Ohne Frage war das wichtigste Ereignis in dieser Woche die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag. Dies lässt sich auch an den Kursverläufen diverser Märkte ablesen. War es an den Tagen vor dem Termin zu Seitwärtsbewegungen unter relativ geringer Volatilität gekommen, so brachen die Kurse exakt zu dem Zeitpunkt deutlich aus, als Mario Draghi in der Pressekonferenz ab 14:30 Uhr sagte, man würde den Umfang der geldpolitischen Lockerung im Dezember prüfen und falls nötig das QE-Programm verlängern.
Ausweitung des QE-Programms im Dezember?
Offenbar deuteten die Märkte dies dahingehend, dass es im Dezember faktisch zu einer Ausweitung kommen wird. Denn während die Aktienmärkte deutlich zulegten, brach der Euro zum US-Dollar von über 1,135 auf rund 1,10 EUR/USD ein und fiel damit unter seine kurzfristige Aufwärtstrendlinie.
Auch die EZB sieht Schwellenländer als neues Hauptproblem
Interessant war in diesem Zusammenhang, dass auch die EZB die Schwellenländer als neues Hauptproblem identifiziert hat – genau wie wir vor einer Woche (siehe „Schwellenländer – Neues Hauptproblem der Märkte?“). Blicken wir dazu nachfolgend auf die Details der EZB-Pressekonferenz.
Die Kernaussagen der EZB
Zunächst einmal beschloss der EZB-Rat auf der Sitzung, die in Malta stattfand, den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität unverändert bei 0,05 %, 0,30 % bzw. -0,20 % zu belassen. Anschließend traf Mario Dragi auf der Pressekonferenz die folgenden Kernaussagen:
- Das bisherige QE-Programm wirkt sich positiv auf die Kreditvergabe aus und die Kreditdynamik hat sich verbessert.
- Die EZB wird das QE-Programm vollständig umsetzen. Der Umfang der Lockerung muss aber im Dezember geprüft werden. Falls notwendig, wird das QE-Programm verlängert. (Anmerkung der Redaktion: Im Dezember liegen die neuen Konjunkturprognosen des EZB-Stabs vor.)
- Auch eine weitere Senkung des Einlagenzinses wurde diskutiert. (Anmerkung der Redaktion: Der Einlagenzins ist mit aktuell -0,2 % der Strafzins, den die Banken zahlen müssen, wenn sie ihr Geld bei der EZB parken. Die Notenbank will erreichen, dass die Finanzinstitute das viele billige Geld, das ihnen die EZB zur Verfügung stellt, an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen, damit es in Investitionen und Konsum fließt.)
- Die Binnennachfrage ist weiter stabil und wird durch den schwachen Ölpreis sowie die Geldpolitik gestützt.
- Die Inflationsraten sind kurzfristig weiter sehr niedrig, was ebenfalls auf den gesunkenen Ölpreis zurückzuführen ist. Die Kerninflation liegt stabil bei 0,9 %. Seit dem letzten Treffen sind die kurzfristigen Erwartungen für die Inflation gesunken, das mittelfristige Szenario ist hingegen weitgehend unverändert. (Anmerkung der Redaktion: Zuletzt hatte die Inflationsrate in der Eurozone im September –0,1 % betragen, nach plus 0,1 % im August.)
- Die schwache Auslandsnachfrage dämpft den Ausblick und der schwache Ausblick für die Schwellenländer birgt Risiken.
Die Märkte haben bekommen, was sie wollten
Investoren hatten im Vorfeld auf positive Aussagen zur Geldpolitik gehofft. Neben einer Ausweitung des Wertpapierkaufprogramms von derzeit monatlich 60 Milliarden Euro hatte die jüngste Stärke des Euros sogar Zinssenkungsspekulationen aufkommen lassen. Zwar rechnete kaum jemand mit einem solchen Beschluss bereits auf dieser Sitzung, allerdings hatte man sich Andeutungen in Richtung Dezember gewünscht. Und letztlich haben die Anleger mit den Aussagen zur Überprüfung des QE-Programms im Dezember und der Diskussion über den Einlagensatz auch bekommen, was sie wollten. Entsprechend fielen die ersten Kursreaktionen aus: DAX rauf, Euro runter.
Verbesserte Kreditvergabe vs. verschlechterte Aussichten für Schwellenländer
Ob es aber letztlich im Dezember wirklich zu neuen geldpolitischen Maßnahmen der EZB kommt oder sich die Märkte zu früh gefreut haben, bleibt abzuwarten. Letztlich hat die EZB einerseits auf den Umstand hingewiesen, dass der schwache Ausblick für die Schwellenländer Risiken birgt (womit sie unsere Themenwahl vor einer Woche wunderbar bestätigt hat), andererseits erklärte sie aber auch, dass die bisherigen Maßnahmen eine Wirkung entfalten.
Darauf deutete auch die jüngste Umfrage („Bank Lending Survey“) der EZB zur Kreditvergabe der Banken des Euroraums hin. Demnach haben die Institute wegen der seit Oktober 2014 durchgeführten Covered Bond-, ABS- und Staatsanleihenkäufe der Notenbank in den vergangenen sechs Monaten mehr und billigere Kredite vergeben, als das ohne die Quantitative Lockerung (QE) der Fall gewesen wäre. Die befragten Banken konstatierten aufgrund der QE-Maßnahmen eine leichte Verbesserung der Refinanzierungskosten, die zumindest teilweise an die Kunden weitergereicht wurden. Die Daten bekräftigen daher die Einschätzung, wonach man der Verhinderung einer drohenden Kreditklemme primär in den Peripherie-Ländern durch die QE-Beschlüsse erneut näher gekommen ist.
Hauptaufgabe eines Börsianers: Die Märkte genau beobachten
Insofern bleibt der EZB und uns nichts anderes übrig, als die weiteren Wirtschaftsdaten genau zu verfolgen, um die Entwicklung in den Schwellenländern und damit auch der Wirtschaft Europas beurteilen zu können. Zudem werden wir die Charts beobachten, um einerseits „hinter dem Markt“ zu bleiben und andererseits Anzeichen einer möglichen neuen Korrekturwelle frühzeitig zu erkennen. (Hieraus lässt sich sehr schön unsere kombinierte Investmentstrategie aus Fundamental- und Chartanalyse ablesen, die wir im „Geldanlage Premium Depot“ umsetzen.) Die Hauptaufgabe bzw. die Hauptarbeit eines jeden Börsianers liegt nun einmal darin, die Märkte genau zu beobachten. Recherche zu betreiben, um die nötigen Erkenntnisse zu erlangen, nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Aus den Erkenntnissen Trades abzuleiten, ist dagegen eine Sache von Minuten.
Für alle Eventualitäten gerüstet
Uns waren die Kursreaktionen der Märkte in dieser Woche in jeglicher Hinsicht recht, denn wir hatten unsere Positionen im „Geldanlage Premium Depot“ kurz vor der Pressekonferenz abgesichert und waren damit für alle Eventualitäten gerüstet. Bei fallenden Kursen hätten wir einen Gold- und einen DAX-Long-Trade beendet und Gewinne mitgenommen, durch die steigenden Notierungen am Aktienmarkt kam es aber dazu, dass wir die laufenden Gewinne deutlich ausweiten konnten. Unseren DAX-Long haben wir am Freitag mit 30 % Gewinn verkauft, ein Gold-Trade liegt über 13 % im Gewinn. Zudem zogen unsere neun Aktienpositionen kräftig an. Ich hoffe, Ihren Investments erging es ähnlich.
Sie wollen zukünftig von derartigen Aktienanalysen profitieren? Dann melden Sie sich zu unserem kostenlosen Börsennewsletter „Geldanlage-Brief“ an auf www.geldanlage-brief.de
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Geldanlage
Sven Weisenhaus
(Quelle: Geldanlage-Brief vom 25.10.2015)