Börsen-Zeitung: Der Papagei ist tot, Kommentar zum Forderungsverzicht
privater Gläubiger gegenüber Griechenland, von Bernd Neubacher.
Frankfurt (ots) - In einem schönen Sketch der britischen
Komiker-Truppe Monthy Python hat der Kunde einer Tierhandlung große
Probleme, dem Mann im Laden begreiflich zu machen, dass der erst vor
einer halben Stunde im Geschäft erstandene Papagei, der da regungslos
im Käfig liegt, tot ist. Der Verkäufer aber nimmt ihm dies partout
nicht ab, selbst als der Kunde das Tier mit dessen Hinterkopf
rhythmisch auf die Ladentheke schlägt. Wie dieser Mann dürften
derzeit viele Anleger mit ihren auf Griechenland lautenden
Kreditausfallderivaten umgehen, nachdem der Weltfinanzverband IIF und
die Regierung in Athen einen Forderungsverzicht privater Gläubiger
von nominell 53,5% ausgehandelt haben. Jeder weiß: Hellas ist so
pleite, wie der schon seltsam starr wirkende Papagei tot ist. Wenn
die Inhaber von Credit Default Swaps (CDS) bei dem als freiwillig
apostrophierten Schuldentausch nun dennoch leer ausgehen, zeigt dies,
wie notfalls Regeln verbogen werden, um unwägbare Kettenreaktionen am
Markt zu verhindern und politisch opportune Resultate zu kreieren.
Auch umgekehrt aber wird ein Schuh daraus. Denn was ist ein
Produkt wert, das im Ernstfall nicht hält, was es verspricht? In
ihrer kurzen und recht unerquicklichen Geschichte haben CDS bisher
vor allem Verwirrung gestiftet, denn sie suggerieren Sicherheit, wo
keine ist. Oft werden sie ohnehin weniger dazu benutzt, um reale
Risiken abzusichern - dafür gibt es Versicherer. Vor allem scheint
ihr Zweck virtuelle Risikostreuung der Ergebnisrechnung zuliebe zu
sein. Dies gilt allem voran für CDS auf Staaten. Fällt ein Staat als
Schuldner aus, haben dort ansässige Banken ganz andere Probleme, ob
sie nun CDS gekauft haben oder nicht. Fast belustigt wird bei
Aufsehern gleichwohl von Häusern berichtet, die Derivate auf den
Heimatstaat verkaufen - an Banken im selben Land. Eigentlich müsste
der Käufer anschließend im Interesse seiner Aktionäre darauf
hinwirken, dass sein Heimatland ausfällt.
Neben neuen Abschreibungen bei Banken und nochmals vermindertem
Appetit der Institute auf Staatsanleihen wird der nun vereinbarte
Hellas-Haircut zur Folge haben, dass manche Anleger ihre Chance darin
sehen, auf ein Scheitern des Anleihetauschs zu setzen und dieses nach
Kräften zu befördern. Auch dies ist ein Argument, Kreditderivate,
ungedeckte zumal, abzuschaffen. Damit es nicht bald schon wieder
heißt: Nein, der Papagei ist nicht tot. Er ruht sich nur aus. Er
liegt gern auf dem Rücken, denn das ist gut für seine Wirbelsäule.
(Börsen-Zeitung, 22.2.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
privater Gläubiger gegenüber Griechenland, von Bernd Neubacher.
Frankfurt (ots) - In einem schönen Sketch der britischen
Komiker-Truppe Monthy Python hat der Kunde einer Tierhandlung große
Probleme, dem Mann im Laden begreiflich zu machen, dass der erst vor
einer halben Stunde im Geschäft erstandene Papagei, der da regungslos
im Käfig liegt, tot ist. Der Verkäufer aber nimmt ihm dies partout
nicht ab, selbst als der Kunde das Tier mit dessen Hinterkopf
rhythmisch auf die Ladentheke schlägt. Wie dieser Mann dürften
derzeit viele Anleger mit ihren auf Griechenland lautenden
Kreditausfallderivaten umgehen, nachdem der Weltfinanzverband IIF und
die Regierung in Athen einen Forderungsverzicht privater Gläubiger
von nominell 53,5% ausgehandelt haben. Jeder weiß: Hellas ist so
pleite, wie der schon seltsam starr wirkende Papagei tot ist. Wenn
die Inhaber von Credit Default Swaps (CDS) bei dem als freiwillig
apostrophierten Schuldentausch nun dennoch leer ausgehen, zeigt dies,
wie notfalls Regeln verbogen werden, um unwägbare Kettenreaktionen am
Markt zu verhindern und politisch opportune Resultate zu kreieren.
Auch umgekehrt aber wird ein Schuh daraus. Denn was ist ein
Produkt wert, das im Ernstfall nicht hält, was es verspricht? In
ihrer kurzen und recht unerquicklichen Geschichte haben CDS bisher
vor allem Verwirrung gestiftet, denn sie suggerieren Sicherheit, wo
keine ist. Oft werden sie ohnehin weniger dazu benutzt, um reale
Risiken abzusichern - dafür gibt es Versicherer. Vor allem scheint
ihr Zweck virtuelle Risikostreuung der Ergebnisrechnung zuliebe zu
sein. Dies gilt allem voran für CDS auf Staaten. Fällt ein Staat als
Schuldner aus, haben dort ansässige Banken ganz andere Probleme, ob
sie nun CDS gekauft haben oder nicht. Fast belustigt wird bei
Aufsehern gleichwohl von Häusern berichtet, die Derivate auf den
Heimatstaat verkaufen - an Banken im selben Land. Eigentlich müsste
der Käufer anschließend im Interesse seiner Aktionäre darauf
hinwirken, dass sein Heimatland ausfällt.
Neben neuen Abschreibungen bei Banken und nochmals vermindertem
Appetit der Institute auf Staatsanleihen wird der nun vereinbarte
Hellas-Haircut zur Folge haben, dass manche Anleger ihre Chance darin
sehen, auf ein Scheitern des Anleihetauschs zu setzen und dieses nach
Kräften zu befördern. Auch dies ist ein Argument, Kreditderivate,
ungedeckte zumal, abzuschaffen. Damit es nicht bald schon wieder
heißt: Nein, der Papagei ist nicht tot. Er ruht sich nur aus. Er
liegt gern auf dem Rücken, denn das ist gut für seine Wirbelsäule.
(Börsen-Zeitung, 22.2.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de