Die US-Notenbank behandelt die Märkte, wie eigentlich schon das ganze Jahr 2013 über, extrem vorsichtig. Mir will dabei so recht das Bild von Ben Bernanke, der höchst vorsichtig auf rohen Eiern tanzt, nicht aus dem Kopf gehen. Gestern verkündete die Fed, dass sie die Anleihenkäufe von Januar an um zehn auf 75 Mrd. Dollar reduzieren will. Dieser Schritt wird mit den robusten Konjunkturdaten begründet.
Auf der anderen Seite betonte die Fed, dass die Zinsen aber auch dann unverändert niedrig bleiben sollen, wenn sich der US-Arbeitsmarkt weiter verbessert. Sehr geschickt taktiert: Auf der einen Seite gibt es eine ganz leichte Straffung der Geldpolitik, auf der anderen Seite beruhigt die Fed eine der großen Sorgen des Marktes, die angesichts besserer Zahlen auf dem US-Arbeitsmarkt entstanden waren.
Die Erleichterungsrally
Es kam daraufhin zu einer Erleichterungsrally, die der DAX heute zum Handelsbeginn mit einem großen Sprung quittierte. Allein das zeigt, dass die Strategie der Fed, den Markt in kleinsten Schritten an das Tapering heranzuführen, tatsächlich funktioniert – bis jetzt zumindest. Wir müssen natürlich abwarten, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Das, was wir heute und morgen an Kursbewegungen sehen, hat natürlich auch viel mit dem Verfallstag zu tun. Zudem dürften einige Shorties mit diesem Anstieg kalt erwischt worden sein, so dass zum Teil auch die Auflösung der Short-Positionen die Rally zusätzlich angefeuert hat. Wo wird abgerechnet?
Ich bin nun gespannt, wo am Freitag der DAX abgerechnet wird. Interessanterweise hat der DAX heute im Hoch nämlich ungefähr das Niveau erreicht, dass er bereits Anfang Dezember innehatte. Auf diesem Niveau befinden sich die Stillhalter in ihrer Komfortzone, denn nach der Rally bis Anfang Dezember waren sie auf ein solches Niveau bereits eingestellt.
Interessant ist diese Entwicklung auch noch aus einem anderen Grund. Der DAX erreichte mit diesem Sprung ein kleines, aber anscheinend doch wichtiges Beta-Target:
Damit hätte ich zwar so nicht gerechnet (sonst hätte ich dieses Target sicherlich vorher schon eingezeichnet und beschrieben), aber es ist trotzdem von hohem Interesse – aus folgendem Grund:
Wir sehen hier, dass die obere Begrenzung des grünen Aufwärtstrendkanals (schwarze Linie) erneut getestet wird. Anfang November haben wir einen ersten Test dieser Linie gesehen, danach gab es einen Ausbruch über diese Linie Ende November. Es folgte der Rückfall in den Trend im Dezember das war bearish zu werden. Jetzt kam es zu dem erneuten Test von unten, aber der DAX konnte diese Linie noch nicht überwinden. Sollte der DAX jetzt nun doch wieder fallen, steigt trotz allem die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Konsolidierung, eben weil den Bullen der dauerhafte Ausbruch damit eindeutig NICHT gelungen wäre.
Ein weiterer Hinweis, der diese Sichtweise unterstützt, ist, dass gleichzeitig auch genau die blaue Konsolidierungslinie erreicht wurde. An diesen Linien entwickeln sich oft Konsolidierungen.
Der grobe Fahrplan für die kommenden Handelstage bis Januar
Man kann davon ausgehen, dass der DAX zumindest den Versuch starten wird, dass Aufwärts-Gap, das er heute gerissen hat, wieder zu schließen. Die untere Begrenzung dieses Gaps liegt bei 9.190 Punkten. Fällt der DAX unter diese Marke, wird es bearisher – fällt er anschließend auch noch unter die 9.000er Marke, wird dieses bearishe Signal bestätigt.
Sollte das nicht geschehen und der DAX stattdessen die November/Dezember-Hochs bei 9.425 Punkten überwinden und damit erneut aus dem Aufwärtstrendkanal nach oben ausbrechen, muss mit einer weiteren Trendbeschleunigung gerechnet werden.
Sie müssen aber bei diesen Prognosen folgendes beachten: Die Signalrelevanz in den Tagen um Weihnachten und Silvester ist die niedrigste des Jahres (dicht gefolgt von der Kernurlaubszeit in den Sommermonaten). Daran kann man leider nichts ändern. Aber als grober Fahrplan reichen diese Hinweise trotzdem aus.
Jochen
Steffens
Stockstreet GmbH