* Renditen könnten noch stärker sinken
* Trendwende nur bei US-Konjunkturerholung wahrscheinlich
- Von Kirsti Knolle und Andrea Lentz -
Frankfurt, 25. Aug (Reuters) - Den mit immensen Schulden
belasteten Staaten kommt die Entwicklung gerade recht: Seit
Wochen sind die Renditen vieler Staatsanleihen auf historischer
Talfahrt. Die hiesige Bundesregierung etwa kann sich freuen,
dass sie Käufern ihrer zehnjährigen Bundesanleihe
"Eine Rendite von 2,0 Prozent bei den zehnjährigen Anleihen ist möglich, wenn die Hysterie über einen Rückfall in die Rezession und die Deflation andauert", konstatiert Zinsstratege Michael Rottmann von Unicredit. Am Mittwoch warf die zehnjährige Bundesanleihe zeitweise noch 2,095 Prozent ab. Deutsche Anleihen mit fünf Jahren Laufzeit bringen gerade noch etwas mehr als ein Prozent.
Dass bei einer Inflationserwartung von rund zwei Prozent in der Euro-Zone selbst mit zehnjährigen Papieren kaum noch Rendite eingefahren werden kann, dürfte viele Investoren zwar schmerzen. Doch angesichts der anhaltend unsicheren Aussichten für Konjunktur und Börsen beißen sie derzeit auch in diesen sauren Apfel. So groß ist derzeit die Angst selbst bei institutionellen Anlageprofis, sich mit riskanteren Papieren die Finger wieder zu verbrennen. "Damit sie nachts gut schlafen können, sind sie bereit, Kaufkraft zu verlieren", fasst Schnautz zusammen. Es gelte die Devise, sein Geld überhaupt wiederzubekommen.
Bestärkt wurde die neue Skepsis der Investoren Mitte August von der US-Notenbank Fed. Überraschend sagte sie den zuvor angedachten Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik ab und begründete dies mit der lauen US-Konjunkturentwicklung. Seither fürchten Anleger von Tokio bis New York, London und Frankfurt, dass die weltgrößte Volkswirtschaft in eine Rezession zurückfallen könnte.
MEHR RENDITE NUR MIT MEHR RISIKO
Nach Einschätzung von Experten können China, Japan und die
Euro-Zone kaum dagegenhalten. Ifo-Konjunkturexperte Klaus
Abberger warnte am Mittwoch bereits, eine neuerliche
US-Rezession würde führende Industrieländer wie Deutschland
unweigerlich mitreißen. Aktienmarktinvestoren sind daher
inzwischen weltweit auf dem Rückzug. Ihre Gelder legen sie trotz
mickrigster Renditen lieber in Staatsanleihen an - vorzugsweise
von Ländern, denen man noch halbwegs Stärke zutraut. Das sind
immer noch die USA oder Deutschland. Auch britische Anleihen
sind zunehmend gefragt: Die sogenannten Gilts
Je nachdem, wie rating-abhängig ein Anleger bei seinen
Investments ist, könnten laut Schnautz auch österreichische
Anleihen, französische und italienische Papiere an Attraktivität
gewinnen. "Wenn man selber gewisse Rendite-Zielvorgaben hat,
muss man fast gezwungenermaßen in mehr Risiko ausweichen." Und
wer das Risiko einer Staatspleite noch für geringer hält als
einen Kollaps am Aktienmarkt, kann für zehnjährige griechische
Anleihen
Mehrere Experten halten die Flucht in den Rentenmarkt für übertrieben. Citigroup-Volkswirt Jürgen Michels erwartet zwar auch, dass sich das Wirtschaftswachstum global in den kommenden Monaten verlangsamt. Einen Rückfall in eine Rezession fürchtet er aber nicht, wie er sagt. Somit schielen mal wieder alle Investoren vor allem Richtung USA: Erst wenn dort die Stimmung dreht, die Lage am Immobilienmarkt sich verbessert und die Arbeitslosigkeit sinkt, kann die US-Notenbank ihre Rhetorik wieder ändern und somit für Zuversicht sorgen. Und erst dann würden die Finanzminister von Washington über London bis Berlin für Zinszahlungen wieder tiefer in die Tasche greifen müssen.
(unter Mitarbeit von George Matlock und Daniela Pegna; redigiert von Olaf Zapke)