Nach den Wahlen ist vor den Wahlen

Veröffentlicht am 06.11.2014, 10:23
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Bei den vorvorgestrigen Kongresswahlen in den USA haben die Republikaner nun auch die Mehrheit im Senat gewonnen. Damit ist US-Präsident Barack Obama in den kommenden zwei Jahren nahezu handlungsunfähig. Dass ein US-Präsident in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit die Mehrheit im Kongress verliert, geschieht in den USA häufiger. Und so gibt es auch eine stehende Redewendung für diesen Zustand, der Präsident wird in dieser Zeit als „lame duck“, (lahme Ente) bezeichnet.
Wie meine Kollege Torsten Ewert am Montag bereits geschrieben hat, nimmt die US-Börse diesen Zustand allerdings tendenziell eher positiv auf. Schließlich können so eben auch keine Maßnahmen beschlossen werden, welche die Wirtschaft negativ beeinflussen. Tatsächlich ändert sich durch diese Mehrheit im Kongress meist auch nicht viel an der Politik, da die US-Präsidenten in den verbleibenden zwei Jahren ihre Amtszeit sowieso dazu neigen, sich mehr um außenpolitischen Themen zu kümmern. So wollen sie sich einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern.

Der nächste Präsidentschaftswahlkampf wird bald Einfluss auf die US-Börsen nehmen

Gleichzeitig beginnen bereits im kommenden Jahr die frühen Vorbereitungen für den nächsten US-Präsidentschaftswahlkampf und hier gelten dann sowieso ganz andere Regeln. Einen Punkt sollte man in diesem Zusammenhang im Hinterkopf behalten: Die US-Marktteilnehmer neigen seit vielen Jahrzehnten dazu, auf einen Wechsel von einem demokratischen zu einem republikanischen Präsidenten zu spekulieren, wenn dieser wahrscheinlich erscheint. Sofern sich also ein solcher Wechsel abzeichnet, wird dies die US-Börsen potenziell unterstützen. Mit der aktuellen Wahlniederlage der Demokraten ist die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Wechsel gestiegen.

Der US-Präsidentschaftszyklus

Mit Blick auf den US-Präsidentschaftszyklus stehen nun mit dem Vorwahljahr 2015 und dem Wahljahr 2016 die aus Börsensicht stärksten Jahren dieses seit ca. 100 Jahren bestehenden Zyklus bevor. Dies ist ein weiterer bullisher Faktor, den man in der Gesamtmarktanalyse berücksichtigen muss.

Negative Faktoren

Natürlich gibt es auch mögliche Störfeuer. Da ist zum einen die Zinspolitik der Fed zu nennen. Der Markt hat Sorge, dass steigende Zinsen das zarte Pflänzchen des US-Wirtschaftswachstums wieder abwürgen. Wie hier im Steffens Daily bereits mehrfach beschrieben, neigen Börsen jedoch dazu, in der ersten Phase von Zinserhöhungen weiter anzusteigen. Erst wenn die Zinsen ein Niveau erreicht haben, das dazu führt, dass Gelder aus dem Aktienmarkt in die Rentenmärkte umgeschichtet werden, kippt die Situation.
Trotzdem werden in der Zeit vor steigenden Zinsen und bei den ersten Zinsschritten viele Unsicherheiten auftauchen. Damit steht uns wahrscheinlich in den kommenden Monaten und vielleicht sogar Jahren ein hoch volatiler Markt bevor.

Emerging Markets als Risikofaktor

Ein weiterer Faktor ist die weltwirtschaftliche Situation. Hier geht der Blick vieler Anleger in Richtung China, aber auch zu anderen Ländern wie Brasilien. Es ist die Frage, ob die USA, wie so oft in der Vergangenheit, zum Motor der Weltwirtschaft werden können oder aber ob die US-Wirtschaft bei einer möglichen Schwäche der chinesischen Wirtschaft zum Opfer wird. Über diese Frage kann man trefflich streiten, aber eine wirklich nachhaltige und fundierte Antwort wird sich nicht finden lassen. Hier fehlen einfach die Erfahrungswerte. Immer hübsch mit dem Trend
Deshalb neige ich hier dazu, ähnlich wie bei Aktientrends, immer in Richtung der historischen Entwicklung zu denken. Das hat nichts mit Überzeugungen oder Glaubenssätzen zu tun, sondern ist einfach stur pragmatisch. Bis jetzt ist der Beweis, dass die USA nicht mehr zum Motor der Weltwirtschaft werden können, noch nicht endgültig erbracht. Und so gehe ich bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass das auch weiterhin so sein wird. In den vergangenen 100 Jahren hätte ich mit diesem Pragmatismus viele Male richtig gelegen und noch kein einziges Mal falsch. Irgendwann werde ich dann einmal falsch liegen, das kann jetzt sein, aber vielleicht auch erst in 100 Jahren – dieses Risiko muss ich in Kauf nehmen. Das tue ich aber gerne, da die Wahrscheinlichkeit auf meiner Seite ist.
Und daher werden wir hier im Steffens Daily weiterhin die wirtschaftliche Entwicklung in den USA genau unter die Lupe nehmen und daraus Rückschlüsse auch für den DAX ziehen.

Geopolitischen Risiken

Schlussendlich bleiben noch die geopolitischen Risiken. Doch hier haben wir das Problem, dass man diese nur sehr selten „kommen sieht“. Auf solche Risiken kann man nur reagieren, wenn sich diese verschärft abzeichnen. Und dann muss man notfalls schnell und konsequent reagieren. Alles Andere, also der prophetische Prognoseversuch, endet meist in wilden Spekulationen, und diese kosten viel zu viel Zeit und Energie, um sich daran zu beteiligen. Also auch hier ist Pragmatismus angesagt.

Fazit:

Wie immer ist es eine Gemengelage von diversen Faktoren, die es abzuwägen gilt. Wir sind seit vielen Jahren gut mit dem Prognosemittel des US-Präsidentschaftszyklus gefahren. Allerdings sehen wir auch die Gefahren der Zinspolitik. Es bleibt also weiter spannend in Ihrem ganz persönlichen Börsenkino!

Noch kurz zum Schluss:

Die Kongresswahlen sind vorbei und damit eingepreist. Nichts ist älter als die Nachricht von vorgestern. Jetzt nimmt die Börse wieder das nächste Ziel ins Visier: das sind die US-Arbeitsmarktdaten, die am Freitag veröffentlich werden. Die ADP-Daten, die im Vorfeld des offiziellen Arbeitsmarktberichts veröffentlich werden, weisen ein Stellenwachstum von 230.000 aus. Das ist der zweithöchste Wert in diesem Jahr. Analysten waren von 220.000 Stellen ausgegangen. Nun kann man den ADP-Bericht nicht eins zu eins auf den offiziellen Arbeitsmarktbericht projizieren, aber er gibt auf längere Sicht eine Tendenz vor. Und diese sieht demnach weiterhin positiv aus. Für den offiziellen Arbeitsmarktbericht am Freitag erwarten die Analysten 231.000 neu geschaffene Stellen außerhalb der Landwirtschaft, nach 248.000 zuvor.

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