Investing.com - Der Gold Rush setzt sich 11 Stunden vor der mit Spannung erwarteten zinspolitischen Entscheidung der Federal Reserve fort. Wall Street-Analysten erwarten zum ersten Mal seit der großen Finanzkrise 2008 eine Zinssenkung von der Notenbank.
Die Goldpreise steigen den vierten Tag in Folge, während die internationalen Anleiherenditen als Reaktion auf schwache Konjunkturdaten aus Japan und Europa weiter fallen.
Der Kassakurs für Gold handelte zuletzt auf 1.430,66 Dollar je Feinunze und gewann damit 0,3 Prozent.
Der Gold-Future zur Lieferung im August, der an der Comex von der New York Mercantile Exchange gehandelt wird, stieg 9,30 Dollar oder 0,7 Prozent auf 1.429,70 Dollar.
Investoren gehen zunehmend davon aus, dass der Tag einer Zinssenkung näher kommt. Der Markt taxiert die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte am Mittwoch auf 100 Prozent.
Die Wahrscheinlichkeit eines großen Zinsschritts ist am Dienstag zunächst etwas gestiegen, aber ist nach einer Reihe von guten US-Konjunkturdaten wieder gesunken. Nach wie vor gehen die Finanzmarktexperten jedoch von zwei weiteren Zinssenkungen im September und Dezember um jeweils 25 Basispunkte aus. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt bei über 50 Prozent.
Diejenigen, die auf einen steigenden Goldpreis gesetzt haben, sind in den vergangenen Wochen im Kielwasser einer großen Zinssenkung geschwommen.
Der Goldpreis profitiert in der Regel von niedrigeren Zinsen, da die Opportunitätskosten des renditelosen Metalls sinken.
"Die Anleger fragen sich, ob die antizipierte Zinssenkung der Fed um 25 Basispunkte ausreicht, um die Märkte auf dem hohen Niveau zu halten, da einige Analysten an diesem Treffen eine große Zinssenkung erwarten", sagte Fawad Razaqzada, Analyst bei FOREX.com in London.
"Und hier könnte es für Gold-Bullen zu einer herben Enttäuschung kommen, da die Fed vielleicht nicht so taubenhaft sein wird, wie es viele von ihr erwarten", schreibt Barani Krishnan, Rohstoffanalyst bei Investing.com.
Joseph Brusuelas, Chefökonom bei der Unternehmensberatung RSM US LLP, sagte in einer Kundennotiz am Dienstag, dass die Abstimmung der Fed für die Zinsen die Märkte überraschen könne.
"Angesichts der großen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ausschussmitgliedern über die Wirksamkeit einer Zinssenkung zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zur Einsparung von so viel monetärer Feuerkraft wie möglich für das Ende des aktuellen Konjunkturzyklus, wird es wahrscheinlich mindestens einen Abweichler geben", sagte Brusuelas.
Der Zentralbank-Watcher von Investing.com, Darrell Delamaide, schrieb in einer Vorschau auf die Fed-Sitzung, dass der geldpolitische Begleittext sowie die Pressekonferenz von Jerome Powell wichtiger seien als die Zinssenkung selbst.
"Die Reaktion des Marktes in dieser Woche wird stark davon abhängen, wie der Ausschuss seine gemeinsame Botschaft formuliert und vor allem davon, wie Fed-Chef Jerome Powell die Gedanken der Notenbanker erklären wird."
"Sollte er erneut die Gefahren und Risiken für die Konjunktur betonen, besonders durch die Handelsspannungen, dann können die Investoren an ihrem Glauben festhalten, dass weitere Zinssenkungen in der Pipeline sind."
Unterdessen hat die Bank of Japan in der Nacht von Montag auf Dienstag die Leitzinsen auf dem aktuellen Niveau belassen. Obwohl sie ihre Inflationsprognose nach unten korrigiert hat, hat sie die Forward Guidance bezüglich der Zinsen nicht weiter hinausgeschoben.
In Deutschland enttäuschte das Verbrauchervertrauen nach Lesart GfK. Das Konsumklima-Barometer für August sank um 0,1 Zähler auf 9,7 Punkte und liegt damit auf dem tiefsten Stand seit April 2017, wie die GfK zu ihrer monatlichen Umfrage unter 2000 Verbrauchern mitteilte. Zugleich sank das von der EU-Kommission erhobene Barometer für die Stimmung in der Wirtschaft der Eurozone mit 102,7 Punkte auf den tiefsten Stand seit vier Jahren. Eine geldpolitische Lockerung durch die Europäische Zentralbank im September wird damit immer wahrscheinlicher.
All das und mehr beförderten die französischen und deutschen Zinspapiere in Richtung Rekordtiefs. Die Zehnjahresrendite aus Deutschland sank auf -0,40 Prozent, während das Pendant aus Frankreich bei -0,14 Prozent rentierte.