Die für Investoren derzeit wichtigste Frage ist, ob es sich bei der kräftigen Erholung der letzten Tage a) nur um eine Bärenmarktrallye handelte, also um eine Gegenbewegung im übergeordneten Abwärtstrend oder b) perspektivisch optimistisch denkende Anleger massive strategische oder zumindest taktische Anschaffungen tätigten oder c) hauptsächlich technische Readjustierungen stattfanden. Die Begründung für „b“ und „c“ waren Inhalte der letzten apano-Blogs. Die Readjustierungen/Begradigungen fanden definitiv statt. Dass auch ein gewisser Optimismus herrscht mit der Bereitschaft, die düstere Gegenwart auszublenden, bestätigte erst gestern wieder die positive Marktreaktion auf die grottenschlechten Daten vom US-Arbeitsmarkt. Freilich schwingt hier ungewollt auch Zynismus mit: wenn Corporate America 3 Mio Menschen entlässt, bedeutet das natürlich für diese Firmen eine rasche Entspannung auf der Kostenseite. Märkte sind kein homogenes Gebilde, sondern leben von der Vielfalt der einzelnen Meinungen. In Zeiten wie diesen liegen die Erwartungen natürlich extrem weit auseinander. Bislang dürfte ein Gemisch aus allen drei Antworten gegolten haben. Heute ist verstärkt auf Antwort „a“ zu achten. Der Börsenverlauf gestern Abend und heute früh bringt diese Theorie zurück ins Spiel. Der weltweit mit Abstand wichtigste Aktienindex S&P 500 schloss gestern mit 2625 exakt auf seiner am 20. Februar begonnenen steilen Abwärtstrendlinie. Ohne irgendwelche dramatischen Übernacht-Ereignisse notiert er aktuell 2,5% tiefer. Es ist deshalb immens wichtig, ob der S&P 500 die 2625 überwinden kann. Danach käme die 2650, dort liegt die 20-Tage-Linie, welche den Durchschnittschlusskurs der letzten 4 Handelswochen anzeigt. Erst wenn der S&P 500 auf Schlusskursbasis auch diese überwindet, also erfolgreich über seinen Kurzfristtrend klettert, kann beides zusammen als wichtige Bestätigung der Stimmungsaufhellung gewertet werden. Dann kann mit einiger Bestimmtheit gesagt werden, dass es sich bei der laufenden Erholung nicht um eine Falle für Optimisten handelt. Bis dorthin ist es gerade jetzt extrem gefährlich, denn pessimstisch aus der "a"-Brille betrachtet formuliert befinden wie uns ziemlich genau am oberen Wendepunkt des gültigen Abwärtstrends. Wir haben uns in dieser Woche antizyklisch verhalten und uns sukzessive offensiver positioniert, waren also in Gruppe „b“ zu finden. Wir haben aber „a“ dabei nie aus den Augen verloren und sind deshalb bei Weitem nicht voll investiert.
