Der Euro ist überfällig für eine Korrektur. In den vergangenen zwei Wochen kletterte die Gemeinschaftswährung in einem gemächlichen Tempo nach oben, bevor er gegenüber dem US-Dollar innerhalb einer engen Handelsspanne konsolidierte. Während dieser gesamten Zeit gab es sowohl für Europa als auch für die USA immer wieder negative Meldungen, doch die Probleme in Europa nehmen sehr viel schneller zu als jenseits des Atlantiks. Es gibt sicherlich keinen Mangel an Gründen, warum der EUR/USD näher an 1,16 Dollar als an 1,18 Dollar gehandelt werden sollte und hier sind die 4 wichtigsten Gründe dafür:
1. In Europa ist die zweite Corona-Welle bereits voll im Gange
In Europa explodiert die Zahl der Coronavirus-Fälle. Dies lässt die Befürchtung aufkommen, dass die Staatengeschmeinschaft zu den schwierigen Zeiten zu Beginn des Jahres zurückkehren könnte. Die täglichen Infektionen erreichten am Mittwoch in Frankreich einen Rekordstand von 18.746 und pendeln in Spanien bei fast 10.000 pro Tag. Zur Veranschaulichung: Im März erreichten die Fälle in Frankreich mit 7.578 und in Spanien mit 9.159 ihren Höchststand. Nur vier Länder in Europa liegen unter der vom Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) festgelegten Schwellenwert von 20 kritischen Fällen pro 100.000 Einwohner. Die zweite Welle schwappt durch ganz Europa, denn auch Deutschland meldete mehr als 4.000 Fälle binnen 24 Stunden. In Italien erreichten die Neuerkrankungen mit 3.678 Fällen den höchsten Stand seit fünf Monaten. Länder in ganz Europa verhängen neue Corona-Restriktionen. Paris befindet sich in der höchsten Alarmstufe. Spanien hat eine vorgezogene Sperrstunde für Restaurants eingeführt und Reisen in und aus den Städten eingeschränkt. Deutschland kündigte eine Sperrstunde und Einschränkungen für Versammlungen an. Italien machte im ganzen Land Masken im Freien zur Pflicht, Belgien schloss für einen Monat Bars und Restaurants, während das irische Gesundheitsministerium empfahl, im ganzen Land die höchste Alarmstufe zu verhängen.
2. Mit partiellen Lockdowns droht der Double Dip
Diese partiellen Lockdowns werden die Erholung der Eurozone zum Erliegen bringen. Im Sommer prognostizierten Ökonomen der Region eine Wiederbelebung in der zweiten Jahreshälfte, und nun kann man von Glück reden, wenn man einer Double-Dip-Rezession entkommen kann. Wir stehen erst am Anfang einer sich verschlechternden Datenlage in der Eurozone, aber nächsten Monat, sobald die Zahlen für Oktober veröffentlicht werden, erfahren wir, wie schädlich diese neuen Restriktionen für die Volkswirtschaften waren. Im zweiten Quartal schrumpfte das BIP der Eurozone um -11,8%. Vielleicht werden wir diesmal keine zweistelligen Einbrüche sehen, da die Regierungen sich darum bemühen, einen vollständigen Lockdown zu verhindern, aber die Wahrscheinlichkeit einer Schrumpfung im vierten Quartal ist sehr groß. Die Auswirkungen auf den Euro könnten erheblich sein, da die Einheitswährung im März innerhalb weniger Wochen von einem Hoch von 1,15 auf ein Tief von 1,0637 fiel. Zudem kam es zu einem enormen Anstieg der Volatilität, als die Anleger eine Bestandsaufnahme des Schadens für die Wirtschaft anstellten.
3. Die nächste EZB-Bazooka steht in den Startlöchern
Wenn die Staaten der Eurozone diese Ausbrüche nicht rasch unter Kontrolle bekommen, muss die Europäische Zentralbank (EZB) nach gängiger Meinung ihr Pandemie-Notkaufprogramm am Ende des Jahres aufstocken. Allein auf der Grundlage der Inflation, die im September ein Rekordtief erreichte, ist eine weitere Lockerung erforderlich, um ihr Mandat zu erfüllen. Jetzt jedoch, da die Erholung in der zweiten Jahreshälfte auf dem Spiel steht, wird die Zentralbank keine andere Wahl haben, als die Wirtschaft mit zusätzlichen Maßnahmen zu unterstützen. Eine Zinssenkung liegt ebenfalls auf dem Tisch, aber sie gilt als weniger wirksam als eine Ausweitung oder Verlängerung des PEPP. EZB-Präsidentin Lagarde bestätigte diese Woche, dass man bereit steht, neue Impulse zu geben, nachdem sie die Erholung als "wackelig" bezeichnete und erklärte, dass sie "bereit ist, alle Instrumente einzusetzen, die das effektivste, effizienteste und angemessenste Ergebnis bringen".
4. Die Sache mit der US-Wahl
Und schließlich sollte die außerordentliche Performance der US-Aktienmärkte und das atemberaubende Tempo, mit dem sich der Präsident vom Coronavirus erholt hat, die Nachfrage nach US-Dollar ankurbeln, aber es ist die Unsicherheit der US-Wahlen, die Investoren aus dem Euro treiben könnte. Die Risikobereitschaft und die Rallye der Aktienmärkte sind die einzigen Gründe, warum der Euro sich noch ziert, zu fallen. Jede positive Schlagzeile hinsichtlich eines neuen US-Konjunkturprogramms hat die Gemeinschaftswährung unterstützt, aber mit dem Näherrücken der Präsidentschaftswahlen nimmt die Unsicherheit zu. Das könnte zu Gewinnmitnahmen auf breiter Basis führen, worunter der Euro stark leiden dürfte.