Fünf Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers, die den Höhe- bzw. Tiefpunkt der Finanzkrise 2007 bis 2009 markierte, sind die Märkte in Feierlaune: Der DAX erreichte ein neues Allzeithoch und knackte dabei die nächste runde Marke bei 8.600 Punkten.
Das Lehman-Jubiläum ist kein Thema an den Märkten
Den Grund für diesen Jubel machen Beobachter am Rückzug von Larry Summers, Ex-Finanzminister unter Bill Clinton und Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama, von einer möglichen Kandidatur für den Vorsitz der Fed fest. In der vergangenen Woche regte sich erheblicher Widerstand gegen Summers, selbst in den Reihen der regierenden Demokraten.
Mit dem Verzicht von Summers dürfte die Besetzung des Fed-Vorsitzes geräuschlos und vor allem ohne Verzögerungen und Verunsicherung über die Bühne gehen. Das ist in einer Zeit, in der die US-Notenbank eine Schlüsselrolle nicht nur für die US-Wirtschaft, sondern auch die Märkte spielt, ein ganz entscheidender Aspekt. Und das feiern nun offenbar die Börsen.
Eine ereignisreiche Woche steht uns bevor
Wie wichtig die Fed für die Börsen ist, werden wir in dieser Woche wieder erleben. Am morgigen Dienstag und am Mittwoch findet nämlich die nächste Fed-Sitzung statt. Danach wird nicht nur das übliche kurze Statement veröffentlicht, sondern der noch amtierende Fed-Vorsitzende Ben Bernanke stellt sich anschließend auf einer Pressekonferenz den Fragen der Journalisten.
Das ist eine gute Gelegenheit für Bernanke, die Intentionen der Fed deutlich zu machen und eventuelle geldpolitische Schritte ausführlicher zu erläutern. Aus diesem Grund erwarten die Märkte diesmal die Verkündung erster Maßnahmen zum vorgesehenen Ausstieg der Fed aus ihren laufenden Anleihekaufprogrammen.
Zur Erinnerung: Bei der vorherigen Pressekonferenz im Juni erfolgte die Ankündigung dieses Ausstiegsprogramms. Die Fed-Sitzung wird also von den Anlegern mit Spannung erwartet, denn es ist keineswegs klar, ob und wenn ja, in welchem Umfang die Fed ihre Anleihekäufe nun reduziert.
Aber das ist nicht der einzige wichtige Termin in dieser Woche. Zumindest für den DAX und andere europäische Blue-Chip-Indizes dürfte auch die Bundestagswahl am kommenden Sonntag von Bedeutung sein. Sollte es zu einer Patt-Situation kommen, in der keine der angekündigten Koalitionen (also CDU/CSU/FDP oder SPD/Grüne) eine regierungsfähige Mehrheit erhält, dann drohen möglicherweise längere und zähe Koalitionsverhandlungen. Die damit verbundene Unsicherheit könnte auch die Märkte negativ beeinflussen.
Neuralgische Marke zum Verfallstag
Bedeutsamer für die Börsen ist aber auf jeden Fall der bevorstehende große Verfallstag am Freitag. Diese Termine erweisen sich häufig als Wendepunkte für die Kurse, insbesondere wenn es im Vorfeld zu starken Kurbewegungen in eine Richtung kam. Häufig sind diese nur vorübergehender Natur, weil sie durch Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter ausgelöst wurden. Unter diesem Blickwinkel ist eine Analyse der Terminmarktdaten für den aktuellen Verfallstag sehr aufschlussreich (siehe Grafik):
Quelle: Eurex
Bei 8.200 liegt eine große Put-Position. Diese war in der vorigen Woche noch von größerer Bedeutung, als sich die Kurse im Einflussbereich dieser Marke bewegten. Mit dem Anstieg von heute hat sich der DAX deutlich von diesem Niveau entfernt, das damit eine kräftige Unterstützung darstellt.
Interessanter ist daher der Blick nach oben. Hier liegt bei 8.700 eine riesige Call-Position, die größte überhaupt zum aktuellen Verfallstermin. Eine solche Position deckelt natürlich die Kurse. Bei 8.700 Punkten liegt daher für den DAX bis Ende der Woche ein massiver Widerstand.
Da der DAX aktuell die 8.600-Punkte-Marke überwunden hat, erscheint damit das weitere kurzfristige Potenzial nach oben begrenzt. Das passt auch zu den erwähnten Unsicherheiten wie der bevorstehenden Fed-Entscheidung oder der Bundestagswahl. Denn üblicherweise halten sich die Anleger im Vorfeld solcher Termine eher zurück. Beachten Sie mögliche Sondereinflüsse!
Geht aber die jüngste Dynamik des Kursanstiegs weiter, dann kann es sein, dass dieser Widerstand trotzdem gebrochen wird. Denn auch unter der 8.700er Marke liegen im 100-Punkte-Abstand signifikante Calls (grüne Balken), die in den vergangenen Tagen abgesichert worden sein dürften. Solche Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter verstärken in der Regel die sie auslösende Kursbewegung, in diesem Fall also den Anstieg.
Steigt der DAX also in den kommenden Tagen über 8.700 Punkte, dann dürfte sich dieser Effekt weiter verstärken. Sie sollten also davon ausgehen, dass ein gewisser Teil des bisherigen Anstiegs aber insbesondere ein Sprung über 8.700 Punkte bis zum Donnerstag/Freitag hauptsächlich durch die Sondereinflüsse zum Verfallstag bedingt ist.
Warten Sie also ab, was die Märkte ab Freitagnachmittag bzw. kommenden Montag machen. Verfallstagsgetriebene Rallys brechen dann rasch wieder in sich zusammen.
Spannend wird dann, bis zu welchem Niveau ein Rücksetzer dabei geht. Erst dann lässt sich besser einschätzen, wie stark die Märkte derzeit tatsächlich sind.