- von Antonie Klotz
Frankfurt, 06. Okt (Reuters) - Die Anzahl der Derivate-Emittenten dürfte langfristig schrumpfen. Dass Anbieter ihr Geschäft zurückfahren oder einstellen müssen, ist an sich nichts Neues. Denn wie in jedem Unternehmen stehen Geschäftsbereiche regelmäßig auf dem Prüfstand. Werfen sie nicht genug ab und erfüllen sich die Erwartungen des Managements nicht, wird auf Sparflamme geschaltet oder der Geschäftsbereich ganz aufgegeben. Nicht selten sind am deutschen Derivatemarkt die alten oder neue Adressen nach ein paar Jahren wieder aufgetaucht, weil sie Chancen im Markt gesehen haben. Daher buhlen in Deutschland unter dem Strich meist rund 30 Anbieter um die Gunst der Anleger. Doch dieses Mal dürfte die Konsolidierung härter ausfallen als bisher. Die Folge: Langfristiger werden weniger Anbieter am Markt aktiv sein.
Zwar will kein Emittent offiziell kundtun, dass er erwägt sein Geschäft zu reduzieren oder gar einzustellen - doch die Anzeichen sprechen für sich: Zum einen bereitet sich die gesamte Finanzbranche aufgrund der aktuellen Krise auf schwierige Zeiten vor. Zum anderen sind erste Sparmaßnahmen bei den Emittenten sichtbar. Die ersten Häuser entlassen Mitarbeiter oder besetzen frei werdende Stellen nicht mehr. Teils ist auch zu beobachten, dass die Produktpalette nicht mehr mit dem Eifer ausgebaut wird wie noch im ersten Halbjahr.
Vor allem ausländische Anbieter, die in den vergangenen Jahren mit großen Ambitionen gestartet sind oder ihr Geschäft wiederbelebt haben, müssen feststellen, dass der Wettbewerb am deutschen Derivatemarkt härter als erwartet ist. Die Erwartungen auf einen raschen Ausbau der Marktanteile haben sich nicht erfüllt. Noch ist keine Rede davon, dass sie ihr Geschäft einstellen wollen. Aber mehr Häuser dürften sich zunächst auf Nischen oder bestimmte Zielgruppen konzentrieren. Rechnet sich auch das nicht, werden sie wahrscheinlich den kompletten Rückzug antreten. Schrumpfen dürfte mittelfristig auch die Anzahl der deutschen Adressen, denn bei den Landesbanken ist eine Neuordnung keine grundsätzliche Frage mehr, sondern eher eine Frage der Zeit.
Der Rückzug in schwierigen Marktphasen ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch dieses Mal kommen von politischer Seite Hindernisse hinzu: Regulierungsmaßnahmen könnten das Geschäft nachhaltig beeinflussen und bremsen. Das wird nicht nur die Derivate-Industrie betreffen, sondern auch andere Bereiche wie Fonds oder Versicherer. Derivate stehen aber besonders in der Kritik, phasenweise diskutierte die Politik auch über ein komplettes Verbot. Das scheint zwar vom Tisch, doch die Behörden dürften diesen Bereich besonders im Visier haben. Und wie es aussieht, wird nach deutscher und europäischer Manier im Bereich der Geldanlage jetzt umfassend reguliert. Das droht das Geschäft nicht nur zu hemmen, sondern wird auch viel Kapazitäten bei den Banken binden und Geld kosten. Wenn zudem die Investoren weiter so zurückhaltend agieren wie in den vergangenen Monaten, könnten der eine oder andere Anbieter schneller aufgeben als erwartet. Weniger Akteure wären für die verbleibenden Emittenten zwar gut, weil der Konkurrenzdruck abnimmt. Für die Anleger ist das aber schlecht, weil der Wettbewerb bisher für bessere Konditionen gesorgt hat. Daher darf die Politik die Märkte nicht totregulieren.
(Redigiert von Tom Körkemeier)