Dieser Artikel erschien zuerst auf GoldGeldWelt
Der Bitcoin ist in den letzten Tagen so stark gestiegen, dass technische Analysten schon vor „Torschlusspanik“ warnen. Doch die jüngste Rallye spiegelt nicht den Zustand der Kryptoszene wider. Diese leidet unter fliehenden Kunden und drängelnden Regulatoren – und reagiert darauf mit einem enormen Abbau von Arbeitsplätzen. Nur an einem Unternehmen geht der Trend vorüber.
Genesis kürzt Personalausgaben und beantragt Gläubigerschutz
Der personelle Aderlass betrifft die gesamte Branche. Der Kryptolender Genesis hatte bereits am 05. Januar angekündigt, sich von einem Drittel der Belegschaft zu trennen – nachdem im August schon ein Fünftel entlassen worden war. Damals ging auch CEO Michael Moro von Bord.
Geholfen hat es der Digital Currency Group (DCG) Tochter nichts. Am 19. Januar mussten Teile des Unternehmens Gläubigerschutz nach „Chapter 11“ des US-Insolvenzrechts beantragen.
Auch die Kryptobörse Coinbase (NASDAQ:COIN) (WKN: A2QP7J, ISIN: US19260Q1076) reagiert seit Monaten mit Entlassungswellen. Am 08. Januar war der Abbau von 950 Stellen mitgeteilt worden. Seit Juni wurden in dem kalifornischen Unternehmen damit 2.000 Stellen abgebaut. 300 Mio. USD hat sich Coinbase den „Restrukturierungsaufwand“ kosten lassen – und die operativen Kosten so eigenen Angaben zufolge um 25 % gesenkt.
Dies dürfte auch auf Druck der Aktionäre geschehen sein. Die Aktie hat seit dem IPO im April 2021 mehr 80 % an Wert verloren.
Die Liste der Kryptofirmen mit Entlassungen lässt sich noch lange fortsetzen. Consensys etwa teilte am 10. Januar mit, mindestens 100 Beschäftigte vor die Tür zu setzen. Paradigm kürzte die Vergütung seiner Mitarbeiter um 15 %, wie unter anderem die „Boersen-Zeitung“ berichtet.
Binance wächst gegen den Trend
Eine Ausnahme bildet lediglich die Kryptobörse Binance. Deren CEO Changpeng Zhao (CP) hatte Mitte 2022 über 2000 offene Stellen berichtet. Die Einstellungswelle läuft weiter. In diesem Jahr soll der Personalbestand um 15-30 % erhöht werden – dies bekräftigte „CP“ erst Mitte Januar. Bereits 2022 war die Zahl der Angestellten bei Binance von 3.000 auf 8.000 angestiegen. Gesucht wird unter anderem in den Bereichen Risk, Compliance und Kundenbetreuung.
Das ist kein Zufall: Die regulatorischen Anforderungen an die Branche steigen – und damit auch die Kosten. Die Anforderungen und Kosten verhindern sogar Börsengänge. So berichtet das Wall Street Journal etwa, dass unter anderem Circle Internet Financial und eToro an den Anforderungen für die SEC Genehmigungen für ein IPO gescheitert seine. Dies hing allerdings auch damit zusammen, dass die Unternehmen SPACs einsetzen wollten, die nach verschiedenen Schwierigkeiten nun strenger beaufsichtigt werden.
Die meisten Kryptounternehmen vertreten den Standpunkt, dass ihre digitalen Assets keine Wertpapiere seien und dass daher auch die üblichen Anlegerschutzregeln nicht gelten könnten. Die SEC sieht es jedoch anders – und dürfte am Ende das letzte Wort haben.
Die Regulatoren wollen noch mehr. So forderte unlängst die CFTC-Kommissarin Christy Goldsmith Romero den Gesetzgeber auf, die sogenannte Selbstzertifizierung von Token strenger zu beaufsichtigen. „Ich fordere den Kongress auf, es zu vermeiden, neu regulierten Krypto-Börsen die Selbstzertifizierung von Produkten für die Notierung zu gestatten“ forderte Goldsmith Romero im Rahmen der Ermittlungen zum Zusammenbruch der Börse FTX.
Trotz Kurssteigerung und Mittelzuflüssen: Die Stimmung ist im Keller
Trotz der jüngsten Kurssteigerung und Mittelzuflüssen von immerhin 37 Millionen USD (diese Zahl berichtet der Cryptoverwalter Coinshares) ist die Stimmung schlecht. 68 % der Mittelzuflüsse landeten in Anlageprodukten zur Spekulation auf fallende Kurse.
Hier zeigen sich laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erhebliche regionale Unterschiede. In den USA entfallen demnach 95 % der Mittelzuflüsse auf Bitcoin Leerverkäufe. In Deutschland und der Schweiz gebe es neben hohen Gesamtzuflüssen auch Abflüsse aus Short Produkten.
Global flossen 5,7 Million USD in den Kauf von Bitcoin, 25,5 Millionen USD dagegen in Leerverkäufe auf die Kryptowährung. Laut dem Kryptodaten-Anbieter Amberdata ist das Verhältnis von Kauf- zu Verkauf-Optionen auf Bitcoin auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr gestiegen: Zwei Drittel Put Optionen stehen einem Drittel Call Optionen gegenüber.