Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2020 (06:11 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2016 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 106,84. In der Folge notiert EUR-JPY bei 128,45. EUR-CHF oszilliert bei 1,1009.
Die Aktienmärke mäandern in volatiler Form in bekannten Fahrwassern, frei nach dem Motto, heute hü und morgen hott. Gestern konnten sich die internationalen Aktienmärkte weitgehend homogen befestigen. In Fernost kam es heute jedoch zu Rücksetzern mit negativen Eröffnungsimplikationen für Europa.
Der gestrige Optimismus an den Aktienmärkten hatte mehrere Katalysatoren. Es waren Impfstoffhoffnungen (Johnson & Johnson (NYSE:JNJ)). Entscheidend waren zusätzlich besser als erwartet ausgefallene Konjunkturdaten (siehe Datenpotpourri). Auch kam es nicht vollständig unerwartet zu Verbalinterventionen seitens der EZB, die die implizite Kontrolle der Zinskurve einen Hauch expliziter machten (siehe Kommentar im weiteren Verlauf). Das hatte zur Folge, dass die Renditen an den westlichen Kapitalmärkten Teile des jüngsten Anstiegs substantiell korrigierten.
Der USD konnte sowohl gegenüber edlen Metallen als auch gegenüber den Hauptwährungen an Boden gewinnen. Starke Konjunkturdaten aus den USA dank deutlich aggressiverer Subventionspolitik sind entscheidend. Der Devisenmarkt ist weiter nicht gewillt, die prekären Strukturdaten in der Diskontierung zu berücksichtigen.
An der politischen Front ergeben sich bekannte Tendenzen. Russland wird wegen der Nawalny-Anschuldigungen, die nicht belegt sind, seitens der USA noch stärker sanktioniert. China wird weiter von den USA verbal angegangen. Anders ausgedrückt setzt sich die Machtauseinandersetzung der USA mit China und Russland asymmetrisch fort. Die vom Westen ausgewählten Themen und Personen sind Mittel zum Zweck. Es geht nicht um Werte, es geht um Macht.
EZB: Implizite Kontrolle der Zinskurve wird expliziter
Die Verbalakrobatik seitens der EZB nimmt zu. Nach dem griechischem Notenbankchef Stournaras, der am Freitag verbal intervenierte, trat gestern ein Schwergewicht in den Ring, um die Renditeentwicklung am Kapitalmarkt einzufangen. Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau betonte auf einer Veranstaltung der Banque de France, dass der Anstieg der Renditen unerwünscht sei. Die EZB könne und müsse darauf reagieren. Erster Ansatzpunkt sei es, die Flexibilität des Anleihekaufprogramms PEPP aktiv zu nutzen.
Das Programm ist zurzeit die potenteste Waffe der EZB zur Bekämpfung der ökonomischen Folgen der Pandemie. Es ist auf 1,85 Billionen EUR angelegt. Rund eine Billion Euro des Kaufrahmens ist frei. Das ist erheblich.
Frankreichs Notenbankchef wies auf weitere Möglichkeiten der EZB hin. Die EZB stehe bereit, alle ihre Instrumente anzupassen, sagte Villeroy. Dazu zähle auch, im Zweifelsfall den Einlagezins zu senken.
Das war Klartext. Dieses Aussagen belasteten hinsichtlich der Bewertung des Euros am Devisenmarkt. Damit wurde der Euro gegenüber dem USD von der Diskomfortzone der EZB bei 1,25 - 1,27 fortbewegt.
EZB-Chefin Lagarde hatte in der letzten Woche darauf hingewiesen, dass das Programm den Währungshütern erhebliche Feuerkraft und Handlungsspielräume bei den Käufen ermögliche. Da stimmen wir zu.
Gestern lieferte Lagarde nach. EZB-Präsidentin Lagarde betonte, dass die EZB dafür Sorge tragen würde, dass Unternehmen und Familien Zugang zu Finanzmitteln bekommen, die zur Überwindung der Krise erforderlich seien. Sie versprach Planungssicherheit bei den Finanzierungsbedingungen. Dieses Statement arrondierte die Ansage des französischen Notenbankchefs. Lagarde verwies damit auch auf den Auftrag, den die EZB offiziell hat, der die aktuelle Politik der EZB aus Sicht der EZB erforderlich macht und rechtfertigt.
Seitens der Verantwortlichen des EZB-Rats ergab sich damit in den letzten 72 Handelsstunden ein harmonischer Chor, der unmissverständlich ist. Wir haben in diesem Report zuvor darüber geschrieben, dass es eine implizite Kontrolle der Zinskurve am Kapitalmarkt gibt. Dieses implizite Zinskurvenkontrolle ist mit diesen Aussagen der letzten 72 Stunden etwas expliziter geworden.
Damit greift die politische Bepreisung am Finanzmarkt stärker um sich. 1990 gewannen Demokratie und Kapitalismus gegen das System des Kommunismus. Der Kommunismus war geprägt von politischen Preisen. "Food for thought!"
Noch mehr "Food for thought" liefert der Blick zurück hinsichtlich der Forderungen des Westens, das dritte Länder Märkte öffnen und freie Märkte gestalten. Was haben die USA noch bis in die 90er Jahre Europa in arroganter Manier belehrt, dass Subventionen und Einschränkungen des freien Marktes "No-go-Area" seien. Wo stehen die USA und der Westen heute? Sind die Positionen der USA und des Westens Ausdruck von Stärke oder von Schwäche? Stellen Sie sich noch eine Frage. Korreliert der Verlust an Freiheit an den Märkten seit 2001 erkennbar mit dem Verlust individueller Freiheiten in unseren westlichen Demokratien (z.B. Privatsphäre, Datenhoheit). Fragen über Fragen!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Industrie stark
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stellte sich laut finaler Berechnung per Berichtsmonat Februar auf 57,9 Punkte (Prognose 57,7, vorläufiger Wert 57,7). Die deutschen Verbraucherpreise legten per Februar im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose 0,5%) nach zuvor 0,8% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 1,3% (Prognose 1,2%) nach zuvor 1,0%.
UK: Industrie läuft
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stellte sich laut finaler Berechnung per Berichtsmonat Februar auf 55,1 Punkte (Prognose 54,9, vorläufiger Wert 54,9).
USA: Industrie und Baubranche sehr stark
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stellte sich laut finaler Berechnung per Berichtsmonat Februar auf 58,6 Punkte (vorläufiger Wert 58,5). Der ISM Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stieg per Februar von zuvor 58,7 auf 60,8 Zähler (Prognose 58,8). US-Bauausgaben nahmen per Berichtsmonat Januar im Monatsvergleich um 1,7% (Prognose 0,8%) nach zuvor 1,1% (revidiert von 1,0%) zu.
Südkorea: Produktion läuft, Dienstleistungen weniger
Der von IHS/Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete per Februar einen Anstieg von zuvor 53,2 auf 55,3 Zähler. Die Industrieproduktion legte per Januar im Jahresvergleich um 7,5% (Prognose 5,3%) nach zuvor 2,5% (revidiert von 3,4%) zu. Der Dienstleistungssektor verzeichnete im Monatsvergleich ein Minus in Höhe von 0,2% nach zuvor -1,1%.
Japan: Arbeitsmarkt stabil
Die Arbeitslosenrate stellte sich per Januar auf 2,9% (Prognose 3,0%) nach zuvor 2,9%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1990 - 1.2020 neutralisiert den positiven Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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