Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache am 7.3.2017 veröffentlicht.
Einer der wichtigsten Ereignisse im Energiekalender findet in dieser Woche in Houston statt. Die von IHS Markit veranstaltete wochenlange Konferenz CERAWeek lädt die weltweit größten Energie-CEOs und viele der einflussreichsten Energieminister ein.
Das Augenmerk der Anleger lag am Montagmorgen auf dem Treffen zwischen dem saudischen Energieminister Khalid al-Falih und seinem russischen Amtskollegen Alexander Nowak. Die Marktteilnehmer erhofften sich Hinweise auf eine mögliche Fortsetzung der Produktionskürzungen seitens Russlands und der OPEC. Wieder andere warten auf Informationen von CEOs von Schieferölfirmen zu Kapazität und kurzfristigen Produktionsplänen. Die wichtigsten Kommentare dürften jedoch am Donnerstag von Scott Pruitt, dem neuen Minister der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde, und Justin Trudeau, dem progressiven kanadischen Premierminister, kommen, die unabhängig voneinander zusammen mit dem Veranstalter der Konferenz Daniel Yergin auf der Bühne stehen werden.
Beide Auftritte haben das Potenzial, wichtige Einsichten in die Zukunft nordamerikanischer Öl- und Erdgasproduktion zu liefern. Nach jahrzehntelangem technologischem Fortschritt sind staatliche Regulierungen und der Ölpreis momentan die größten Hemmnisse für Ölproduzenten. Steigt der Ölpreis über das aktuelle Niveau hinaus auf 60 oder mehr US-Dollar, so wird das Ausmaß der staatlichen Regulierungen in Nordamerika der entscheidende Faktor für Produktionsniveaus in Kanada und den USA sein.
Justin Trudeau ist bereits seit fast einem Jahr im Amt und bewegt sich in Bezug auf Energie auf einem schmalen Grat. Er ist ein Politiker der linksgerichteten Liberalen Partei, die für Umweltschutz steht, gleichzeitig aber auch der Premierminister eines Landes, das für ihr Wachstum auf die Produktion fossiler Brennstoffe angewiesen ist. Im Jahr 2010, als der Ölpreis ungefähr bei 80 US-Dollar pro Barrel lag, machte Energie 22,5 Prozent der kanadischen Exporte aus. Ohne diese Exporte könnte Kanada ihre Handelsbilanz nicht im positiven Bereich halten. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass Trudeau über Regulierung und Gesetzgebung Produktionskürzungen durchsetzen kann, was den weltweiten Ölpreis nach oben treiben würde.
Scott Pruitt, der frisch bestätigte Minister der Umweltschutzbehörde EPA ist ein überzeugter Anhänger fossiler Energien. Als Generalstaatsanwalt des ölreichen Staates Oklahoma führte er zahlreiche ausgedehnte Prozesse im Auftrag der Ölindustrie gegen die EPA. Die Behörde, die für den Schutz der Umwelt zuständig ist, steht nun unter seinem Vorsitz. Wird die EPA unter Pruitt in den nächsten vier Jahren bei der Erteilung von Genehmigungen an Energieproduzenten nachgiebiger sein? Lockere Umweltschutzvorschriften in den USA könnten einheimische und ausländische Energieunternehmen dazu veranlassen, in Energiequellen in den USA zu investieren und diese auszubeuten. Letztendlich würde das zu einem Anstieg der US-Produktion und einem Rückgang der globalen Ölpreise führen.
Die zukünftige Energiepolitik Trumps und Trudeaus könnte tatsächlich für starke Preisbewegungen auf dem Ölmarkt sorgen.