Bevor ich auf das heutige Thema eingehe, zunächst noch zu zwei Nachrichten von heute – als Ergänzung zur gestrigen Ausgabe:
Chinas Industrieproduktion ist in den ersten beiden Monaten des Jahres 2014 (die aufgrund des chinesischen Neujahrsfestes im Januar/Februar in der Statistik zusammengelegt werden) so langsam gewachsen, wie seit fünf Jahren nicht mehr. Das Wachstum lag in diesem Zeitraum bei 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Analysten hatten mit 9,5 Prozent gerechnet. Auch der Einzelhandelsumsatz stieg im gleichen Zeitraum lediglich um 11,8 Prozent, die Investitionen um 17,9 Prozent. Auch diese Zahlen blieben hinter den Erwartungen zurück.
Diese Nachricht führte zu einigen schönen Schlagzeilen, wie „Sorge um Wirtschaftsabschwung in China“ etc. Doch ich bin hier im Steffens Daily bereits mehrfach darauf eingegangen, dass es bei diesen Zahlen um prozentuales Wachstum geht und dass es einfach nicht möglich ist, ein so hohes prozentuales Wachstum auf Dauer durchzuhalten. Schließlich würde ein exponentielles Wachstum entstehen, das bei zweistelligen Raten schnell in Bereiche vordringt, die vollkommen irreal sind. Dazu ein Beispiel: Wenn irgendetwas um 10 Prozent pro Periode (also z.B. pro Jahr) wächst, dann verdoppelt sich der Ausgangswert in sieben bis acht Perioden, in etwas mehr als 23 Perioden verzehnfacht und in gut 49 Perioden verhundertfacht haben. Sie sehen, hier würde etwas erheblich aus den Fugen geraten.
Nein, wir müssen uns vielmehr daran gewöhnen, dass diese enormen Wachstumsraten Chinas zurückgehen, ohne dass dies für sich genommen kritisch ist. Und so stellt sich die Frage, ob die eigentlich richtige Schlagzeile nicht hätte lauten müssen: „Chinas Wachstumsraten normalisieren sich!“.
Allerdings kann diese „Normalisierung“ aufgrund der immer noch hohen Erwartungswerte und dem damit verbundenem Enttäuschungspotenzial tatsächlich zu einigen Verwerfungen führen, deren Auswirkungen für uns Europäer sehr schwierig abzuschätzen sind. Kurz: Man muss auch hier die Nachrichten in den richtigen Kontext setzen, ohne jedoch die nötige Vorsicht zu vergessen.
Ein wirkliches Problem
Für den DAX problematischer könnte ein ganz anderer Umstand werden: Der Euro steigt immer weiter und erreicht bald wieder die 1,40er-Marke:
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Der Euro ist damit nachhaltig über den Abwärtstrend ausgebrochen. Vielleicht erinnern sich einige noch von Ihnen, dass ich bereits seit dem 10. Juni 2009 eine große Seitwärtsbewegung vorhergesagt habe, die sich nun eindeutig und für jedermann erkennbar manifestiert hat. Am 16.02.2010 hatte ich als Obergrenze die 1,50 Dollar bestimmt. Und auch in den Jahren 2012 und 2013, als der Euro wieder im Bereich der unteren Begrenzung notierte, habe ich prognostiziert, dass nun das erste Kursziel die 1,35 Dollar sei und mit der Überwindung dieser Marke auch die 1,50 Dollar Marke angelaufen wird.
Jetzt zeigt sich, dass diese Prognosen aufgegangen sind bzw. die letzte gerade dabei ist. Da jedoch diese Seitwärtsbewegung derart eindeutig ist, sollten Sie nun nicht davon ausgehen, dass die 1,50er Marke genau getroffen wird. Entweder dreht der Euro früher nach unten oder es kommt zu einem Fehlausbruch. Dieses Verhalten kennen wir bei derartigen Seitwärtsbewegungen. Wenn Sie also auf den Euro gesetzt hatten, sollten Sie nun so langsam vorsichtig werden und spätestens im Bereich der 1,45 Dollar anfangen, erste Teilpositionen abzubauen und den Rest über Stopps absichern.
Das Problem mit einem steigenden Euro
Wie bereits häufiger beschrieben, gibt es ein weltweites Bemühen der großen Währungsräume (USA, Eurozone, Japan), die eigene Währung zu schwächen, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger zu sein. Die Fed hat die Geldschleusen weit offen, Europa hatte seine Schuldenkrise, die den Euro schwächte, Japan hat nun ebenfalls ein massives gelpolitisches Programm gestartet, um den Yen zu schwächen. Das Karussell dreht sich also munter weiter. Nur: Im Moment liegt offenbar der Euro in dem Wettlauf um die schwächste Währung wieder hinten.
Deutschland ist ein Exportland, das in den vergangen Jahren auch aufgrund des schwachen Euros einen klaren Wettbewerbsvorteil hatte. Und dieser könnte mit einem steigenden Euro zumindest zum Teil wieder aufgezehrt werden. Und auch das wird ein weiterer Grund für die Schwäche des DAX in letzter Zeit sein. Allerdings wäre ein weiter steigender Euro auch für die Problemländer in der Eurozone ungünstig.
Wir werden sehen, ob und wie die EZB oder die Politik reagiert, wenn der Euro noch deutlicher steigen sollte – zumal dadurch auch die Deflationsgefahren zunehmen. Auf dieses Thema werde ich sicherlich noch einmal zurückkommen.
DAX bricht ein
Und während ich diesen Text schreibe, bricht der DAX ein. Hintergrund dieses Einbruchs ist eine deutliche Eskalation der Krimkrise, sowie ein Marktgerücht, dass es zu Feuergefechten an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland gekommen sei.
Deswegen möchte ich noch einen Satz zum Verfallstag schreiben: Bei 9.000 Punkten liegt, wie in den vergangenen Ausgaben erwähnt, eine große Short-Position. Sollte es den Stillhalter nicht gelingen, den DAX zum Verfallstag über dieser Marke zu halten, werden sie genötigt, sich abzusichern. Das könnte dann zusätzlich Abwärtsdynamik erzeugen. Die 9.000er-Marke sollten Sie also im Auge behalten. Wahrscheinlich ist, dass es an dieser Marke zu einem Kampf kommt – sollte der DAX jedoch dynamisch einfach durch diese Marke nach unten rauschen, wird es kritisch.
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH