BERLIN (dpa-AFX) - Wegen der hohen Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise drohen den Staatsfinanzen in den nächsten Jahren wieder rote Zahlen. Vom kommenden Jahr kann der Gesamthaushalt von Bund, Ländern und Gemeinden aus Sicht der Stabilitätswächter von Bund und Ländern leicht ins Minus rutschen. "Ab dem Jahr 2016 wird ein annähernd ausgeglichener Staatshaushalt prognostiziert", teilte der Stabilitätsrat am Mittwoch in Berlin mit.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Länderressortchefs verwiesen nach den Beratungen auf die Risiken für die Etatplanung infolge der Flüchtlingszuwanderung. Schäuble betonte aber, Deutschland verfüge über solide öffentliche Finanzen.
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sagte mit Blick auf die Entwicklung der Flüchtlingszahlen: "Die aktuelle Lage ist gut. Aber die Prognoserisiken haben ziemlich nachdrücklich zugenommen." Nach den Worten des nordrhein-westfälischen Finanzministers Norbert Walter-Borjans (SPD) gibt es natürlich Unsicherheiten. Deshalb sei die weitere Entwicklung schwer vorherzusagen. "Es wird teuer."
Auch der Stabilitätsrat geht davon aus, dass die Flüchtlingskrise gestemmt werden kann: "Die erfolgreiche Konsolidierung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen in den vergangenen Jahren ermöglicht es aus derzeitiger Sicht, die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu bewältigen."
Der Bund peilt bisher auch für 2016 einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden an. Allerdings nutzt er Etatüberschüsse aus diesem Jahr und schafft sich für 2016 ein Finanzpolster von rund 6,1 Milliarden Euro. Nach unbestätigten Berichten könnten die Überschüsse in diesem Jahr auch bei bis zu 9 Milliarden Euro liegen. Das würde das Erreichen der "Schwarzen Null" auch 2016 erleichtern. Ob es erneut gelingt, hängt aber letztlich von der weiteren Entwicklung der Flüchtlingszahlen ab.
Schäuble hatte mehrfach erklärt, man fahre auf Sicht. In der Vorlage für den Stabilitätsrat steht für den Gesamtstaat für die Jahre 2016 bis 2019 beim Finanzsaldo jeweils ein Null. Dies und die Formulierung "annähernd ausgeglichen" kann ein leichtes Minus von bis zu 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung bedeuten, aber auch ein Plus von bis zu 0,25 Prozent.
Der Stabilitätsrat überwacht die Haushalte von Bund und Ländern. Bremen und das Saarland werden der Vorlage zufolge aufgefordert, in den nächsten Jahren weitere Sanierungsanstrengungen zu unternehmen, um ihre Haushalte ins Lot zu bringen.
Berlin wird bescheinigt, die vereinbarte Obergrenze bei der Neuverschuldung "mit großem Abstand" einzuhalten. Berlin werde sein Sanierungsverfahren im Jahr 2016 erfolgreich abschließen.
Bei Schleswig Holstein weist der Stabilitätsrat auf einen "erheblich gesunkenen Abstand" zur zulässigen Neuverschuldung hin - auch angesichts deutlich gestiegener Flüchtlingszahlen. Dennoch werde auch Schleswig-Holstein das Sanierungsverfahren 2016 abschließen.
Bremen, das Saarland, Berlin und Schleswig-Holstein stehen seit mehr als drei Jahren unter strenger Aufsicht. Diese hoch verschuldeten Länder mussten ein Fünf-Jahres-Programm zur Sanierung ihrer Haushalte vorlegen. Diese vier Länder sowie Sachsen-Anhalt bekommen zudem bis Ende 2019 Konsolidierungshilfen. Ab 2020 dürfen die Länder - anders als der Bund - keine neue Schulden mehr machen.