Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1083 (07:12 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1067 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108.79. In der Folge notiert EUR-JPY bei 120.57. EUR-CHF oszilliert bei 1.0949.
Täglich geht es hin und her. Ob ein Handelsdeal zwischen Peking und Washington wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher wird, entscheidet sich an der Tagesform von US-Präsident Trump auf seinem Twitter-Account und seiner emotionalen Gefühlslage. Das ist zunehmend absurd.
Allein diese Tatsache sollte ein Katalysator für den Rest der Welt (85% des Welt-BIP, 95% der Weltbevölkerung) sein, sich von dieser US-Drangsalierung Stück für Stück zu emanzipieren. Die Ansätze sind erkennbar, aber zu zart, insbesondere in Kontinentaleuropa. Ich nehme Paris wohlmeinend von dieser Kritik aus (Berlin?).
Frankreich bereitet sich auf einen der größten Streiks im öffentlichen Dienst wegen der Rentenreform vor. Macron will das veraltete Rentensystem vereinfachen, das viele verschiedene Pensionsformen umfasst und mit Generationengerechtigkeit nicht deckungsgleich ist. Macron fordert ein punktebasiertes System, wonach jeder Rentner für jeden eingezahlten Euro die gleichen Rechte habe.
Das Rentensystem Frankreichs stammt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Die geteilte Welt eröffnete seinerzeit Raum für Europa, üppige Sozialsysteme aufzubauen, die in Zeiten der globalisierten Weltwirtschaft anachronistisch sind. Aus diesem Grund suchen Unternehmen in Frankreich maßgeblich nur temporär begrenzte Arbeitsverhältnisse. Genau das untergräbt die Chancen der jungen Generation und Dynamik in der Forcierung des Potentialwachstums.
Um dieses Thema mit Kontext zu befüllen, macht es Sinn einen Blick auf die weltweiten Gesamtausgaben für die soziale Sicherung zu werfen.
Im Jahre 2012 hatten die EU 39,6% aller weltweiten Ausgaben für Sozialsicherung ausgegeben. Damals lag der Anteil der EU am WELT-BIP bei circa 17%. Der Anteil der EU an der Weltbevölkerung stellte sich seinerzeit circa auf 7%.
Weder die EU, noch die Eurozone oder Frankreich und Deutschland können sich der normativen Kraft des Faktischen unserer Welt entziehen.
Manch ein Europäer glaubt offensichtlich, dass man als in Europa Geborener Anspruch auf „silberne Löffel“ hat. Dem ist aber definitiv nicht so, auch wenn es sich so anfühlt. Nur was der Leistungskörper der Ökonomie dauerhaft generiert, kann in Teilen im Rahmen von Umverteilungen in einem Wohlfahrtsstand landen.
Wer hoch geflogen ist (Anteil der EU an globalen Sozialleistungen), kann durch unangemessene Politik eben auch tief fallen.
Orthodoxe Besitzstandswahrer können durch Ignoranz der Realitäten massive Kollateralschäden auslösen und am Ende zu größten Besitzstandsverlierern mutieren. Erweitern wir Gorbatschows Mahnung an Honecker: Wer zu spät bitter notwendige Reformen macht, den bestraft das Leben!
Macron bemüht sich für Frankreich, nicht zu spät zu sein!
Ich wünsche ihm viel Erfolg und Glück und Franzosen etwas mehr Verständnis für die Komplexitäten, die der Begriff Zukunftsfähigkeit und Generationengerechtigkeit inkludiert. Wer nur seinen eigenen Bauchnabel als Universum definiert, wird in dieser Welt bestenfalls Pyrrhussiege einfahren. "Food for thought".
USA wollen Sonderrechte für US-Digitalriesen!
Die US-Regierung will die Privilegierung der US-Digitalriesen hinsichtlich Steuerlast weiter fortschreiben. Der Schaden für die betroffenen volkswirtschaftlichen Strukturen in den Drittländern ist immens (Zerstörung von Strukturen und Beschäftigung).
Die USA legten in ihrem Kampf gegen Digitalsteuern nach. Kurz nach der Drohung von Präsident Trump mit Zöllen von bis zu 100% auf französischen Käse oder Champagner forderte US-Finanzminister Mnuchin alle Länder zur Aufgabe von ähnlichen Plänen für Digitalabgaben auf, die vor allem US-Internet-Konzerne träfen.
Die Regierungen, die Steuergerechtigkeit in ihren volkswirtschaftlichen Räumen umsetzen wollen, unter anderem in Paris, sind in den USA in sportlicher Form in Ungnade gefallen.
Auch das UK plant Digitalsteuern. Was das wohl für den britischen Handelsdeal mit den USA bedeuten wird? Wann gibt London das Ziel wohl auf? Absehbare Kleinheit wird ihren Preis haben. London kann schon einmal in Mexico und Kanada eruieren, wie die "Schlittenfahrt" der Unterordnung aussieht.
Fakt ist, Internetfirmen zahlen wegen fragwürdiger Gewinnverlagerungen grundsätzlich vergleichsweise wenig Steuern. Damit haben sie massive Kostenvorteile gegenüber den in den Ländern ansässigen konkurrierenden Firmen, beispielsweise Amazon (NASDAQ:AMZN) versus stationären Handel.
Frankreich war in sachlich unanfechtbarer Art und Weise im Sinne der Fairness für die steuerehrlichen Unternehmen vor Ort vorgeprescht (wo ist Berlin?), um die unlauteren Vorteile der US-Konzerne zu eliminieren.
Die US-Regierung hat angekündigt nicht nur gegen Frankreich, sondern auch wegen Digitalsteuern gegen Österreich, Italien und der Türkei vorzugehen.
Die OECD-Staaten wollen Ende 2020 eine international abgestimmte Mindeststeuer für grenzüberschreitend operierende Unternehmen vereinbaren. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist mehr als fraglich, da die Interessenlage innerhalb der OECD sehr heterogen ist.
In einem Brief an die Industriestaaten-Organisation OECD erklärte US-Finanzminister Mnuchin, man solle auf deren Ebene eine Einigung anstreben, aber er warnte die OECD gleichzeitig vor Änderungen des Besteuerungsrechts. Dies könne die "Säulen des internationalen Steuersystems" beschädigen.
Fassen wir zusammen:
Dort, wo die USA anfechtbare Vorteile haben, verteidigt die US-Regierung das multilaterale System. Dort wo die Konsequenzen des multilateralen Systems für die USA negativ ausfallen, werden sie ignoriert, ohne dass sich die USA dafür zur Rechenschaft ziehen lassen. Das ist Ausdruck von Willkür und Beliebigkeit – passen Willkür und Beliebigkeit zu unseren europäischen Werten.
Ja, Kontinentaleuropa, es ist höchste Zeit! Machen wir unser Ding und bauen wir den IT-Airbus, denn Abhängigkeit von Dritten in elementaren Feldern (Wirtschaftsstruktur) kann gefährlich und teuer sein!!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Weiter positive Akzente
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor stieg laut finaler Berechnung per November von 51,5 auf 51,9 Punkte (Prognose 51,5). In der Folge legte der Composite Index von 50,3 auf 50,6 Zähler zu (Prognose 50,3).
UK: PMIs besser als erwartet
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor stieg laut finaler Berechnung per November von 48,6 auf 49,3 Punkte (Prognose 48,6). In der Folge legte der Composite Index von 48,5 auf 49,3 Zähler zu (Prognose 48,5).
USA: Überwiegend enttäuschend!
Der ADP Employment Report (Beschäftigung in Privatwirtschaft) enttäuschte per November. Es sollen lediglich 67.000 neue Jobs in der Privatwirtschaft geschaffen worden seien. Die Prognose lag bei 140.000. der Vormonatswert wurde von 125.000 auf 121.000 revidiert. Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor verharrte laut finaler Berechnung bei 51,6 Punkten. Der Composite Index verbesserte sich geringfügig von 51,9 auf 52,0 Zähler. Der stärker beachtete ISM-Index für den Dienstleistungssektor sank per November unerwartet von 54,7 auf 53,9 Punkte. Die Prognose war bei 54,5 Zählern angesiedelt.
Japan: Ein erfreulicher Akzent
Der von Reuters erhobene Tankan-Index verbesserte sich per Berichtsmonat Dezember von zuvor -9 auf -6 Punkte.
Fazit:
Das gestrige Datenbild war unter Ausschluss der US-Daten erfrischend positiv! Der Preis der US-Aggressionspolitik wird für die USA immer fassbarer.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1160 - 80 negiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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