Die US-Börsen haben heute geschlossen, in den Vereinigten Staaten wird Thanksgiving gefeiert. Für die Börsen ist dieser Feiertag, beziehungsweise der darauffolgende Freitag, von größerer Bedeutung.
Der sogenannte „Black Friday“ (Schwarzer Freitag), der Tag nach Thanksgiving, gilt als Start der Weihnachtssaison, denn die Amerikaner nutzen diesen Brückentag traditionell um erste Weihnachtseinkäufe zu tätigen. Obwohl der Black Friday schon seit vielen Jahrzehnten für Analysen und Prognosen des gesamten Weihnachtsgeschäfts genutzt wird, werden erst seit dem Jahr 2005 an diesem Tag die größten Umsätze des Jahres im Einzelhandel gemacht. Ich vermute, das hat damit zu tun, dass der Internethandel hinzugekommen ist.
Die Herkunft des Namens „Black Friday“ ist umstritten, es gibt eine Vielzahl von Geschichten dazu. Mir gefällt die folgende Variante am besten: Dieser Black Friday soll der Tag sein, bei dem die Einzelhändler bezogen auf das Gesamtjahr von den roten Zahlen (Verlust) in die schwarzen Zahlen (Gewinn) kommen. Deswegen schwarzer Freitag.
Der Verlauf des US-Weihnachtsgeschäftes ist einer der Faktoren, welche die Stärke der Jahresendrally beeinflussen können. Die Börse spekuliert, wie immer, grundsätzlich im Vorfeld auf die ersten belastbaren Daten. Das heißt, die eigentliche Spekulation liegt bereits hinter uns. Die Kurse werden jetzt nur noch reagieren, wenn es zu einer Enttäuschung oder positiven Überraschung kommt.
Und damit sind für den Dezemberverlauf die Positionierungen der institutionellen Anleger entscheidend. Vereinfacht müssen Sie sich die Frage stellen, ob sich die institutionellen Anleger eher in einer Underperformance oder Outperformance zum bisherigen Jahresverlauf befinden. Da viele institutionellen Anleger in Hoffnung auf eine Konsolidierung im Zusammenhang mit den US-Budget-Streit in den USA bereits im Sommer ihre Positionen verringert haben und das Gesamtjahr sehr positiv verlaufen ist, ist eher mit einer Underperformance zu rechnen. Das dürfte der Grund für die hohe Dynamik der aktuellen Rally sein. Aber dahinter verbirgt sich auch, wie schon geschrieben, eine Gefahr. Denn sollte eine Konsolidierung einsetzen, könnte es sein, dass viele dieser Anleger ihre Gewinne schnell sichern wollen und verkaufen. Und wenn aber alle gleichzeitig durch die gleiche Tür wollen…
Ein klärender Hinweis: Der Black Friday und der schwarze Freitag
In Europa wird hin und wieder angenommen, dass in den USA mit dem Begriff „Black Friday“ einmal der oben beschriebenen Tag bezeichnet wird und der schwarze Freitag des 1929er Crashs. Doch in den USA gibt es nur einen Black Friday. Dort begann der 1929er Crash nämlich bereits am Donnerstag, den 24.Oktober 1929. Dieser Tag wird in den USA somit „Black Thursday“ genannt. In Europa wurde dieser Crash damals erst einen Tag später, also am Freitag umgesetzt, weswegen er hier „schwarzer Freitag“ heißt.
Zu einem anderen Thema: S&P500: Der verlorene Aufwärtstrend
In der Masse der Charts, die ich jeden Tag analysiere, ist mir doch glatt ein sehr wichtiger Trendkanal durchgerutscht. Entdeckt habe ich diesen erst, als ich heute eine Chart-Analyse für die kommende Ausgabe „Euro am Sonntag“ erstellt habe. Wie immer, bei solchen Analysen, schaue ich mir einen Chart erst einmal „leer“ an, also ohne jegliche Linien. Und da tauchte er plötzlich vor meinem geistigen Auge auf. Als ich die Linien dann entsprechend eingezeichnet hatte, blieb die Frage, wieso ich diesen Trendkanal eigentlich nicht schon vorher gesehen habe. Natürlich möchte ich Ihnen jetzt diesen zurzeit höchst relevanten Chart nicht vorenthalten:
Ein wirklich schöner Trendkanal, mehrfach getestet und damit bestätigt (siehe rote Kreise). Aktuell notiert der Kurs an der oberen Begrenzungslinie dieses Aufwärtstrends. Die Frage aller Fragen ist nun, ob sich der Trendkanal durchsetzt und eine Konsolidierung folgt oder ob auch dieser kurzfristigere Trendkanal im S&P500 nach oben aufgelöst wird (Der breite, seit 2009 existente Aufwärtstrend, wurde, wie hier schon beschrieben, bereits nach oben verlassen).
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Trendkanal bestehen bleibt, ist normalerweise natürlich höher. Angesichts der Tatsache, dass in den vergangenen Wochen sehr viele Widerstände nach oben aufgelöst wurden, die Bullen also einfach alles überrennen, ist es schwer, hier eine Prognose zu wagen.
Wir müssen demnach beobachten, ob sich im Bereich dieser Linien erste deutlicherer Schwächehinweise zeigen. Ein Dynamikverlust unterhalb dieser Linie ist bereits zu erkennen. Das reicht aber noch nicht als Warnhinweis. Und so entscheidet sich die Frage nach dem weiteren Verlauf möglicherweise doch im Zusammenhang mit dem Umsatzergebnissen zum Black Friday (da hier auch die Internetumsätze mit eingerechnet werden müssen, erhalten wir die endgültigen Zahlen am Montag/Dienstag.) Vielleicht erhält damit der Black Friday in diesem Jahr wieder eine höhere Bedeutung als er sie in den Jahren davor hatte
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH