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HINTERGRUND-Flucht in Staatsanleihen - Gelderhalt ist das Gebot

Veröffentlicht am 25.08.2010, 15:03
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* Renditen könnten noch stärker sinken

* Trendwende nur bei US-Konjunkturerholung wahrscheinlich

- Von Kirsti Knolle und Andrea Lentz -

Frankfurt, 25. Aug (Reuters) - Den mit immensen Schulden belasteten Staaten kommt die Entwicklung gerade recht: Seit Wochen sind die Renditen vieler Staatsanleihen auf historischer Talfahrt. Die hiesige Bundesregierung etwa kann sich freuen, dass sie Käufern ihrer zehnjährigen Bundesanleihe gerade noch etwas mehr als zwei Prozent zahlen muss und damit so wenig wie nie zuvor. Ein weiteres Absacken der Rendite auf zwei Prozent und darunter ist für viele Finanzmarktprofis nur noch eine Frage der Zeit - ein Segen für den Finanzminister. "Kurzfristig halte ich eine Eins vor dem Komma für vorstellbar", sagt Rentenstratege David Schnautz von der Commerzbank.

"Eine Rendite von 2,0 Prozent bei den zehnjährigen Anleihen ist möglich, wenn die Hysterie über einen Rückfall in die Rezession und die Deflation andauert", konstatiert Zinsstratege Michael Rottmann von Unicredit. Am Mittwoch warf die zehnjährige Bundesanleihe zeitweise noch 2,095 Prozent ab. Deutsche Anleihen mit fünf Jahren Laufzeit bringen gerade noch etwas mehr als ein Prozent.

Dass bei einer Inflationserwartung von rund zwei Prozent in der Euro-Zone selbst mit zehnjährigen Papieren kaum noch Rendite eingefahren werden kann, dürfte viele Investoren zwar schmerzen. Doch angesichts der anhaltend unsicheren Aussichten für Konjunktur und Börsen beißen sie derzeit auch in diesen sauren Apfel. So groß ist derzeit die Angst selbst bei institutionellen Anlageprofis, sich mit riskanteren Papieren die Finger wieder zu verbrennen. "Damit sie nachts gut schlafen können, sind sie bereit, Kaufkraft zu verlieren", fasst Schnautz zusammen. Es gelte die Devise, sein Geld überhaupt wiederzubekommen.

Bestärkt wurde die neue Skepsis der Investoren Mitte August von der US-Notenbank Fed. Überraschend sagte sie den zuvor angedachten Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik ab und begründete dies mit der lauen US-Konjunkturentwicklung. Seither fürchten Anleger von Tokio bis New York, London und Frankfurt, dass die weltgrößte Volkswirtschaft in eine Rezession zurückfallen könnte.

MEHR RENDITE NUR MIT MEHR RISIKO

Nach Einschätzung von Experten können China, Japan und die Euro-Zone kaum dagegenhalten. Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger warnte am Mittwoch bereits, eine neuerliche US-Rezession würde führende Industrieländer wie Deutschland unweigerlich mitreißen. Aktienmarktinvestoren sind daher inzwischen weltweit auf dem Rückzug. Ihre Gelder legen sie trotz mickrigster Renditen lieber in Staatsanleihen an - vorzugsweise von Ländern, denen man noch halbwegs Stärke zutraut. Das sind immer noch die USA oder Deutschland. Auch britische Anleihen sind zunehmend gefragt: Die sogenannten Gilts werfen immerhin noch fast drei Prozent Rendite ab.

Je nachdem, wie rating-abhängig ein Anleger bei seinen Investments ist, könnten laut Schnautz auch österreichische Anleihen, französische und italienische Papiere an Attraktivität gewinnen. "Wenn man selber gewisse Rendite-Zielvorgaben hat, muss man fast gezwungenermaßen in mehr Risiko ausweichen." Und wer das Risiko einer Staatspleite noch für geringer hält als einen Kollaps am Aktienmarkt, kann für zehnjährige griechische Anleihen über elf Prozent Zinsen kassieren.

Mehrere Experten halten die Flucht in den Rentenmarkt für übertrieben. Citigroup-Volkswirt Jürgen Michels erwartet zwar auch, dass sich das Wirtschaftswachstum global in den kommenden Monaten verlangsamt. Einen Rückfall in eine Rezession fürchtet er aber nicht, wie er sagt. Somit schielen mal wieder alle Investoren vor allem Richtung USA: Erst wenn dort die Stimmung dreht, die Lage am Immobilienmarkt sich verbessert und die Arbeitslosigkeit sinkt, kann die US-Notenbank ihre Rhetorik wieder ändern und somit für Zuversicht sorgen. Und erst dann würden die Finanzminister von Washington über London bis Berlin für Zinszahlungen wieder tiefer in die Tasche greifen müssen.

(unter Mitarbeit von George Matlock und Daniela Pegna; redigiert von Olaf Zapke)

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