(neu: Stellungnahme Lufthansa-Konzern, aktualisierte Aktienkurse, Reaktion aus Mainz)
FRANKFURT/KASSEL (dpa-AFX) - Der Frankfurter Flughafen muss sich auf einen Winter ohne Nachtflüge einstellen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel kippte am Dienstag einen früheren Beschluss, der ab der Inbetriebnahme der neuen Landebahn Ende Oktober vorläufig 17 Starts und Landungen zwischen 23.00 und 5.00 Uhr zugelassen hätte. Bei der Frachtfluggesellschaft Lufthansa Cargo, die besonders stark von Nachtflügen abhängig ist, zeigte man sich geschockt: Der Winterflugplan muss binnen weniger Tage umgestrickt werden, das Unternehmen rechnet mit 'erheblichen wirtschaftlichen Schäden'.
Die Aktien von Lufthansa und dem Flughafenbetreiber Fraport reagierten indes kaum auf die überraschende Nachricht aus Kassel. Sie hatten schon zuvor mit dem schwachen Markt an Wert verloren. Am Nachmittag lagen Lufthansa-Papiere mit 2,43 Prozent und Fraport-Aktien mit 2,03 Prozent im Minus.
REGIERUNGSPLÄNE GESTOPPT
Der Flughafenbetreiber Fraport erwartet nun eine 'äußerst schwierige Situation' für alle Beteiligten - vor allem die Fluglinien. 'Für eine Umsetzung dieser Beschlüsse, das heißt die Streichung der international schon koordinierten Slots, stehen für die Luftverkehrsgesellschaften nur noch 19 Tage bis zum Beginn des Winterflugplans am 30. 10.2011 zur Verfügung', erläuterte ein Fraport-Sprecher.
In den Auseinandersetzungen um die neue Landebahn Nordwest, die offiziell am 21. Oktober in Betrieb genommen werden soll, hatte die Landesregierung den Gegnern ursprünglich ein striktes Nachtflugverbot versprochen. Die Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) wich davon jedoch ab und erlaubte für die Kernzeit von 23.00 bis 5.00 jeweils 17 Flüge. Diese Regelung hatte der VGH bereits im Jahr 2009 kassiert.
Die obersten hessischen Verwaltungsrichter gestanden den Klagen mehrerer Anwohner des Flughafens aus Rüsselsheim und Offenbach nun überraschend eine aufschiebende Wirkung in der Frage der Nachtflüge zu (Aktenzeichen 11 B 1587/11.T, 11 B 1834/11.T). Dem Gericht zufolge stehen gegen das Urteil keine Rechtsmittel zur Verfügung. Allerdings steht die letztgültige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig noch aus. Ein Termin ist nicht bekannt, die hessische Landesregierung rechnet mit Anfang nächsten Jahres.
LUFTHANSA CARGO: ERHEBLICHE SCHÄDEN
Vor allem die Lufthansa, Hauptkunde in der Nacht, fürchtet ein striktes Nachtflugverbot in Frankfurt. Die Frachtsparte Lufthansa Cargo muss mit schweren Einbußen im wichtigen Weihnachtsgeschäft rechnen. 'Auf jeden Fall bedeutet das für uns erhebliche wirtschaftliche Schäden', sagte ein Cargo-Sprecher am Dienstag.Von den insgesamt 17 vorgesehenen Nachtflügen hatte Lufthansa Cargo in diesem Winter 11 für sich beansprucht. 'Das sind 40 bis 50 Prozent unseres Betriebs hier', hatte Cargo-Chef Karl Ulrich Garnadt im Mai gesagt. Er begründete dies unter anderem mit den Anforderungen der weltweiten Lieferketten.
'Gerade durch die enge Verzahnung von Cargo- und Passagiergeschäft sind wir an den Standort Frankfurt gebunden', teilte ein Sprecher des Mutterkonzerns Lufthansa mit. 'Ein generelles Verbot aller Nachtflüge schneidet das wichtigste Logistikdrehkreuz Europas von den globalen Warenströmen ab.' Derzeit prüfe das Unternehmen, wie es auf die Entscheidung reagieren könne - auch mögliche rechtliche Schritte.
NEUER FLUGPLAN NOTWENDIG
Nun muss das Unternehmen binnen weniger Tage einen neuen Flugplan erstellen. 'Die geplanten Flüge sind mit den Regierungen der Länder, in die sie führen, bereits fest koordiniert', sagte der Cargo-Sprecher. Jetzt prüfe das Unternehmen alle Möglichkeiten, welche Flüge verschoben werden könnten und welche ausfallen müssten.
Lob für die Gerichtsentscheidung kam aus Rheinland-Pfalz. 'Das ist ein positives Signal für den Schutz der Bevölkerung', sagte ein Sprecher des Infrastrukturministeriums. Die Landesregierung in Mainz hatte Hessen Wortbruch vorgeworfen. Die Regierung in Wiesbaden habe ein Nachtflugverbot fest zugesagt, argumentieren die Mainzer. Neben zahlreichen Bürgerinitiativen waren auch Dutzende Kommunen gegen die vorgesehenen Nachtflüge Sturm gelaufen./stw/rae/bbi/vr/he
FRANKFURT/KASSEL (dpa-AFX) - Der Frankfurter Flughafen muss sich auf einen Winter ohne Nachtflüge einstellen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel kippte am Dienstag einen früheren Beschluss, der ab der Inbetriebnahme der neuen Landebahn Ende Oktober vorläufig 17 Starts und Landungen zwischen 23.00 und 5.00 Uhr zugelassen hätte. Bei der Frachtfluggesellschaft Lufthansa Cargo, die besonders stark von Nachtflügen abhängig ist, zeigte man sich geschockt: Der Winterflugplan muss binnen weniger Tage umgestrickt werden, das Unternehmen rechnet mit 'erheblichen wirtschaftlichen Schäden'.
Die Aktien von Lufthansa
REGIERUNGSPLÄNE GESTOPPT
Der Flughafenbetreiber Fraport erwartet nun eine 'äußerst schwierige Situation' für alle Beteiligten - vor allem die Fluglinien. 'Für eine Umsetzung dieser Beschlüsse, das heißt die Streichung der international schon koordinierten Slots, stehen für die Luftverkehrsgesellschaften nur noch 19 Tage bis zum Beginn des Winterflugplans am 30. 10.2011 zur Verfügung', erläuterte ein Fraport-Sprecher.
In den Auseinandersetzungen um die neue Landebahn Nordwest, die offiziell am 21. Oktober in Betrieb genommen werden soll, hatte die Landesregierung den Gegnern ursprünglich ein striktes Nachtflugverbot versprochen. Die Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) wich davon jedoch ab und erlaubte für die Kernzeit von 23.00 bis 5.00 jeweils 17 Flüge. Diese Regelung hatte der VGH bereits im Jahr 2009 kassiert.
Die obersten hessischen Verwaltungsrichter gestanden den Klagen mehrerer Anwohner des Flughafens aus Rüsselsheim und Offenbach nun überraschend eine aufschiebende Wirkung in der Frage der Nachtflüge zu (Aktenzeichen 11 B 1587/11.T, 11 B 1834/11.T). Dem Gericht zufolge stehen gegen das Urteil keine Rechtsmittel zur Verfügung. Allerdings steht die letztgültige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig noch aus. Ein Termin ist nicht bekannt, die hessische Landesregierung rechnet mit Anfang nächsten Jahres.
LUFTHANSA CARGO: ERHEBLICHE SCHÄDEN
Vor allem die Lufthansa, Hauptkunde in der Nacht, fürchtet ein striktes Nachtflugverbot in Frankfurt. Die Frachtsparte Lufthansa Cargo muss mit schweren Einbußen im wichtigen Weihnachtsgeschäft rechnen. 'Auf jeden Fall bedeutet das für uns erhebliche wirtschaftliche Schäden', sagte ein Cargo-Sprecher am Dienstag.Von den insgesamt 17 vorgesehenen Nachtflügen hatte Lufthansa Cargo in diesem Winter 11 für sich beansprucht. 'Das sind 40 bis 50 Prozent unseres Betriebs hier', hatte Cargo-Chef Karl Ulrich Garnadt im Mai gesagt. Er begründete dies unter anderem mit den Anforderungen der weltweiten Lieferketten.
'Gerade durch die enge Verzahnung von Cargo- und Passagiergeschäft sind wir an den Standort Frankfurt gebunden', teilte ein Sprecher des Mutterkonzerns Lufthansa mit. 'Ein generelles Verbot aller Nachtflüge schneidet das wichtigste Logistikdrehkreuz Europas von den globalen Warenströmen ab.' Derzeit prüfe das Unternehmen, wie es auf die Entscheidung reagieren könne - auch mögliche rechtliche Schritte.
NEUER FLUGPLAN NOTWENDIG
Nun muss das Unternehmen binnen weniger Tage einen neuen Flugplan erstellen. 'Die geplanten Flüge sind mit den Regierungen der Länder, in die sie führen, bereits fest koordiniert', sagte der Cargo-Sprecher. Jetzt prüfe das Unternehmen alle Möglichkeiten, welche Flüge verschoben werden könnten und welche ausfallen müssten.
Lob für die Gerichtsentscheidung kam aus Rheinland-Pfalz. 'Das ist ein positives Signal für den Schutz der Bevölkerung', sagte ein Sprecher des Infrastrukturministeriums. Die Landesregierung in Mainz hatte Hessen Wortbruch vorgeworfen. Die Regierung in Wiesbaden habe ein Nachtflugverbot fest zugesagt, argumentieren die Mainzer. Neben zahlreichen Bürgerinitiativen waren auch Dutzende Kommunen gegen die vorgesehenen Nachtflüge Sturm gelaufen./stw/rae/bbi/vr/he