Investing.com - Nach der jüngsten Zolldrohung Trumps gegen China ist es an den Finanzmärkten wieder etwas turbulenter geworden. Der Goldpreis profitiert zumindest kurzfristig vom etwas abnehmenden Risikoappetit. Dagegen verbuchen Dow Jones, S&P 500, Nasdaq und Dax Kursverluste.
Der Gold-Future zur Lieferung im Dezember, der an der COMEX gehandelt wird, ist 2,90 Dollar oder 0,19 Prozent auf 1.477 Dollar je Feinunze gestiegen. Letzte Woche markierte das gelbe Metall mit 1.446,20 Dollar den tiefsten Stand seit Ende Juli. Im Anschluss daran setzte eine Erholung ein, die den Goldpreis wieder neues Leben einhauchte. Mit 1.479,15 Dollar erreichte dieser heute Morgen ein neues Dreiwochenhoch.
Spot-Gold verteuerte sich um 4,28 Dollar oder 0,30 Prozent auf 1.476,70 Dollar je Feinunze.
Die Hoffnung auf einen Handelsdeal zwischen den USA und China schwindet, heißt es am Mittwochmorgen. "Da die Handelsgespräche nach wie vor das allbeherschende Thema sind, wir uns dem US-Zolltermin am 15. Dezember rasch nähern, China ziemlich verärgert ist (wegen Hongkong) und US-Präsident ein Amtenthebungsverfahren am Hals hat, steigen die Risiken einer größeren Korrektur (an den Aktienmärkten)", schreibt Jeffrey Halley von MarketPulse in einer Notiz.
Gestern drohte Präsident Donald Trump seinem chinesischen Pendant Xi Jinping mit einer Zollerhöhung. Peking solle bis zum 15. Dezember besser ein begrenztes Handelsabkommen mit Washington unterzeichnen. Ansonsten werden die Zölle für China "noch mehr steigen", so Trump.
Seperat hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf einen Insider berichtet, dass China die sofortige Aufhebung aller nach Mai verhängten Zölle fordere. Aber auch die zuvor erlassenen Zölle sollen schrittweise abgebaut werden. In dem entsprechenden Artikel heißt es zudem, dass das Weiße Haus die Möglichkeit diskutiere, die Zölle um einen bestimmten Prozentsatz zurückzunehmen. Zwar herrsche noch keine Einigkeit unter den Regierungsvertretern, so Bloomberg, aber der angepeilte Zoll-Rollback rangiere zwischen 35 bis 60 Prozent.
Heute Morgen dann ein Tweet vom Chefredakteur der Global Times Hu Xijin: "Nur wenige Chinesen glauben, dass China und die USA bald einen Deal erreichen können" - und selbst wenn dieser zustande käme, dürfte er kaum relevant sein. China bereite sich auf einen langen Handelskrieg vor, so das Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas.
Von größerer Relevanz für die Märkte dürfte aber die Verabschiedung eines Gesetzesentwurf im US-Senat sein, der die Pro-Demokratie Demonstranten in Hongkong unterstützt. Das chinesische Außenministerium verurteilte das Gesetz und drohte mit Gegenmaßnahmen.
"Aufgrund der Hongkong-Resolution, die bald auf dem Tisch von Trump landen dürfte, besteht eindeutig das Risiko, dass die Gespräche wieder einmal aus dem Ruder laufen", glaubt Christin Tuxen, Chefanalystin bei der Danske Bank (CSE:DANSKE).
Auch die Finanzexperten von apano sehen den Abschluss der Handelsgespräche zwischen den USA und China gefährdet, falls Donald Trump die Resolution unterzeichnet. "Wir hatten in unserem Blog schon mehrmals auf die problematische Bedeutung Hongkongs im Handelsstreit hingewiesen und u.a. aus diesem Grund in den beiden von uns betreuten apano-Fonds - Apano Hi Strategie 1, Apano Global Systematik Fv - den Investitionsgrad bereits letzte Woche abgesenkt. Genau diese Empfehlung ist heute von mehreren Seiten zu hören."
Von der wiederaufflammenden Handelsunsicherheit profitierten auch US-Staatsanleihen, die am Mittwoch wieder auf den Kauflisten standen. Der iShares 20+ Year Treasury Bond (NASDAQ:TLT) kletterte am Dienstag um 0,88 Prozent nordwärts. Für den iShares TIPS Bond (NYSE:TIP) ging es um 0,18 Prozent nach oben. Entsprechend ging es für die US-Renditen abwärts. Die Zehnjahresrendite verlor zuletzt mehr als 2 Prozent.
Die abnehmende Risikobereitschaft der Anleger spiegelte sich auch im Verhalten des japanischen Yens wieder, der um 0,08 Prozent gegenüber dem US-Dollar aufwertete. Der klassische Proxy für den Risikoappetit, der AUD/JPY, wertete um 0,27 Prozent ab.
All das begünstigt am Mittwoch den Goldpreis. Fragt sich nur, wie lange. Zumindest in den letzten Wochen wurden solche kurzfristigen Risk-Off-Moves immer wieder abgelöst durch frisch aufkommenden Handelsoptimismus, der trotz aller längerfristigen Ungleichgewichte zwischen den beiden Nationen die altbekannten Strategien wiederbelebte, also rein ins Risiko, raus aus Sicherheit.
Um 20 Uhr steht das FOMC-Sitzungsprotokoll auf der Agenda. Die Federal Reserve hat die Zinsen in diesem Jahr bereits drei Mal gesenkt. Allerdings signalisierte Fed-Chef Jerome Powell auf seiner Pressekonferenz Ende Oktober, dass man vorerst eine Zinspause einlegen werde, außer die US-Wirtschaft gerät in Schwierigkeiten.
"Wir gehen davon aus, dass die Diskussionen die Frage aufgreifen werden, welche "wesentliche Neubewertung" der Aussichten das FOMC veranlassen würde, seine geldpolitische Haltung zu ändern", erklärten die Analysten von TD Securities.
Vor den Minutes der US-Notenbank dürfte sich der Goldpreis in engen Preisbahnen bewegen. Noch ist das Chartbild neutral bis bärisch. Mit der höheren Handelsunsicherheit könnte das gelbe Metall jedoch den ersten, relevanten Widerstand bei 1.482 Dollar ins Visier nehmen. Gelingt der Spurt über diese Hürde, bestünde Aufwärtspotenzial auf die Schlüsselmarke in Form einer Abwärtstrendlinie ausgehend vom Mehrjahreshoch bei 1.504 Dollar. Bricht diese Marke, ist die Hölle los, aber da sind wir ja noch nicht. Positiv zu werten sind die Kaufsignale im MACD und Stochastik. Auch der RSI zeigt nach oben, bleibt aber unter 50. Rutscht Gold wieder unter 1.468 Dollar, würde sich das Chartbild wieder zugunsten der Bären aufhellen und ein Bruch der Unterstützung bei 1.459 Dollar wäre dann nicht auszuschließen.
von Robert Zach