FRANKFURT (dpa-AFX) - Viele Lebensversicherungskunden bekommen demnächst unerfreuliche Post: Zahlreiche Assekuranzen kürzen angesichts des Dauertiefs an der Zinsfront die Renditen für das kommende Jahr, darunter bekannte Versicherer wie die R+V Leben oder die HuK-Coburg-Lebensversicherung. Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht: Die Branche stellt sich darauf ein, dass die Zinsen noch mehrere Jahre niedrig bleiben werden.
Zwar hält Branchenprimus Allianz Leben die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschussbeteiligung für seine rund 10 Millionen Kunden stabil. Auch bei der Ergo Lebensversicherung bleibt die laufende Verzinsung konstant - im Gegensatz zu dem konzerneigenen Ableger Ergo Direkt. Doch für Millionen Versicherte sinkt die Gewinnbeteiligung. Nach einer Aufstellung des 'Handelsblatts' hat die große Mehrheit der mehr als 30 Unternehmen, die bisher ihre Pläne enthüllt haben, die Überschussbeteiligung gesenkt. Im Schnitt liegt sie demnach inzwischen unter 3,5 Prozent.
Das Problem: Das Geld der Unternehmen steckt vor allem in festverzinslichen Wertpapieren. Jedes Jahr laufen alte, hochverzinste Anleihen aus. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise die Märkte mit günstigem Geld flutet, werfen neue Papiere kaum noch etwas ab.
Wer noch eine alte Versicherungspolice mit einer Zinsgarantie von vier Prozent besitzt, bekommt diese hohe Rendite meist nur noch gutgeschrieben, weil der Versicherer die Überschüsse bei den übrigen Kunden kürzt. Für neue Verträge liegt der vom Bundesfinanzministerium festgelegte Garantiezins seit 2012 lediglich noch bei 1,75 Prozent. Spätestens wenn Verwaltungs- und Abschlusskosten berücksichtigt werden, gleicht die Garantie bei diesen Verträgen kaum die Inflation aus.
Hinzu kommt, dass die Unternehmen wegen des Zinstiefs milliardenschwere Bewertungsreserven an Versicherte ausschütten müssen, deren Verträge auslaufen oder gekündigt wurden. Damit profitieren nur wenige Kunden davon, dass der Marktwert hochverzinster Anleihen in den Beständen derzeit weit über ihrem Kaufpreis liegt. 'Die 5 Prozent jährlich abgehenden Kunden bekommen mittlerweile mehr an Bewertungsreserven als das, was die 95 Prozent verbleibenden Kunden an laufender Überschussbeteiligung erhalten', klagt der Präsident des Versichererverbands GDV, Alexander Erdland.
Entspannung an der Zinsfront ist vorerst nicht in Sicht. EZB-Präsident Mario Draghi bekräftigte jüngst, dass die Zinsen im Euroraum noch länger auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent oder sogar darunter liegen werden. Die Folgen für Lebensversicherungskunden sind schmerzhaft: 2013 sackte die laufende Verzinsung der Verträge deutlich unter die Marke von vier Prozent.
Norbert Heinen, Chef der Württembergischen Lebensversicherung, schätzt, dass es auch beim Garantiezins weiter abwärtsgeht - nach seiner Prognose auf 1,5 oder gar 1,25 Prozent ab Anfang 2015. 'Dann kann man dem Kunden keinen Beitragserhalt mehr garantieren.'
Als Ausweg aus dem Zinsdilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert werden den Kunden dabei nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten: Geht es bergauf, profitieren auch die Kunden; geht es bergab, sieht es für sie mau aus. Dabei sollen die ersparten Kosten für die Zinsgarantie den Versicherten zugutekommen.
Verbraucherschützer beurteilen solche neuen Policen allerdings kritisch. Und Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Versicherungsgruppe, warnt die Branche davor, auf die klassischen Verträge mit niedrigem Garantiezins zu verzichten: 'Sonst werden wir die Garantien künftig aus Eigenmitteln bezahlen müssen.'
Bei den Eigenmitteln kommt die Branche ohnehin unter Druck. Die verschärften Kapitalvorschriften 'Solvency II' sollen Anfang 2016 in Kraft treten. Dann werden die deutschen Lebensversicherer ihre Eigenmittel jedes Jahr um mehrere Milliarden Euro erhöhen müssen.
Ob das allen Unternehmen gelingt, ist offen. Die Finanzaufsicht Bafin will die hiesigen Versicherer ab dem Spätsommer 2014 so unter die Lupe nehmen, als ob die verschärften Regeln schon in Kraft wären - damit 2016 dann keine böse Überraschung droht. Trotz allem hält Bafin-Chefin Elke König Lebensversicherungen grundsätzlich für sinnvoll, wie sie dem 'Tagesspiegel' sagte: 'Es ist auch ganz gut, wenn man sich verpflichtet, jeden Monat oder jedes Jahr eine bestimmte Summe zurückzulegen'./mar/stw/DP/zb
--- Von Friederike Marx, dpa und Steffen Weyer, dpa-AFX ---
Zwar hält Branchenprimus Allianz Leben die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschussbeteiligung für seine rund 10 Millionen Kunden stabil. Auch bei der Ergo Lebensversicherung bleibt die laufende Verzinsung konstant - im Gegensatz zu dem konzerneigenen Ableger Ergo Direkt. Doch für Millionen Versicherte sinkt die Gewinnbeteiligung. Nach einer Aufstellung des 'Handelsblatts' hat die große Mehrheit der mehr als 30 Unternehmen, die bisher ihre Pläne enthüllt haben, die Überschussbeteiligung gesenkt. Im Schnitt liegt sie demnach inzwischen unter 3,5 Prozent.
Das Problem: Das Geld der Unternehmen steckt vor allem in festverzinslichen Wertpapieren. Jedes Jahr laufen alte, hochverzinste Anleihen aus. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise die Märkte mit günstigem Geld flutet, werfen neue Papiere kaum noch etwas ab.
Wer noch eine alte Versicherungspolice mit einer Zinsgarantie von vier Prozent besitzt, bekommt diese hohe Rendite meist nur noch gutgeschrieben, weil der Versicherer die Überschüsse bei den übrigen Kunden kürzt. Für neue Verträge liegt der vom Bundesfinanzministerium festgelegte Garantiezins seit 2012 lediglich noch bei 1,75 Prozent. Spätestens wenn Verwaltungs- und Abschlusskosten berücksichtigt werden, gleicht die Garantie bei diesen Verträgen kaum die Inflation aus.
Hinzu kommt, dass die Unternehmen wegen des Zinstiefs milliardenschwere Bewertungsreserven an Versicherte ausschütten müssen, deren Verträge auslaufen oder gekündigt wurden. Damit profitieren nur wenige Kunden davon, dass der Marktwert hochverzinster Anleihen in den Beständen derzeit weit über ihrem Kaufpreis liegt. 'Die 5 Prozent jährlich abgehenden Kunden bekommen mittlerweile mehr an Bewertungsreserven als das, was die 95 Prozent verbleibenden Kunden an laufender Überschussbeteiligung erhalten', klagt der Präsident des Versichererverbands GDV, Alexander Erdland.
Entspannung an der Zinsfront ist vorerst nicht in Sicht. EZB-Präsident Mario Draghi bekräftigte jüngst, dass die Zinsen im Euroraum noch länger auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent oder sogar darunter liegen werden. Die Folgen für Lebensversicherungskunden sind schmerzhaft: 2013 sackte die laufende Verzinsung der Verträge deutlich unter die Marke von vier Prozent.
Norbert Heinen, Chef der Württembergischen Lebensversicherung, schätzt, dass es auch beim Garantiezins weiter abwärtsgeht - nach seiner Prognose auf 1,5 oder gar 1,25 Prozent ab Anfang 2015. 'Dann kann man dem Kunden keinen Beitragserhalt mehr garantieren.'
Als Ausweg aus dem Zinsdilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert werden den Kunden dabei nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten: Geht es bergauf, profitieren auch die Kunden; geht es bergab, sieht es für sie mau aus. Dabei sollen die ersparten Kosten für die Zinsgarantie den Versicherten zugutekommen.
Verbraucherschützer beurteilen solche neuen Policen allerdings kritisch. Und Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Versicherungsgruppe, warnt die Branche davor, auf die klassischen Verträge mit niedrigem Garantiezins zu verzichten: 'Sonst werden wir die Garantien künftig aus Eigenmitteln bezahlen müssen.'
Bei den Eigenmitteln kommt die Branche ohnehin unter Druck. Die verschärften Kapitalvorschriften 'Solvency II' sollen Anfang 2016 in Kraft treten. Dann werden die deutschen Lebensversicherer ihre Eigenmittel jedes Jahr um mehrere Milliarden Euro erhöhen müssen.
Ob das allen Unternehmen gelingt, ist offen. Die Finanzaufsicht Bafin will die hiesigen Versicherer ab dem Spätsommer 2014 so unter die Lupe nehmen, als ob die verschärften Regeln schon in Kraft wären - damit 2016 dann keine böse Überraschung droht. Trotz allem hält Bafin-Chefin Elke König Lebensversicherungen grundsätzlich für sinnvoll, wie sie dem 'Tagesspiegel' sagte: 'Es ist auch ganz gut, wenn man sich verpflichtet, jeden Monat oder jedes Jahr eine bestimmte Summe zurückzulegen'./mar/stw/DP/zb
--- Von Friederike Marx, dpa und Steffen Weyer, dpa-AFX ---