Vorgestern hat die nordamerikanische Finanzministerin bei einer Konferenz des Bretton Woods Committee deutlich gemacht, dass die USA in Zukunft noch enger mit europäischen und indo-pazifischen Ländern zusammenarbeiten möchten. Sie bezeichnete die politische Ausrichtung Russlands und Chinas als Zwang, da vor allem China ein zentraler Akteur in der Produktion von etlichen Produkten sei. Man möchte sich unabhängiger von diesen Regionen machen, was aber erhöhte Kooperation mit anderen Staaten bedeutet.
Auch in Europa tut sich einiges, denn hier schaut man sich im Schatten der Energiekrise und Lieferkettenprobleme nach anderen Kooperationspartnern um. Durch die schwache Lira und die geografischen Nähe siedeln viele Unternehmen seit Beginn der Corona-Krise ihre Produktion in die Türkei um. Viel interessanter aus Sicht der Energiemärkte ist aber Afrika. Hier liebäugeln gerade Deutschland und Polen mit stärkerer Zusammenarbeit mit Algerien und Mauretanien beim Thema Gasversorgung. Auch Senegal ist mit seinen Gasvorkommen ein interessanter Kooperationspartner für europäische Staaten.
Wir sehen also einige geopolitische Veränderungen, die eine wirtschaftliche Ausweitung in vorher vernachlässigte Regionen mit sich ziehen sollten. Indien ist sicherlich ebenso ein Kandidat für interessante Zusammenarbeit, zumal sich auch der Aktienmarkt hier im Vergleich zu den globalen Finanzmärkten stabiler gehalten hat. Das Problem ist hier aber noch die unklare Beziehung der Inder zu den Russen. Ähnlich wie die Türkei, schlägt man hier einen neutraleren Ton an und arbeitet weiter zusammen.
Allein Südamerika dürfte eher von diesen neuen Kooperationsverhältnissen ausgeschlossen bleiben. Auch wenn man aus aktueller Sicht abstreitet, dass dem so ist, wabert der Geist der Monroe Doctrine noch immer über den lateinamerikanischen Staaten, wo die USA noch eine gewisse Exklusivität in Sachen internationaler Zusammenarbeit genießen. Zwar versucht sich auch China hier zu etablieren, hat aber eher einen klaren Fokus auf Afrika, wo man schon recht stark mit der Road & Belt Initiative unterwegs ist. Wenn sich die internationale wirtschaftliche Einmischung in Afrika verstärkt, was wegen der Bodenschätze und energetischen Ressourcen durchaus realistisch ist, so wird es nicht lange dauern, bis hier erste Konflikte entstehen.
Insgesamt dürften diese geopolitischen Reorientierungen zu härteren Fronten zwischen den USA und ihren deklarierten Gegnern führen. Das ist natürlich auch eine deutliche Ansage an Länder, die eine unabhängigere Außen- und Wirtschaftspolitik führen und sich nicht eindeutig auf eine Seite schlagen. Da wird es entsprechend auch zu ähnlich harten Herangehensweisen seitens der Chinesen kommen, was die geopolitische Spaltung weiter begünstigt. Ob das alles in einen weiteren Kalten Krieg ausartet, muss man wirklich vorsichtig betrachten, denn man neigt ja zur Dramatisierung. Was ich aber auf jeden Fall glaube ist, dass sich ein gewisser regionaler Merkantilismus einschleichen könnte, wo verschiedene Regionen auf der Welt ihr eigenes Wirtschaftsding drehen. So etwas würde dann aber am Ende allen schaden.
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