Investing.com - Die Rekordjagd am Goldmarkt ist nach Einschätzung von Westpac vorerst beendet. "2020 hat einen Höhepunkt der Risikoaversion, der Zentralbankliquidität und der globalen Unsicherheit erreicht, daher lautet unsere Prognose, dass der Goldpreis 2021 nachgeben wird", sagt Analyst Justin Smirk.
Aus diesem Grund sei eine größere Korrektur zu erwarten, die angesichts des heiß gelaufenen Goldpreises auch mehr als gesund wäre.
In dem zu Ende gehenden Monat November rutschte der Goldpreis bislang um über 3,5 Prozent ab. Das wäre der vierte Monatsverlust des laufenden Jahres. Seit Anfang Januar hat das gelbe Metall mehr als 16 Prozent zugelegt.
Westpac sieht den Goldpreis bis Ende nächsten Jahres durchschnittlich unter 1.760 Dollar je Unze. Bis Ende 2022 soll er dann auf 1.633 Dollar fallen.
Die Lage ändert sich erst Mitte 2023, dann soll das Edelmetall allmählich wieder klettern und gemäß der langfristigen Prognose der Bank bis September 2024 auf 1.848 Dollar steigen.
Die erfreulichen Meldungen über nahende Covid-19-Impfstoffe hat an den Finanzmärkten im November zu einer massiven Risk-On-Rally geführt, was sich zugleich in einem nachlassenden Goldinteresse niedergeschlagen hat.
Nach der Konsolidierungsphase im Oktober erreichte alle wichtigen Aktienindizes in den USA neue Rekordhochs, darunter der Dow Jones, der S&P 500, der Nasdaq Composite und auch der Russell 2000. Diesmal waren es aber nicht die Tech-Schwergewichte (NYSE:XLK) wie Apple (NASDAQ:AAPL), Amazon (NASDAQ:AMZN), Google (NASDAQ:GOOGL), Microsoft (NASDAQ:MSFT) oder Facebook (NASDAQ:FB), die die Rallye angetrieben haben, sondern die während der Corona-Krise heruntergeprügelten Value-Aktien (NYSE:IVE). Das spiegelt sich in erster Linie im S&P 500 EQUAL WEIGHTED nieder, der dank der jüngsten Outperformance der Value-Titel ebenfalls ein neues Rekordhoch erreichen konnte, was eine gesunde Entwicklung am Aktienmarkt anzeigt.
Der an der COMEX-Sparte der New Yorker Handelsbörse Nymex gehandelte Gold-Future für die Dezember-Lieferung fiel um 0,05 Prozent oder 77,20 Dollar auf 1.953 Dollar Dollar je Feinunze. Das Tageshoch liegt bei 2.030 Dollar. Der Spot-Goldpreis verlor 3,88 Prozent oder 78,06 Dollar auf 1.950 Dollar je Feinunze.
"Die US-Aktienmärkte legen dank positiver Impfstoff-Meldungen zu. An den Devisenmärkten erholte sich der USD infolge robuster US-PMI-Daten von seinem Dreimonatstief. Die US-Anleiherenditen erhöhten sich ebenfalls leicht", so die Westpac-Strategen.
Die Ankunft von Impfstoffen sei für die US-Wirtschaft "ein Game Changer", sagte Westpac-Chefökonom Bill Evans.
"Unsere Prognosen waren auf relativ stabile US-Treasuries im Jahr 2021 ausgerichtet, da die Märkte angesichts der gegensätzlichen "Kräfte" - die Aussichten für einen Impfstoff und den rasant steigenden Fallzahlen - sehr unsicher über die Perspektiven für eine Erholung waren", meinte Evans.
Anfang dieser Woche ergaben Zwischenergebnisse aus klinischen Studien, dass der Oxford-AstraZeneca (LON:AZN)-Impfstoff eine durchschnittliche Wirksamkeit von 70 Prozent gegen das Virus aufweist. Bei einer Anpassung der Dosierung konnte der Schutz auf bis zu 90 Prozent gesteigert werden, so die Forscher.
Die Wirksamkeit der Vakzine von Pfizer (NYSE:PFE)/BioNTech (NASDAQ:BNTX) und Moderna (NASDAQ:MRNA) liegt dagegen höher, nach aktuellen Daten bei rund 95 Prozent.
An den Märkten gilt ein wirksamer Impfstoff als Voraussetzung dafür, dass sich der Konjunkturausblick nachhaltig aufhellt. Schließlich würde dies zukünftige Lockdown-Maßnahmen unwahrscheinlicher machen.
"Diese schneller und überzeugender als erwarteten Impfstoff-Ergebnisse ... deuten darauf hin, dass die Märkte zunehmend auf den Erfolg der Impfstoffe bauen und steigende Fallzahlen ignorieren. Und im Laufe des Jahres 2021 wird diese Dynamik noch deutlicher zum Vorschein kommen", sagte Evans.
Ein optimistischerer Wirtschaftsausblick könnte auch die Federal Reserve unter Druck setzen, ihre ultralaxe Geldpolitik im nächsten Jahr allmählich zurückzufahren, fügte der Chefökonom hinzu.
"Wir akzeptieren, dass die Federal Reserve auch 2021 aktiv QE betreiben dürfte, sind aber der Meinung, dass der Optimismus, der mit der erfolgreichen Verteilung von Impfstoffen im kommenden Jahr einhergeht, die treibende Marktkraft darstellen wird, während die Fed einen gewissen Spielraum hat, um ihre Stützungsmaßnahmen zurückzuschrauben", stellte er fest.
Die von der Fed während der Corona-Krise bereitgestellte Liquidität sowie die von der Regierung geschürten Hilfspakete waren einer der wesentlichen Gründe, warum der Goldpreis im August als Reaktion auf rekordtiefe Realzinsen über 2.000 Dollar ein neues Rekordhoch markiert hatte. Sollte die US-Notenbank tatsächlich im kommenden Jahr einen Teil ihrer Stützungsmaßnahmen zurückfahren und sich die Wirtschaft schneller erholen als erwartet, dürfte dies auch die Realzinsen (NYSE:TIP) weiter leicht nach oben treiben, was den Goldpreis zumindest auf mittelfristige Sicht belasten wird.
"Ohne ein bedeutendes, mittelfristig ausgerichtetes Konjunkturpaket im Januar läuft die US-Wirtschaft jedoch immer noch Gefahr, im Jahr 2021 in ein Umfeld mit geringem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit zu geraten", glaubt die australische Großbank.