Während Pharmaunternehmen für neu entwickelte Medikamente hohe Preise verlangen können, wird bei alteingesessenen Generika stark auf die Preisbremse gedrückt. Dadurch sollen sowohl Krankenkassen als auch Versicherte viel Geld sparen, doch der Kostendruck könnte allen Beteiligten nun zum Verhängnis werden. Obwohl nämlich die Nachahmer-Produkte, deren Patentschutz abgelaufen ist, zwar fast 80% der verordneten Medikamente ausmachen, werden ihre Kosten nur durch 9% der Arzneimittelausgaben gedeckt, die sich im Jahr 2020 auf €68 Milliarden beliefen. So beschweren sich immer mehr Generika-Hersteller, dass sich die Produktion nicht mehr lohne, für die trotz gestiegener und weiter steigender Kosten seit 10 Jahren ein unveränderter Festbetrag gelte. Folglich stellen viele die Produktion ein und hinterlassen dadurch eine Lücke in den Lieferketten, die so schnell nicht wieder gefüllt werden kann. Für die Herstellung des Brustkrebs-Medikaments Tamoxifen etwa gab es 2006 noch 19 Firmen – heute sind es nur noch 3. Insgesamt listet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aktuell über 200 Medikamente, die derzeit nicht lieferbar sind.
Ein weiteres und generelles Problem bei den Lieferketten von Medikamenten besteht in der Abhängigkeit von Asien als Produktionszentrum. Während im Jahr 2000 noch 59% der Medikamentenwirkstoffe in Europa produziert wurden und lediglich 31% in Asien, kommen inzwischen 63% der Bestandteile von dort. Und die Zentralisation hört hier nicht auf. In Indien werden die Wirkstoffe vor allem in 4 bestimmten Bundesstaaten und in China in 5 Provinzen hergestellt. Auch diese Struktur kann schnell für Ausfälle in den Lieferketten sorgen. Generika-Hersteller fordern daher nun eine Umstellung des Systems, sodass die Medikamentenproduktion dezentralisiert wird und zudem nicht mehr nur der günstigste Anbieter den Versorgungsauftrag erhält. Beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) finden diese Forderungen des Lobbyverbands „Pro Generika“ allerdings bislang kein Gehör. Dort besteht man auf der Einhaltung der geschlossenen Verträge, welche die Hersteller zu der regelmäßigen Lieferung zu einem festgelegten Preis verpflichten. Vielmehr schlägt der GKV nun vor, ein Gesetz einzuführen, das eine frühzeitige Ankündigung möglicher Lieferengpässe seitens der Pharmaunternehmen festlegt.
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