Investing.com - Großes Aufatmen bei den Gold-Bullen: Trotz der aufkeimenden Hoffnung auf einen Impfstoff und einer damit einhergehenden Rückkehr auf einen steileren Wachstumspfad erwarten die Analysten von Goldman Sachs (NYSE:GS) und Citi eine Fortsetzung der Goldpreis-Rally.
Anfang August erreichte der Goldpreis mit 2.063 Dollar ein Allzeithoch. Hintergrund waren die anhaltenden Anleihekäufe der Notenbanken, die für dauerhaft niedrige Nominalzinsen sorgten. Gleichzeitig stiegen die Inflationserwartungen aufgrund des massiven fiskalischen Impulses, so dass die Realzinsen auf ein Rekordtief fielen.
Gold profitiert von niedrigen oder negativen realen Zinsen, da beim Halten des Edelmetalls keine negativen Zinserträge entstehen.
Mit der Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Wirtschaft sowie der baldigen Ankunft wirksamer Impfstoffe stieg jedoch der Realzins moderat an, was den Goldpreis in den letzten Monaten um mehr als 250 Dollar gen Süden beförderte.
Der an der COMEX-Sparte der New Yorker Handelsbörse Nymex gehandelte Gold-Future für die Dezember-Lieferung stieg gegen 08:52 Uhr um 0,14 Prozent oder 2,40 Dollar auf 1.807 Dollar je Feinunze. Der Spot-Goldpreis gewann 0,05 Prozent oder 1,14 Dollar auf 1.810 Dollar je Feinunze.
Steigende Goldpreise 2021 "unumgänglich"
Trotz der jüngsten Korrektur erwarten die zwei Wall-Street-Banken - Citigroup (NYSE:C) und Goldman Sachs - aber keine Fortsetzung der Talfahrt.
Zwar sei angesichts der Impfstoff-Meldungen eine Verlangsamung der laufenden Gold-Hausse zu erwarten, räumt Citi-Rohstoffchef Aakash Doshi ein, der von CNBC zitiert wird. Aber ein Ende des säkularen Bullenzyklus sei nicht absehbar. Es sei "unumgänglich", dass die Goldpreise im Jahr 2021 wieder über die Marke von 2.000 zurückkehren würden. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Federal Reserve nicht plötzlich die geldpolitischen Zügel straffe, meinte er.
Citi erwartet, dass der Goldpreis Ende 2020 bei etwa 1.900 Dollar je Unze stehen wird. Seit Jahresbeginn hätte Gold damit satte 22,5 Prozent Plus gemacht. Doshi wies darauf hin, dass diese Performance im Vergleich zu den mehrjährigen Gold-Haussen in den Jahren 1971-1980, 2001-2007 und 2009-2012 um 2,5 Prozentpunkte über der durchschnittlichen Jahresrendite liege.
Laut Doshi steht der Goldpreis noch immer gut 30 bis 35 Prozent unter dem Höchststand von 1980, vorausgesetzt Gold hätte mit der Inflation - gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI) - Schritt gehalten.
Da die amerikanische Notenbank Fed sowohl die Nominal- als auch die Realzinsen voraussichtlich niedrig halten wird, gibt es laut Doshi Spielraum für höhere Goldnotierungen und das, obwohl die Preise seit August im Zuge "spekulativer Händler", die sich sich auf wöchentliche oder monatliche Trends konzentrieren, zurückgegangen sind.
"Für langfristig orientierte Value-Käufer, die auf kurze Sicht preisunelastischer sind, gehört das konstruktive, aufeinander folgende vierteljährliche Renditeprofil für Gold unter dem aktuellen Marktregmine jedoch zu den robustesten seit fünf Jahrzehnten", sagte er.
"Dies hat zu einer neuen Vermögensallokation in Gold von nicht-traditionellen Akteuren wie Family Offices, Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds geführt".
Die Schwäche der Goldnachfrage in den letzten Wochen ist auf einen steilen Rückgang der Käufe des öffentlichen Sektors, eine schwache Kaufaktivität von börsengehandelten Fonds und eine Rezession auf dem Schmuckmarkt zurückzuführen, die tiefer als während der großen Finanzkrise ist.
Citi glaubt jedoch, dass eine Abwertung des US-Dollars in Verbindung mit einer erwarteten Erholung der Nachfrage in den Schwellenländern der nächste Katalysator für Investorenzuflüsse in Gold sein könnte. Die US-Bank hat ein sechs- bis zwölfmonatiges Preisziel von 2.325 Dollar pro Unze festgelegt. Das Bull-Case-Szenario, dem eine Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent zugerechnet wird, sieht ein Überschreiten des Goldpreises von 2.700 Dollar pro Unze im gleichen Zeithorizont vor.
Strukturelle Gold-Hausse intakt
Goldman Sachs äußerte sich kürzlich ähnlich. Die Goldmänner bekräftigten ihr Goldpreisziel für 2021 bei 2.300 Dollar pro Unze und verwiesen dabei auf eine erwartete Erholung der Nachfrage aus den Schwellenländern sowie weitere Rückgänge der US-Realzinsen verwies.
Die Analysten von Goldman führten auch eine Erholung der Nachfrage in den entwickelten Märkten an, die auf "Bedenken hinsichtlich Währungsabwertungen und der Erholung der Einzelhandelsaktivitäten" beruht.
"Unserer Ansicht nach erscheint die jüngste Bewegung (bei Gold) im Verhältnis zu den Veränderungen der 10- und 5-jährigen Realzinsen (NYSE:TIP) in den USA unverhältnismäßig und ist wohl auch durch die große Rotation in Value (NYSE:IVE) von defensiven Vermögenswerten wie Gold und langfristigen Wachstumswerten zu erklären", so die Goldman-Analysten Mikhail Sprogis und Jeffrey Currie in der Notiz.
"Die strukturelle Gold-Hausse ist unserer Meinung nach noch nicht vorbei und wird im nächsten Jahr wieder einsetzen, da die Inflationserwartungen steigen, der US-Dollar schwächer wird und sich die Einzelhandelsnachfrage in den Schwellenländern weiter erholt".
Bullenmarkt bei Edelmetallen "noch extrem früh"
Laut dem Hedgefonds Crescat Capital LLC ist es "noch extrem früh" in dem Bullenmarkt bei Edelmetallen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Gold, Silber und Minenaktien wieder den Vorwärtsgang einlegen und dann in den nächsten Jahren fette Gewinne einbringen.
"Gold hat bereits annähernd so stark korrigiert wie während des Crashs im Februar und März dieses Jahres. Dieses Mal besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied im Marktverhalten, was auf ein noch immer frühzyklisches Makroumfeld für Gold und Silber hindeutet", schrieb Crescat in einer Mail an Investing.com.
Das Zwillingsdefizit steigt, und eine anhaltende Monetarisierung der Staatsschulden gilt als fast sicher, erläuterte der Hedgefonds "Aus diesem Grund ist die kürzliche Ernennung der ehemaligen Fed-Chefin, Janet Yellen, für unsere These relevant, da wir weiterhin Bemühungen zur Zusammenführung von Geld- und Fiskalpolitik sehen sollten".
Als Katalysator für den nächsten Hausse-Impuls bei Gold macht Crescat die Bilanzsumme der Fed aus, die in letzter Zeit wieder anstiegen ist.
Bei den positiven Impfstoff-Meldungen, die laut Konsens eine dynamischere Konjunkturbelebung auslösen und das Ende des Bullenmarktes bei Gold bedeuten sollen, handele es sich dem Hedgefonds zufolge lediglich um ein Rauschen. "Die makroökonomischen Gründe sprechen weiterhin für Long bei Edelmetallen", glaubt der Hedgefonds.
Dabei verweisen die Experten auf die Entwicklung des Goldpreises in Relation zur Geldmenge M2, die trotz der jüngsten Geldschwemme auf historisch niedrigem Niveau liegt.
Westpac im Lager der Gold-Skeptiker
Skeptischer äußerte sich da schon Australiens älteste Bank. "2020 hat einen Höhepunkt der Risikoaversion, der Zentralbankliquidität und der globalen Unsicherheit erreicht, daher lautet unsere Prognose, dass der Goldpreis 2021 nachgeben wird", sagte Analyst Justin Smirk.
Aus diesem Grund sei eine größere Korrektur zu erwarten, die angesichts des heiß gelaufenen Goldpreises auch mehr als gesund wäre.
Westpac sieht den Goldpreis bis Ende nächsten Jahres durchschnittlich unter 1.760 Dollar je Unze. Bis Ende 2022 soll er dann auf 1.633 Dollar fallen.
Die Lage ändert sich erst Mitte 2023, dann soll das Edelmetall allmählich wieder klettern und gemäß der langfristigen Prognose der Bank bis September 2024 auf 1.848 Dollar steigen.
Die erfreulichen Meldungen über nahende Covid-19-Impfstoffe hat an den Finanzmärkten im November zu einer massiven Risk-On-Rally geführt, was sich zugleich in einem nachlassenden Goldinteresse niedergeschlagen hat.
Hinweis: Hier geht es zur Seite mit den Rohstoff-Future-Kursen, hier zum Gold-Chart, hier zur technischen Gold-Übersichtsseite und hier zu den Gold-Einzelkontrakten. Die wichtigsten Wirtschaftsereignisse des Tages finden Sie in unserem Wirtschaftskalender.