- Arm Holdings geht heute mit einer Bewertung von 54,5 Milliarden Dollar an die Börse - der größte Börsengang seit 2021.
- Der IPO-Markt erholt sich und könnte ein Vorbote für ein besseres Jahr 2024 sein.
- Arm will am Hype rund um künstliche Intelligenz (KI) teilhaben, stößt aber aufgrund seiner hohen Bewertung auf Skepsis.
Im Rahmen des größten Börsengangs seit 2021 wird Arm Holdings (NASDAQ:ARM), der renommierte Chipdesigner, heute an der Nasdaq zu einem Preis von 51 Dollar pro Aktie in den Handel starten. Damit kommt das Unternehmen auf eine Marktkapitalisierung von satten 54,5 Milliarden Dollar.
Arm ist ein britisches Halbleiter- und Softwareentwicklungsunternehmen mit Hauptsitz in Cambridge, England. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung von Mikroprozessorarchitekturen und Halbleiter-IP (Intellectual Property). Der Name "ARM" steht für "Advanced RISC Machines", wobei RISC für "Reduced Instruction Set Computer" steht. ARM entwirft und lizenziert seine Technologien an eine Vielzahl von Herstellern in der Elektronikbranche, darunter Unternehmen in den Bereichen Mobiltelefone, Tablets, Computer, IoT-Geräte, Automobile und viele andere.
Darüber hinaus entwirft Arm verschiedene andere Halbleiterchips, bietet Softwareentwicklungswerkzeuge über Marken wie DS-5, RealView und Keil an und liefert umfassende Systeme, Plattformen, System-on-a-Chip (SoC)-Infrastruktur und Softwarelösungen.
Als wichtiger Akteur in der Technologiebranche liefert Arm Kerntechnologie an große Unternehmen wie Apple (NASDAQ:AAPL) und Nvidia (NASDAQ:NVDA).
Das Unternehmen, das sich mehrheitlich im Besitz der japanischen Softbank (OTC:SFTBY) befindet, hat das Vertrauen von Branchenriesen wie Apple, Google (NASDAQ:GOOGL), Nvidia, Samsung (F:SAMEq) (KS: 005930), Intel (NASDAQ:INTC) und Taiwan Semiconductor Manufacturing (NYSE:TSM), die alle bereits ihr Interesse an einer Beteiligung an der Emission bekundet haben.
Die gegenwärtige Bewertung des Unternehmens kommt sieben Jahre nach der Übernahme durch SoftBank (TYO:9434) für 32 Milliarden Dollar und stellt einen Rückgang gegenüber der vorherigen Bewertung von 64 Milliarden Dollar dar, mit der SoftBank (TYO:9984) erst letzten Monat den verbleibenden 25%igen Anteil am Unternehmen durch den Vision Fund erworben hatte.
Der Angebotspreis von 51 Dollar pro Aktie wurde allerdings am oberen Ende der erwarteten Spanne zwischen 47 und 51 Dollar pro Aktie angesetzt und soll SoftBank durch den Verkauf von 95,5 Millionen Aktien, was 9,4 % der Unternehmensanteile entspricht, 4,87 Milliarden Dollar einbringen. Nach dem Börsengang wird der japanische Konzern weiterhin rund 90 % der ARM-Aktien kontrollieren, womit das langfristige Vertrauen der japanischen Bank in das Unternehmen unterstrichen wird.
Makro-Risiken
Der Arm-Börsengang kommt zu einer Zeit, in der der Markt für Technologie-Börsengänge mit Unsicherheiten behaftet ist. Die Bewertungen sind aufgrund konjunktureller Entwicklungen und steigender Zinssätze von ihren Höchstständen aus der Pandemiezeit zurückgegangen.
Es wird erwartet, dass der Börsengang der SoftBank etwa 4,9 Milliarden Dollar einspielt, womit es sich um den größten Börsengang in den USA handelt, seit der Elektro-Truck-Hersteller Rivian (NASDAQ:RIVN) Anfang 2021 etwa 12 Milliarden Dollar erlöste.
Das Unternehmen, das unter dem Kürzel ARM an der Nasdaq gehandelt werden soll, will vom wachsenden Interesse am Thema Künstliche Intelligenz profitieren und sich als wichtiger Akteur im sich entwickelnden Tech-Ökosystem positionieren.
Bei einer Investorenpräsentation am vergangenen Donnerstag betonte Arm seine Wachstumsaussichten in verschiedenen Märkten. Im Bereich Cloud Computing, in dem das Unternehmen derzeit einen Marktanteil von 10 % hält, rechnet es bis 2025 mit einer robusten jährlichen Wachstumsrate von 17 %, teilweise getrieben von Fortschritten im Bereich der künstlichen Intelligenz.
Im Gegensatz dazu ist die Dominanz von Arm auf dem Automobilmarkt mit einem Anteil von 41 % eine hervorragende Ausgangsposition für das erwartete Marktwachstum von 16 %. Demgegenüber steht der Mobilfunkmarkt, für den eine bescheidenere Wachstumsrate von nur 6 % vorhergesagt wird.
Doch trotz des offenbar generellen Interesses anderer Unternehmen an dem Börsendebüt des Chipherstellers scheint ein Einstieg in den Börsengang für Kleinanleger im Moment nicht die beste Idee zu sein.
Zunächst einmal muss Arm die Investoren noch davon überzeugen, dass das Unternehmen über ein erhebliches Wachstumspotenzial verfügt, das über seine derzeitige Dominanz auf dem Mobiltelefonmarkt hinausgeht, wo es einen überwältigenden Anteil von 99 % hält.
Allerdings bedroht die schwindende Nachfrage nach mobilen Geräten im Zuge des globalen Wirtschaftsabschwungs in letzter Zeit sogar den Kernmarkt des Unternehmens. Im letzten Quartal meldete Arm einen Gesamtumsatz von 2,68 Milliarden Dollar in den 12 Monaten bis März, ein Rückgang gegenüber den 2,7 Milliarden Dollar, die im vorangegangenen Zeitraum zwischen 2021 und 2022 erzielt wurden.
Darüber hinaus ist das große Engagement von Arm in China - das derzeit etwa 25 % des Umsatzes ausmacht - ein weiterer Gegenwind. Die Wirtschaft des asiatischen Landes sieht sich angesichts des eskalierenden Wirtschaftskriegs mit den USA, insbesondere in der Chipindustrie (ETR:VVSM), erhöhten Risiken einer allgemeinen Konjunkturabschwächung und eines Nachfragerückgangs gegenüber.
Auf der positiven Seite stehen die Lizenzgebühren von Arm - eine Einnahmequelle, die seit der Gründung des Unternehmens in den frühen 1990er Jahren stetig gewachsen ist - mit 1,68 Milliarden Dollar. Sie lagen damit deutlich höher als im Vorjahr (1,56 Milliarden Dollar).
Hohe Bewertung, harter Wettbewerb
Mit 54,5 Milliarden Dollar erscheint die Bewertung von Arm bei seinem Debüt selbst für die teure Chipindustrie zu hoch.
Es wird erwartet, dass Arm auf der Grundlage seines letzten Geschäftsjahresberichts bereits mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 104 an die Börse geht. Zum besseren Vergleich: Der Invesco PHLX Semiconductor ETF (NASDAQ:SOXQ), der die Performance der 30 größten US-Chipunternehmen abbildet, hat ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 25.
Die Bewertung von Arm kommt der von Nvidia mit dem 108-fachen des Gewinns sehr nahe - und das bei einem Unternehmen, das in diesem Jahr fast ausschließlich den KI-Hype befeuert hat, und nach einer imposanten Umsatzwachstumsprognose von 170 % für das laufende Quartal, die vor allem von KI-Chips angetrieben wurde.
Das Unternehmen wird außerdem zu einem sehr teuren Kurs-Umsatz-Verhältnis gehandelt werden.
Die Arm-Aktie wird voraussichtlich mit dem etwa 20-fachen des Umsatzes bewertet, was sie zu einer relativ hochpreisigen Option in ihrer Branche macht.
Zum Vergleich: Mehrere Rivalen erzielen Wachstumsraten, die dreimal so hoch sind wie die von Arm, werden jedoch zu konservativeren Multiples gehandelt, die in der Regel zwischen dem 12- und 15-fachen ihres Umsatzes liegen.
Nvidia beispielsweise kommt auf einen ähnlichen Faktor von 20 wie Arm, aber Branchenexperten gehen davon aus, dass die Wachstumsrate von Nvidia in diesem Jahr bei etwa 100 % liegen wird. Darüber hinaus verfügt Nvidia im Vergleich zu Arm über ein breiteres Spektrum an Geschäftsaktivitäten, was die beiden Unternehmen weiter voneinander unterscheidet.
Wie Ivana Delevska, Chief Investment Officer der Vermögensverwaltungsgesellschaft Spear Invest, kürzlich feststellte, ist das Unternehmen in dem Bereich, der im KI-Bereich am wichtigsten ist, nicht wettbewerbsfähig.
"Die wirkliche Chance im KI-Bereich und ein großer Teil des Wertes liegt in den GPUs (Grafikprozessoren), und das ist nicht das, was Arm macht. Es wird nicht wirklich mit Nvidia vergleichbar sein, weil sie einfach nicht das gleiche Engagement im GPU-Bereich haben."
Javier Correonero, Aktienanalyst bei Morningstar, sieht das ähnlich und hält die Aktie auf diesem Niveau für zu teuer:
"Von einem Bewertungsstandpunkt aus betrachtet, sieht die Aktie sehr, sehr teuer aus. Es müsste schon alles mehr als perfekt laufen, um die Bewertung von 50 Milliarden Dollar zu rechtfertigen", meinte Correonero.
Schlusswort
Arm betritt zweifellos die Bühne der Börse mit einer Bewertung, die schlichtweg atemberaubend ist. Diese enormen Zahlen sollten selbst die erfahrensten Börsianer zunächst zur Vorsicht mahnen und sie dazu bewegen, einen großen Bogen um die Aktien dieses Unternehmens zu machen.
Doch lassen Sie uns die Langfristperspektive nicht aus den Augen verlieren. Hier sehe ich eine aufregende Reise, die es für Anleger lohnen könnte, sorgfältig zu verfolgen. Arm hat ehrgeizige Pläne, die die etablierten Branchengrößen herausfordern sollen, und das nicht im Alleingang, sondern mit starken, einflussreichen Partnern an seiner Seite.
Wenn wir den Blick auf den gesamten IPO-Markt richten, mag es zwar noch zu früh sein, von einer wahren Renaissance zu sprechen. Doch glimmt hier möglicherweise bereits der erste Funken, der auf ein vielversprechenderes Jahr 2024 hindeutet.
Offenlegung: Der Autor hält Long-Positionen in Apple und Google.