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Kein Olivenzweig aus den USA!

Veröffentlicht am 14.08.2019, 13:30
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1170 (07:16 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1167 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 106.52. In der Folge notiert EUR-JPY bei 118.95. EUR-CHF oszilliert bei 1.0906.

Gestern sprachen wir hier über die Sehnsucht nach Entspannung in dem ausgeprägten Krisenpotpourri, dem die reale Wirtschaft und die Finanzmärkte durch die Aggression der USA in Geo- und Handelspolitik ausgesetzt waren und sind.

Im gestrigen Tagesverlauf nahm die Marktzuversicht bis 15 Uhr ab. In der Folge reüssierten Gold und Silber mit mehrjährigen Höchstständen (Gold bei 1535 USD und Silber bei 17,50 USD). Die Aktienmärkte standen sportlich unter Druck. Der DAX sank am Nachmittag bis auf 11.540 Punkte. Dann, kurz nach 15 Uhr wurde die Sehnsucht der realen Wirtschaft und der Finanzmärkte gestillt.

Wie aus dem "Nichts" lieferte die US-Treasury mit der Verlautbarung, dass es Ausnahmen bei den jüngst verfügten Zöllen in Höhe von 10% auf 300 Mrd. USD Importvolumen aus China geben werde, die so arg gewünschte Linderung. So würden die Zölle, die an sich am 1. September erhoben werden sollten, auf Schuhe und Unterhaltungselektronik erst am 15. Dezember eingeführt.

Die Euphorie kannte keine Grenzen mehr. Innerhalb einer Stunde schoss der DAX auf 11.835 Punkte, Gold verlor bis auf 1480 USD pro Unze und Silber konnte erst bei 16,60 USD einen Boden markieren. Auch wir sind hoch erfreut, dass die US-Treasury diese Großzügigkeit gegenüber China gewährt und damit den geschundenen Seelen in Realwirtschaft und Finanzmärkten ein wenig Luft lässt, um dann eben erst am 15. Dezember zuzuschlagen.

Am Markt wird diskutiert, ob diese Wendung als eine Politik des Olivenzweigs klassifiziert werden kann. Nein, das wäre vermessen. Die Historie der von den USA initiierten Handelskonflikte der letzten 18 Monate belegt, dass einer temporären Entspannung die nächste Eskalation folgt, bis der Gegner sich unterwirft.

Das hat bei Kanada und Mexiko funktioniert. Bei China wird dieser Ansatz nicht fruchten, denn die strukturelle Schwäche der US-Konjunktur (kreditgetrieben und Asset-Driven Economy) ist Peking sehr wohl bewusst. Faktisch unterminiert die aktuelle US-Politik unter quantitativen (Kosten) und qualitativen (Sicherheit der Lieferketten, Absatzmärkte) Gesichtspunkten die Konjunktur und den Standort USA. Einer Politik des maximalen Drucks seitens der USA nachzugeben, käme der Aufgabe des chinesischen Genoms gleich. Das ist für diese Kulturnation undenkbar.

Die US-Regierung will ihre Bürger schonen. In der so genannten „Holiday Season“ vor Weihnachten sollen durch Zölle induzierte Preiserhöhungen die Stimmung der US-Bürger nicht versauern. Die US-Administration hatte es vor der Verfügung der neuen Zollrunde versäumt, den US-Konsumkalender aus Eigennutzgesichtspunkten in dem Timing zu berücksichtigen.

Faktisch erkennen die USA damit den Zusammenhang Zoll und Belastung der eigenen Bevölkerung an. Aber das Thema blenden wir besser aus, es entspricht nicht dem gepflegten Narrativ und das mag jetzt schon wieder zu intellektuell sein.

Fassen wir zusammen:

Eine US-Zollverschiebung vom 1. September auf den 15. Dezember (3 ½ Monate) auf ein Volumen von circa 150 Mrd. USD im Jahr bei Zöllen von 10% bedeutet eine temporäre Entlastung der US-Wirtschaft und US-Verbraucher um circa 4,4 Mrd. USD in diesem Zeitraum.

Das nennt man Leverage: Aus einer Verschiebung einer Maßnahme, die per 2019 zu einer um 4,4 Mrd. USD geringeren Kostenbelastung des US-Standorts führt, wurden massive Neubewertungen an allen Finanzmärkten der Welt gezaubert.

Diese bezüglich des Volumens überschaubare und lediglich temporäre quantitative Linderung ohne eine qualitative Neuausrichtung in dem Handelskonflikt mag angemessene oder auch unangemessene Diskontierungen zur Folge haben. Das entscheiden Sie.

Erlauben Sie mir aber bitte vor dem aktuellen Hintergrund ein wenig Süffisanz:

Die in der Volkswirtschaftslehre an Universitäten gelehrte Markteffizienztheorie ist hier sicherlich einmal mehr bestätigt!

Aristoteles sah die Struktur und damit den qualitativen Aspekt als Grundlage der quantitativen Entwicklung. Ich sehe das auch so. Pferde werden doch nicht von hinten aufgezäumt. "Food for thought!"

Datenpotpourri der letzten 24 Stunden:

Eurozone: Deutschland belastet Performance - Paris reüssiert! Gemäß erster Schätzung verzeichnete das BIP Deutschlands im 2. Quartal einen Rückgang um 0,1% im Quartalsvergleich nach zuvor 0,4%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,4% nach 0,7%. Im 2. Quartal 2019 stellte sich die Arbeitslosenquote Frankreichs auf 8,5% nach zuvor 8,7%. Das war die niedrigste Quote seit dem 4. Quartal 2008 (geringste Quote seit 1999 bei 7,2% im 1. Quartal 2008).

Fazit: Frankreich reformiert seit Jahren in kleinen Schritten, was macht Deutschland (Aristoteles)?

USA: Preisentwicklung etwas sportlicher! Die US-Verbraucherpreise legten per Juli im Monatsvergleich um 0,3% nach zuvor 0,1% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 1,8% nach zuvor 1,6% (Prognose 1,7%). Die Kernrate stellte sich im Jahresvergleich auf 2,2% nach 2,1% (Prognose 2,1%).

Fazit: Der Kostenaspekt, der sich aus dem Handelskonflikt mit China ergibt, mag hier in Ansätzen erkennbar sein.

Japan: Starke Performance im Auftragseingang des Maschinenbaus! Per Berichtsmonat Juni legten die Machinery Orders im Monatsvergleich um 13,9% (Prognose -1,3%) nach zuvor -7,8% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 12,5% nach zuvor -3,7%.

Fazit: Japans Konjunkturdaten setzen zwischenzeitlich immer wieder positive Akzente.

China: Alle Daten per Juli im Jahresvergleich. Ausländische Direktinvestitionen legten um 7,3% nach zuvor 7,2% zu. Das war der stärkste Anstieg seit Dezember 2017. Die Geldmenge M-2 wuchs um 8,1% nach 8,5% (Prognose 8,4%). Das Kreditwachstum lag bei 12,6% nach 13,0% (Prognose 12,8%). Die Industrieproduktion stieg um 4,8% nach 6,3% (Prognose 5.8%). Der Einzelhandel nahm um 7,6% nach 9,8% zu (Prognose 8,6%). Urbane Investitionstätigkeit stieg um 5,7% nach 5,8% (Prognose 5,8%).

Fazit: Der aktuell negative Grundton lässt sich insbesondere im Bereich Produktion und Einzelhandel in Teilen auf Vorzieheffekte im Vormonat wegen rechtlicher Neuregelungen (Kfz, Emissionen) zurückführen. Entscheidender Katalysator ist aber der verschärfte Handelskonflikt mit den USA.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1020 -– 40 negiert den positiven Bias des EUR.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH

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