Ein einzelner negativer Analystenkommentar hat ausgereicht, um die Aktien des Automobilzulieferers SHW AG um über 14 Prozent in den Keller zu schicken. Aufgrund vorangegangener Kursverluste, die durch die allgemein pessimistische Stimmung im Automobilsektor wegen der Schwäche Chinas begünstigt wurde, haben die Anleger den Analystenkommentar sehr negativ aufgenommen und entsprechend reagiert – mit massiven Verkäufen.
Insgesamt hat sich der Aktienkurs seit einem Hoch im März dieses Jahres bei knapp 50 Euro halbiert. Doch sind diese herben Verluste berechtigt? Was hat sich verändert, das eine Reduzierung des Unternehmenswertes in Höhe von rund 150 Mio. Euro rechtfertigen könnte? Werfen wir einen Blick auf die Details:
BNP Paribas senkt Kursziel von 47 auf 33 Euro
Gerhard Orgonas von der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas hat mit einer gestern veröffentlichten Analyse sein Kursziel für die Papiere des Autozulieferers von 47 auf 33 Euro stark gesenkt. Der Analyst begründet den Schritt damit, dass einer der wichtigsten Kunden für elektrische Pumpen bei Autos mit Start-Stopp-Funktion seine Stretegie geändert habe und daher weniger bestellen werde. Der Analyst sieht daher bei der SHW AG Umsatzeinbußen von etwa 30 Millionen Euro für 2016. Zudem sieht er das operative Ergebnis für das laufende Jahr und die mittelfristigen Ziele als gefährdet. Er schraubte seine Gewinnprognose für 2015 um 14 Prozent und die für 2016 und 2017 sogar um jeweils etwa 30 Prozent zurück. Er rechnet beim Ergebnis je Aktie nun für 2016 und 2017 mit 2,77 Euro beziehungsweise 3,25 Euro.
Bankhaus Lampe bestätigte Kaufempfehlung für die Aktien von SHW – Kursziel 40 Euro
Demgegenüber stehen die Analysten des Bankhaus Lampe, die erst kürzlich ihre Kaufempfehlung für die Aktien von SHW bestätigt haben. Zwar wurde auch hier das Kursziel reduziert, es liegt jedoch nun bei immerhin 40 Euro, nachdem es zuvor bei 52 Euro stand. Die Bankhaus Lampe-Analysten rechnen mit einer Verbesserung der Margen, diese soll jedoch erst später eintreten und nicht in dem bisher erhoffte Ausmaß. Das brachte auch ihre Gewinnerwartungen unter Druck: Sie reduzierten ihre Gewinnschätzung je Aktie für 2015 um 22 Prozent auf 2,52 Euro und die Prognose für 2016 um fast 19 Prozent auf 3,27 Euro.
Vergleich und Bewertung der Analysten-Kursziele
Schauen wir uns an dieser Stelle zunächst nur die Gewinnerwartungen und Kursziele der genannten Analysten an. Die Gewinnschätzungen für das Jahr 2016 liegen mit 2,77 Euro (BNP Paribas) und 3,27 Euro (Bankhaus Lampe) recht wie auseinander – das Bankhaus Lampe ist 18 Prozent optimistischer. Entsprechend liegt das Kursziel der Optimisten vom Bankhaus Lampe mit 40 Euro deutlich über dem Ziel der BNP Paribas (30 Euro) – allerdings um satte 33 Prozent.
Fundamentale Betrachtung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) – ein klarer Kauf
Werfen wir dazu nun einen Blick auf die fundamentale Bewertungssituation der SHW AG gemessen an den Erwartungen der Analysten beim Gewinn je Aktie. In 2014 lag der Gewinn je Aktie bei 1,83 Euro, nach 2,29 Euro in 2013. Beide Bankhäuser gehen nach dem Rücksetzer in 2014 von wieder anziehenden Gewinnen aus.
Vom Bankhaus Lampe wissen wir, dass sie für 2015 einen Gewinnanstieg um fast 38 Prozent auf 2,52 Euro je Aktie erwarten. Bei einem aktuellen Aktienkurs von rund 25 Euro errechnet sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2015 von rund 10. Das ist bei einem Gewinnanstieg um 38 Prozent extrem günstig, denn daraus ergibt sich ein PEG (Price-Earning-Growth-Ratio bzw. Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis) von gerade einmal 0,26 – Werte unter 1 sprechen hier für eine Unterbewertung. Für 2016 errechnet sich bei der Gewinnschätzung der BNP Paribas von 2,77 Euro ein KGV in Höhe von 9, und im Falle vom Bankhaus Lampe (3,27 Euro je Aktie) sind es gerade einmal 7,6.
Würde die Aktie das Kursziel der BNP Paribas von 33 Euro erreichen, dann läge das KGV 2015 immer noch nur bei 13 und das 2016er KGV bei 11,9 bzw. 10. Und beim Bankhaus Lampe-Kursziel von 40 Euro hätten wir es mit einem 15,87er KGV für 2015 und KGVs von 14,44 bzw. 12,23 für 2016 zu tun. Im Hinblick auf die erwarteten Gewinnwachstumsraten sind dies alles keine hohen Bewertungen. Entsprechend können wir an dieser Stelle bereits feststellen, dass die Sorge bzw. Panik der Anleger völlig unbegründet ist. Wir haben es hier mit einer klaren Übertreibung nach unten zu tun, weshalb wir bei der Aktie klar zum Kauf raten. Wir können dieses erste Zwischenfazit auch mit weiteren Fakten untermauern:
Wie schlimm ist China für den Automobilsektor?
So ist der Autoabsatz in China zwar jüngst vom Wachstum her auf das Niveau von vor zweieinhalb Jahren gefallen, doch könnte diese Entwicklung durch andere Märkte aufgefangen oder zumindest abgefedert werden. So wurde zum Beispiel im europäischen Automarkt im traditionell schwachen August ein um 11,2 Prozent höherer Absatz als im Vorjahresmonat erzielt. Besonders deutlich fielen die Zuwächse in Spanien mit 23,3 Prozent und Italien mit 10,6 Prozent aus. In Deutschland wurden 6,2 Prozent mehr Autos verkauft.
Geschäfte der SHW AG laufen bislang hervorragend
Am 29.07.2015 veröffentlichte das Unternehmen seine Zahlen zum 1. Halbjahr 2015. Auch diese gaben kaum Anlass für Pessimismus. Demnach konnte der Umsatz im ersten Halbjahr 2015 um 13,2 Prozent auf 240,1 Mio. Euro (Vorjahr 212,1 Mio. Euro) gesteigert werden. Die Auftragseingänge erhöhten sich in den ersten sechs Monaten 2015 gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum von 220,4 Mio. Euro um 4,3 Prozent auf 230,0 Mio. Euro. Das bereinigte Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verbesserte sich im Zeitraum von Januar bis Juni 2015 von 19,9 Mio. Euro auf 23,0 Mio. Euro. Der Periodenüberschuss verbesserte sich im ersten Halbjahr sogar um 33,6 Prozent bzw. 2,4 Mio. Euro auf 9,6 Mio. Euro (Vorjahr 7,2 Mio. Euro).
Die positive Entwicklung veranlasste den Vorstand sogar dazu, die Umsatzerwartung zu erhöhen. Nunmehr wird ein Konzernumsatz in einer Größenordnung von 470 Mio. Euro (bisher 460 Mio. Euro) prognostiziert. Das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll unverändert in einer Größenordnung von 46 Mio. Euro bis 50 Mio. Euro liegen.
Fundamentale Bewertung – Weitere Kennzahlen sind extrem günstig
Und auch eine weitere Kennzahl spricht klar für einen Schnäppchenkauf. Bei einer aktuellen Marktkapitalisierung von 143 Mio. Euro errechnet bei den geplanten Umsätzen ein Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) von sehr günstigen 0,3. Selbst wenn der Umsatz wie von BNP Paribas erwartet um 30 Mio. Euro sinkt, wäre die Bewertung sehr günstig.
Das Eigenkapital betrug zum 1. Halbjahr 2015 111 Mio. Euro und deckte damit mehr als dreiviertel des Marktwertes.
Die Aktien der SHW AG befinden sich auch bereits in unserem „Geldanlage Premium Depot“. Sie waren zuvor auch schon einmal Gast (siehe Tabelle unten). Am 17.07.2014 zu 38,90 Euro gekauft, konnten wir am 06.02.2015 einen Gewinn in Höhe von 15,04 Prozent erzielen, als wir die Anteile zu 44,75 Euro wieder auf den Markt schmissen. Auch damals mussten wir mit der Aktie eine kleine Durststrecke durchlaufen, kamen am Ende aber doch mit einem dicken Gewinn aus der Nummer. Entsprechend sind wir auch für den jetzigen Trade optimistisch. Zumal die Aktien eine langfristige Unterstützung erreicht haben.
Geschäftstätigkeit der SHW AG
Die SHW AG – 1365 gegründet und damit einer der ältesten Industriebetriebe Deutschlands – zählt heute zu den führenden Automobilzulieferern in Deutschland. Der SHW-Konzern ist ein Zulieferer für namhafte Automobilhersteller, Nutzfahrzeug- sowie Land- und Baumaschinenhersteller und andere Zulieferer der Fahrzeugindustrie. Insgesamt verfügt die SHW AG über vier Produktionsstandorte in Deutschland sowie über weitere in Kanada und Mexico.
Das Unternehmen ist in die zwei Geschäftsbereiche Pumpen und Motorkomponenten bzw. Bremsscheiben unterteilt. Das Produktsortiment ist in den einzelnen Bereichen breitgefächert und enthält verschiedenartige Öl-, Wasser-, Vakuum- oder elektrische Pumpen sowie Sinterteile, Pumpenräder und unterschiedliche Bremsscheiben.
Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit des SHW-Konzerns liegt in der Entwicklung und Herstellung von Produkten, die zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2-Emissionen im Automobilbereich beitragen. Im Bereich Forschung & Entwicklung werden daher verschiedene Produkte zur Lösung von komplexen Problemen im Fahrzeugbau entwickelt. Im Vordergrund stehen dabei Materialien und Herstellungsverfahren für Leichtbauteile auf dem neuesten Stand der Technik.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 16.09.2015)
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