig sind diese Signale? Darum geht es."

Russland hatte am Dienstag überraschend mitgeteilt, nach Manövern sei mit dem Abzug von Truppen begonnen worden. Bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Moskau erklärte Präsident Wladimir Putin zudem, Russland wolle keinen neuen Krieg in Europa.

Stoltenberg sagte, dass man Bewegungen von Truppen und Kampfpanzern sehe, beweise noch nicht, dass es einen echten Rückzug gebe. "Sie haben Truppen immer vor und zurück bewegt." Russland behalte die Fähigkeit, ohne jegliche Vorwarnzeit eine umfassende Invasion zu starten. Er spielte damit darauf an, dass im Westen seit Wochen befürchtet wird, die Stationierung von Truppen nahe der ukrainischen Grenze könnte der Vorbereitung eines Kriegs dienen. Nach Angaben von US-Präsident Joe Biden vom Dienstag hat Russland mittlerweile mehr 150 000 Soldaten unweit der Grenze zusammengezogen.

Die Verteidigungsminister der 30 Nato-Staaten kamen in Brüssel zusammen, um über Pläne für eine zusätzliche Abschreckung Russlands zu beraten. Angesichts des russischen Truppenaufmarschs wurde bereits vergangene Woche der Aufbau einer zusätzlichen Militärpräsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht. Insbesondere sollen auch in südwestlich der Ukraine gelegenen Nato-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen stationiert werden. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. Die Umsetzung der Pläne könnte nach Angaben von Stoltenberg noch in diesem Frühjahr erfolgen.

Ob Deutschland sich an einem multinationalen Gefechtsverband in Rumänien oder einem anderen Land südwestlich der Ukraine beteiligen würde, ist bislang unklar. Lambrecht betonte in Brüssel, dass über eine dauerhafte Verstärkung der Nato-Ostflanke erst in einigen Monaten entschieden werden sollte. Es sei wichtig, klare Signale zu setzen, dass die Ostflanke wichtig sei, sagte die SPD-Politikerin in Brüssel. Beschlüsse über eine dauerhafte Präsenz sollten aber "nicht in dieser aktuellen Situation", sondern im Sommer "nach einer intensiven Prüfung und unter Beobachtung der Situation dann" getroffen werden.

Die aktuelle Verstärkung der Ostflanke zum Beispiel über die Entsendung von rund 350 zusätzlichen deutschen Soldaten nach Litauen und mit Eurofightern für die Luftraumüberwachung ist demnach nur vorübergehend und als Abschreckung gegenüber Russland gedacht. "Es ist wieder die Stunde der Diplomatie", sagte Lambrecht. "Wir müssen im Gespräch bleiben. Wir sind alle aufgefordert, einen Krieg mitten in Europa zu verhindern."

In der Ukraine wurde unterdessen der von Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte "Tag der nationalen Einheit" begangen. Selenskyj besuchte zudem ein Manöver unweit der nordwestukrainischen Stadt Riwne.

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