In der vergangenen Woche ließ der Mai-Feiertag zahlreiche Börsen in Europa pausieren. In den USA war dagegen der Terminkalender der Anleger gut gefüllt.
Wichtige US-Termine in der EU-Feiertagswoche
Dort gab es mit der Erstveröffentlichung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), des wichtigen ISM-Einkaufsmanagerindex sowie dem Arbeitsmarktbericht drei Daten der Top-Kategorie. Außerdem wurde am Mittwoch das Statement zur aktuellen Fed-Sitzung veröffentlicht.
Die BIP-Veröffentlichung war eigentlich eine Enttäuschung – zumindest wenn man sie an den hohen Erwartungen vom Jahresanfang misst, als die Optimisten noch mindestens 3 % Wachstum in den USA erwarteten. Mit einem minimalen Plus von 0,1 % war das erste Quartal für die US-Wirtschaft jedenfalls ein Totalausfall. Aufgrund des heftigen Winters, der Abschwächung etlicher Frühindikatoren (z.B. der drastische Einbruch des ISM-Index im Januar) sowie dämpfender Hinweise aus den Unternehmen war dies allerdings keine Überraschung, sondern von Ökonomen und Börsianern erwartet worden. Dementsprechend blieben die Märkte unbeeindruckt – und hoffen nun auf bessere Ergebnisse in den folgenden Quartalen.
Die Fed-Sitzung: Ein Non-Event als Beruhigungspille
Auch die Fed-Sitzung war scheinbar ein Non-Event. Die Anleihekäufe wurden erwartungsgemäß erneut um 10 Mrd. Dollar pro Monat reduziert, ansonsten fiel das Statement nahezu unverändert aus. Das Unspektakuläre an dieser Fed-Sitzung war jedoch gleichzeitig eine Beruhigungspille für die Börsen: Jedes „Zucken“ der Notenbanker hätten die Marktteilnehmer als Hinweis werten können, dass sich die Schwäche des ersten Quartals womöglich fortsetzt. Dass die Fed daher wie erwartet reagierte und jede Erwähnung des schwachen ersten Quartals vermied, ist ein durchaus positives Zeichen!
Ein solches kam auch vom ISM-Index. Dieser stieg weiter an, signalisiert damit eine mögliche deutliche Erholung für das zweite Quartal und macht zudem den kräftigen Einbruch vom Januar immer mehr wett. Auch damit erhielten die Konjunkturoptimisten wieder Rückenwind, die ab dem zweiten Quartal einen kräftigen Nachholeffekt für die US-Wirtschaft erwarten.
Die große Überraschung: der US-Arbeitsmarktbericht
Die große Überraschung war jedoch der Arbeitsmarktbericht vom Freitag, der diese Serie positiver Akzente fortsetzte. Im April wurden 288.000 neue Stellen geschaffen. Der März-Wert wurde kräftig, und zwar um 36.000, nach oben korrigiert. Damit lag der aktuelle Wert nicht nur deutlich über den Erwartungen (210.000), sondern auch so hoch wie seit Januar 2012 nicht mehr (siehe folgende Grafik).
Quelle: Bureau of Labor Statistics Kommt die Fed schon zu spät mit Zinserhöhungen?
Die Arbeitslosenquote fiel von 6,7 auf 6,3 Prozent. Niedriger lag sie zuletzt im September 2008, kurz vor der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers. Allerdings ist dieser Rückgang vor allem auf eine niedrigere Partizipationsrate zurückzuführen. (Diese beschreibt das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Erwerbsfähigen. Sinkt dieses Verhältnis, dann bedeutet das, dass sich immer mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen, z.B. aus Resignation nach langer erfolgloser Jobsuche. Da aber die Arbeitslosenquote nur anhand der tatsächlich Erwerbstätigen ermittelt wird, fällt deren Wert in diesem Fall überproportional.)
Obwohl die Daten so gut ausfielen, zeigten sich die Aktienmärkte danach eher schwächer. Die starken Zahlen führten zu Spekulationen, wonach die amerikanische Notenbank Federal Reserve eventuell frühzeitiger den Leitzins anheben könnte. Diese Befürchtung wird von einigen Ökonomen genährt, die insbesondere aufgrund der niedrigen Partizipationsrate zu der Einschätzung kommen, dass die Fed bei dem aktuellen Tempo der Reduzierung ihrer Anleihekäufe mit der ersten Zinserhöhung schon „zu spät“ käme. (Hintergrund hierfür sind mögliche volkswirtschaftliche Verwerfungen einer zu langen expansiven Geldpolitik.)
Nun droht wieder ein Rückfall in der Seitwärtsbewegung
Und so orientierte sich der S&P 500 am Freitag wieder nach unten, nachdem er im Verlauf der vergangenen Woche fast wieder bis an seine alten Jahreshochs lief (siehe folgender Chart).
Damit droht nun wieder ein Rückgang in der Seitwärtsbewegung, in der sich der S&P 500 – abgesehen von den beiden Ausbrüchen nach oben und unten im April – bereits seit Februar befindet. Die Empfehlung „Sell in May…“ dürfte dann wieder stärker ins Bewusstsein der Anleger treten…
Torsten Ewert
Stockstreet GmbH