Während in Köln und anderswo heute die Karnevalssaison beginnt, geht in den USA und anderswo die Quartalsberichtssaison zu Ende. Während die eine für Spaß und Frohsinn steht, könnte die andere bald Zweifel und Sorgen bringen.
Schwacher Beginn, gutes Ende
Das gilt insbesondere für den US-Markt. Inzwischen haben 92 % der im S&P 500 vertretenen Unternehmen ihre Zahlen vorgelegt. Damit lässt sich bereits ein aussagefähiges Fazit ziehen. Und das fällt zunächst durchaus positiv aus.
So ist die zu Ende gehende Berichtssaison die bisher beste in diesem Jahr. Die Gewinne der S&P500-Unternehmen stiegen auf einen Rekordwert (in US-Dollar) und sowohl Umsatz- als auch Gewinnwachstum fielen nicht nur größer aus als im wirklich schwachen Vorquartal, sondern prozentual auch als im Durchschnitt der vergangenen vier Quartale zusammen.
Das war zu Beginn der Berichtssaison noch nicht unbedingt abzusehen. Anfangs schien es, als sollte es den Firmen schwerfallen, selbst die zuvor deutlich nach unten korrigierten Erwartungen der Analysten zu erfüllen. Letztlich konnten die Ergebnisse die Schätzungen im Rahmen der üblichen Größenordnungen toppen. Da letztere aber im Vorfeld kräftig gesenkt wurden, ist dies eigentlich keine besondere Leistung.
„Vergleichsweise“ gut?
Und auch der Vergleich mit den Vorquartalen hinkt. Bekanntlich drückte ab Mitte 2012 die „Fiskalklippe“ auf die Stimmung und die Geschäfte der US-Unternehmen. Die Vergleichsbasis war also eher schwach, so dass die Hürde, diese Ergebnisse zu übertreffen, nicht allzu schwierig zu überwinden war.
Interessanter als ein solcher Vergangenheitsvergleich ist aber, welche Erkenntnisse uns die Berichtssaison für die Zukunft liefert und was das voraussichtlich für die Märkte bedeutet. Besonders aufschlussreich ist dabei die Analyse der aktuellen und vorweggenommenen Bewertung aufgrund der jüngsten Kursanstiege.
Der schwache Beginn der Berichtssaison sowie die vorherige Abwärtskorrektur der Gewinnerwartungen führten zunächst dazu, dass auch die Schätzungen für die Gewinne des vierten Quartals sanken. Das sieht im Zeitablauf folgendermaßen aus (blaue Säulen).
Quellen: Standard & Poor’s, Zacks
Die Erwartungen sanken, Kurse und Bewertungen stiegen
Da aber gleichzeitig die Kurse stiegen, führte das zu einem kontinuierlichen Anstieg der Bewertungen, hier dargestellt am bekannten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV; rote Säulen). Die inzwischen erreichte hohe Bewertung konnte auch durch die jüngste deutliche Aufwärtskorrektur nicht mehr wettgemacht werden.
Nun befinden wir uns ja bereits am Jahresende. Der Blick der Investoren dürfte also inzwischen über den Jahreswechsel hinausgehen. Da für 2014 weiter steigende Gewinne in Aussicht gestellt werden, sinkt das 2014er KGV von Quartal zu Quartal wieder merklich (siehe folgende Grafik).
Quellen: Standard & Poor’s, Zacks
Damit wird der S&P 500 aktuell für ein scheinbar moderates KGV von 14,64 bewertet. Es gibt allerdings zwei Knackpunkte dabei. Erstens liegt das Durchschnitts-KGV der bisherigen Nachkrisenzeit (Q1/2010 bis Q2/2013) bei 14,70. Mit anderen Worten: Im historischen Vergleich ist der S&P 500 annähernd fair bewertet, allerdings mit Blick auf Ende 2014.
Eine äußerst optimistische Prognose für 2014
Theoretisch besteht aus diesem Blickwinkel bis Ende kommenden Jahres gar kein Kurssteigerungspotenzial mehr. Einzige Ausnahme: Die Gewinne steigen stärker als erwartet bzw. die entsprechenden Schätzungen, von denen wir hier ja überhaupt nur reden, steigen weiter.
Aber ist das realistisch?
Kaum, und damit sind wir beim zweiten Punkt. Es wird aktuell, also für das dritte Quartal 2013, auf Basis der tatsächlichen Gewinne eine operative Marge von 9,65 % erwartet. Das ist ein historischer Rekord, der die bisherige Bestmarke aus dem Jahr 2006 leicht übertrifft.
Das im obigen Chart dargestellte geschätzte Gewinnwachstum müsste allerdings mit einer weiteren Margensteigerung einhergehen! Denn die erwarteten Umsatzzuwächse halten mit den erhofften Gewinnsprüngen nicht Schritt. So ergibt sich anhand der momentanen Erwartungen an Umsatz und Gewinn für das vierte Quartal 2014 eine operative Marge von 10,5 %. Das wäre ein weiterer Anstieg um fast einen Prozentpunkt, eine wirklich (allzu?) optimistische Prognose – schließlich liegt der historische Durchschnitt seit dem Jahr 2000 bei eher bescheidenen 6,2 %...
Eine Konsolidierung könnte die Bewertungsfrage aufwerfen
Es könnte also gut sein, das wir bald eine Wiederauflage der „Margendiskussion“ von 2006/07 erleben. Noch scheinen die Anleger von derartigen Bedenken unberührt. Aber spätestens, wenn die Fed ihre geldpolitischen Lockerungen reduziert und die Börsianer „reflexartig“ verkaufen, wird in der dann zu erwartenden Konsolidierung die Bewertungsfrage gestellt werden. Und derzeit ist völlig offen, wie die Antwort der Investoren ausfallen wird.
Es ist allerdings fraglich, ob die Margen weiter nachhaltig zu steigern sind. Die wichtigsten Kostenfaktoren (Lohnkosten, Energiekosten, Zinskosten, Steuern) sind derzeit auf historischen Tiefstständen und dürften in absehbarer Zeit eher steigen (z.B. Zinsen, Steuern).
Fazit
Obwohl die Ergebnisse der Unternehmen im dritten Quartal letztlich besser ausfielen, als sich am Anfang der Berichtssaison abzeichnet, hoben die zwischenzeitlich gestiegenen Kurse die Aktienmarktbewertungen auf luftige Höhen.
Diese relativieren sich zwar scheinbar mit Blick auf die für 2014 zu erwartenden Gewinne. Aber diese Gewinne werden nur dann erreicht, wenn die Margen der Unternehmen weiter steigen. Diese liegen allerdings bereits auf historischen Höchstwerten, während einige Kostenfaktoren eher ansteigen, also die Margen unter Druck setzen dürften.
Torsten Ewert
Stockstreet GmbH