WM ist wie Börse

Veröffentlicht am 15.07.2014, 10:24

Wahnsinn – Deutschland ist Fußballweltmeister! Das stellt mich vor ein Problem, das mir vorher nicht einmal im Traum eingefallen wäre: Was schreibt man in einem Börsen-Newsletter am Tag nach einem solchen Ereignis? Aber nach diesem Finale ist die Antwort ganz einfach. Von einer Fußball-WM im Allgemeinen und der deutschen Mannschaft im Besonderen konnten Sie diesmal viel für die Börse lernen.

Ein Lehrstück in Börsenpsychologie

Denn die WM lieferte uns geradezu ein Lehrstück in Sachen Börsenpsychologie. Das wundert Sie? Nun, schon André Kostolany wusste: „Es gibt keinen Narren, von dem man manchmal nicht etwas erfahren kann, das in das Mosaik einer Börsenüberlegung hineinpassen könnte.“ Warum also nicht als Börsianer von ein paar begnadeten Fußballspielern lernen?

Denn ein bisschen ist Fußball wie Börse. Und während einer WM können Sie das quasi im Zeitraffer erleben. Da gibt es Spannung pur (z.B. das Finale), aber trotzdem passiert lange Zeit nichts Entscheidendes. Das Gleiche, also ein ergebnisloses Geschehen, kann auch unter gähnender Langeweile zustande kommen (z.B. Halbfinale Argentinien-Niederlande).
Die einen feiern grandiose Erfolge, die für andere gleichzeitig ein Desaster historischen Ausmaßes darstellen (Deutschland-Brasilien). Und immer wieder geschieht Überraschendes („Favoritensterben“, Außenseitererfolge) und nichts ist berechenbar, wie Costa Rica in einer Gruppe mit drei ehemaligen Weltmeistern eindrucksvoll demonstrierte.

Was am Ende entscheidend ist

Die Helden von gestern können aber heute schon unter „Ferner liefen“ sein, wie Spanien, der Weltmeister von 2010, der schon nach der Vorrunde heimfahren musste. Wie an der Börse ist es dann meist so, dass eine scheinbar perfekte Strategie plötzlich nicht mehr funktioniert oder selbst die größten Chancen einfach nicht genutzt werden können.
Mitunter entscheidet nur ein Augenblick über Gewinn und Niederlage, über Euphorie und Enttäuschung wie wir auch im Endspiel wieder sahen. Und häufig gehört dann auch das berühmte Quäntchen Glück dazu – ohne geht es weder im Fußball noch an der Börse. Denn seien wir ehrlich: Vorvorgestern hat vielleicht die etwas schlechtere Mannschaft verloren, aber vor allem die glücklichere gewonnen. Es hätte genauso gut andersherum kommen können, und das wäre irgendwie auch in Ordnung gewesen.

Aber vielleicht ist „Glück“ das falsche Wort. Vielleicht war es am Ende ein Sieg der mentalen Stärke, genau wie es an der Börse häufig der Fall ist. Wenn es stimmt, dass die argentinischen Spieler übermäßigen Respekt vor Manuel Neuer hatten, dann war das ganz klar ein handfester psychologischer Vorteil. Und vielleicht entsprang auch das entscheidende Tor einem positiven mentalen Kraftakt, der letztlich den Erfolg brachte.

Erstaunliche, aber weltmeisterliche Einsichten

Psychologisch gab uns Börsianern jedenfalls die deutsche Mannschaft eine echte Steilvorlage – und das sogar noch nach dem Spiel. Klar dominierten verständlicherweise Freude und Euphorie. Aber selbst im größten Jubel verloren unsere Jungs nicht die Bodenhaftung und gewährten uns auch auf den ersten Blick erstaunliche, aber gerade deswegen weltmeisterliche Einsichten.

Diese äußerten sich in den Worten und Taten zweier Helden der deutschen Mannschaft. So verwies Manuel Neuer im Interview unmittelbar nach dem Spiel sofort darauf, wie wichtig alle Spieler des DFB-Teams für den Mannschaftsgeist waren, auch die nicht mitgereisten. Auf die etwas verwunderte Nachfrage des Reporters erwiderte er spontan: „Natürlich, die sind auch Weltmeister!“

Und der Torschütze Mario Götze hielt während der Siegerehrung mehrmals das Trikot seines Freunds und ehemaligen Vereinskameraden Marco Reus hoch, der wegen einer Verletzung bekanntlich kurzfristig für die WM ausfiel.

Was wirklich entscheidend für den Börsenerfolg ist

Eine solche Demut angesichts des Erfolgs ist auch für Börsianer nicht nur eine ausgezeichnete Eigenschaft, sondern vor allem eine wichtige Quelle des Erfolgs – und zwar langfristig. Denn erst wenn Sie Ihre Erfolge an den Börsen realistisch einordnen können, werden Sie nicht nur mit den Erfolgen, sondern vor allem auch den Verlusten viel besser umgehen.
Denn weder Ihre Erfolge noch Ihre Verluste sind – sofern Sie sich an Ihre (selbstgesetzten!) Regeln halten – auf Ihr Können oder Ihr Unvermögen zurückzuführen. Die Börse ist unberechenbar und nur ein Spiel mit den Wahrscheinlichkeiten. Diese können Sie im Laufe der Zeit nach und nach nurein kleines Stückchen zu Ihren Gunsten verschieben.

Das gelingt – je nach Börsenphase – mal besser, mal schlechter. „System“, „Taktik“ oder „Strategie“ haben damit nur am Rande zu tun. Viel wichtiger ist Ihr mentales „Grundgerüst“, das diese unabwendbaren Schwankungen abfedern muss. Und ein wichtiger Baustein dieses Gerüst ist eben die Demut, diese Gegebenheiten anzunehmen und eben nicht bei Erfolgen in Hybris und bei Misserfolgen in Verzweiflung zu verfallen.

Ihre mentale Stärke bestimmt Ihren Börsenerfolg!

Natürlich sind trotzdem ein fundiertes Wissen, sehr viel Übung, etwas Talent und natürlich ein wenig Glück nötig, um an der Börse wie im Fußball Erfolg zu haben. Aber wenn sich – wie vorgestern im Finale – zwei halbwegs gleichwertige Gegner gegenüberstehen, dann ist es oft die mentale Überlegenheit, die den Ausschlag gibt.
Im Fußball geht es – zumindest theoretisch – nur um sportliche Erfolge. An der Börse aber geht es um Ihr Geld und manchmal sogar um Ihr finanzielles Überleben. Also arbeiten Sie nicht so sehr an Ihrer „technischen“ Vervollkommnung, sondern vor allem an Ihrer mentalen Verbesserung.

Und lernen Sie dabei von den Besten, auch wenn es „nur“ Fußballweltmeister sind. Sie wissen ja, es gibt keinen Narren…

Torsten Ewert
Stockstreet GmbH

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