Die Krise in der Ukraine rückt aus Sicht der Märkte in den Hintergrund, sonst würden sie nicht steigen. Das sind Gewöhnungseffekte. Als Grund für den Anstieg werden Hoffnungen auf weiter geldpolitische Maßnahmen der EZB im Juni genannt. Gut, das erklärt aber nicht, warum auch die US-Märkte vorgestern gestiegen sind. Aber Sie wissen ja: Die Anleger brauchen immer einen Grund. Und das führt dazu, dass die Medien auch entsprechend Gründe liefern. Nur der Trader weiß: Börsen steigen, Börsen fallen.
Im Ernst: Wir haben in unserer Jahresprognose schon davon gesprochen, dass mit einer Seitwärtsbewegung bis Juni hinein unterhalb der 10.000er Marke zu rechnen sei. Da wusste noch niemand etwas von der Krise in der Ukraine oder möglichen weiteren Maßnahmen der EZB. Das führt zu der immer wiederkehrenden Frage, was eigentlich im Kern die Märkte bewegt. Doch glauben Sie mir: Die Suche nach den „wahren Gründen“ für eine Kursbewegung ist eine Sisyphusarbeit, die auch noch meistens nicht zu plausiblen Ergebnissen führt. Da stelle ich mich doch lieber hinter den Markt. Und das funktioniert bestens, wie Sie an unseren Börsendiensten sehen können.
Der Mensch und seine Vorgaben
Doch der Mensch ist nun mal so gestrickt: Er muss für alles einen Grund finden, nur dann ist er „zufrieden“. Doch genau das führt umgekehrt dazu, dass viele Anleger „vermeintliche“ Gründe finden, wie der Markt in Zukunft laufen müsste – und darauf spekulieren sie dann und wundern sich später, warum der Markt dieser so bestechenden, eigenen Logik nicht folgt. Spätestens, wenn Sie sich sagen hören: „Der Markt reagiert irrational!“, wissen Sie, dass Sie in die Falle des eigenen Verstandes geraten sind. DAX am Allzeithoch
Doch kommen wir zum DAX zurück:
Der DAX ist gestern an sein bisheriges Allzeithoch gelaufen, allerdings erst einmal in „luftiger Höhe“ gescheitert. Interessant ist, dass die blaue Abwärtstrendlinie mit einem „Gap Up“ (Kurslücke nach oben) gebrochen wurde, das ist meist ein sehr bullishes Zeichen. Und das spricht eigentlich auch dafür, dass das Allzeithoch ebenfalls gebrochen wird. Allerdings, und das ist das Problem: Kurz darüber wartet die 10.000-Punkte-Marke.
Und da die Kurse zuvor etwas unterhalb dieser Marke seitwärts gelaufen sind, gibt es nun eine Vielzahl von möglichen Szenarien in der klassischen Charttechnik. Diese wollen wir hier aber nicht alle erörtern, sondern uns lieber lösungsorientiert der Target-Trend-Methode zuwenden:
Nach der Target-Trend-Methode läuft der DAX idealtypisch zwischen den Mittellinien (blau gestrichelte Linie bei 8.896 und 9.862 Punkten) zweier Rechtecke hin und her. Diese Spanne entspricht damit wieder der normalen Rechteckspanne, die uns schon so lange begleitet.
Der entscheidende Unterschied zur klassischen Charttechnik ist aber, dass die eigentliche Widerstandslinie bei 9.862 Punkten liegt. Das Allzeithoch ist aus Sicht der Target-Trend-Methode von eher untergeordneter Bedeutung! Und da wir schon auf der Unterseite bei 8.896 Punkten gesehen haben, dass schlussendlich doch die Mittellinie und nicht die 9.000er Marke die entscheidende Unterstützung war, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch auf der Oberseite die Target-Trend-Methode die besseren Ergebnisse erzielen wird. An der 9.862er Marke verläuft zurzeit übrigens auch die obere Linie des grünen Aufwärtstrendkanals, die sicherlich auch als Widerstand fungiert – das nur nebenbei.
Wenn die 9.862er Marke nach oben aufgelöst wird, dann ist nicht die 10.000-Punkte-Marke das Kursziel oder der entscheidende Widerstand, sondern die obere Begrenzung bei 10.345 Punkten. Erreicht der DAX auch noch dieses Niveau, müssen wir abwarten, wie sich der Index an dieser Marke entwickelt. Dazu mehr, wenn dieses Szenario eingetroffen ist.
Scheitert der DAX aber an der 9.862er Marke, würde das dafür sprechen, dass die Seitwärtsbewegung fortgesetzt wird. Die entscheidende Marke in den kommenden Tagen liegt also bei 9.862 Punkten.
Die Bärenseite und das Alpha-Target
Ich erhalte immer wieder Anfragen, was denn mit dem großen Target sei (hier der rote Kreis), das ich Ihnen schon vor einigen Monaten vorgestellt hatte. Sie wissen, das wird erst aktiviert, wenn die 8.896er Marke fällt. Das ist aber noch nicht geschehen und im Moment sieht es auch nicht danach aus, dass dies noch rechtzeitig geschieht. Hier müsste mittlerweile schon ein crashähnlicher Verlauf eintreten. Dieses Target verliert nämlich sofort seine Bedeutung, wenn der DAX die Zeitachse dieses Targets überschreitet. Daran erkennt man, wie eng es für dieses Alpha-Target geworden ist.
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH