Die US-Wirtschaft präsentiert sich weiterhin robust. Das Wirtschaftswachstum übertraf im 3. Quartal mit annualisiert +4,9% die Erwartungen des Marktes und auch der Auftragseingang für langlebige Güter legte mit +4,7% stärker als prognostiziert zu. Zugleich zeigte sich der Preisdeflator relaxt. Da zudem die Auktion der siebenjährigen US-Treasuries gut verlief, kam es trotz der guten Wirtschafsdaten am Anleihemarkt zu einem deutlichen Renditerückgang. Die Ton angebenden 10y-Laufzeiten drehten erneut an der 5%-Marke und beendeten den Handelstag bei 4,845%. Aktuell 4,87%.
Normalerweise wäre zu erwarten, dass ein solcher Datenkranz den Aktien Flügel verleiht. Dem war aber nicht der Fall: nach gutem Start sackten die US-Indizes weiter ab, auch wenn einige Werte wie IBM (NYSE:IBM) und die Sektoren Versorger (NYSE:XLU) und Real Estate der Entwicklung trotzten. Druck kam insbesondere aus den Aktien des Technologiesektors, wo insbesondere auch die Megacaps deutlich nachgaben. Die Börsianer suchten die negativen Nachrichten und wurden fündig bei UPS (NYSE:UPS): das als Wirtschaftsindikator geltende Logistikunternehmen hat sowohl die Umsatzerwartungen verfehlt als auch die Prognosen gesenkt. Etliche Analysten glauben - wieder einmal - dass dieses Quartal das letzte richtig gute war und sich die Verbraucher in Q4 stärker zurückhalten würden. Im Sommer hätte das Geld für Freizeitaktivitäten locker gesessen, zudem seien seitdem die Zinsen weiter gestiegen. Bislang waren diese Unkenrufe ungerechtfertigt, zudem entspannt sich ja der inflationäre Druck. Uns fällt es schwer, für die US-Börsen (ETR:SXR4) richtig pessimistisch zu sein. Dennoch muss natürlich konstatiert werden, dass Anleihezinsen um die 5% eine harte Konkurrenz für Aktien sind. Eine Befreiungsrallye dürfte erst dann starten, wenn die Renditen wieder deutlich tiefer stehen. Dass selbst die hervorragenden Zahlen von Amazon (NASDAQ:AMZN) und Intel (NASDAQ:INTC) heute früh nur eine halbherzige Gegenbewegung bei den US-Futures auslösen, zeigt, wie eingeschüchtert die Bullen derzeit sind. Relevant für heute wird der wichtigste Preisindikator der FED: der PCE-Index. Erwartet wird, dass die Kernrate im September um 0,3% bzw. 3,7% geklettert ist. Für die Entwicklung der persönlichen Einkommen/Ausgaben im September belaufen sich die Prognosen auf 0,4% / 0,5%. Vermutlich wird es im Anschluss an die Veröffentlichung der Zahlen zu einer stärkeren Bewegung am Markt kommen, auch wenn zu fast 100% sicher ist, dass die FED nächste Woche keine Zinsänderung beschließen wird.
Von der Bank of Japan erwartet die Mehrheit der Beobachter noch keine Änderung der Leitplanken ihrer Renditekurvenkontrolle. Jedoch nimmt der Druck wegen des schwachen Yen zu, da dieser für die Bevölkerung das Leben verteuert. Zudem könnte das Festhalten an dem 1%-Deckel für 10y-Laufzeiten Zwang auf die Notenbank ausüben, am Markt stützend einzugreifen, sollten die US-Renditen noch weiter anziehen. Damit würde sich ihre riesige Bilanz noch weiter aufblähen. Deshalb schauen japanische Investoren besonders aufmerksam auf die Vorgaben des US-Bondmarktes. Der Renditerückgang dort führte daher heute zu einem Kurssprung bei Japans Aktien. Die Verbraucherpreise in Tokio sind zwar stärker gestiegen als erwartet, jedoch verlangsamte sich der für die BOJ relevante Anstieg des „Core Core Index“ (ex frische Lebensmittel und Treibstoffe) von 3,9% im September auf 3,8%. Auch in China legten die Aktienkurse kräftig zu. Hier stimulierte, dass die Industrieunternehmen im September den zweiten Monat in Folge ihre Gewinne steigern konnten. Zudem finden derzeit diplomatische Wiederannäherungsversuche mit den USA statt.
Europas Branchen tendieren uneinheitlich. Schlusslicht im STXE 50 mit -15% ist der Pharmakonzern Sanofi (EPA:SASY). Laut JPMorgan (NYSE:JPM) haben ca. 80% der US-Unternehmen bislang die Q3-Erwartungen übertroffen. In Europa sind es lediglich 57%. Bemerkenswert sei, dass viele Unternehmen über nachlassende Verbrauchernachfrage berichteten.
Im APX gewinnt Kupfer heute 4 Punkte, die US-Vola bringt +1.