Börsen-Zeitung: Vor dem Wolkenbruch, Kommentar zu SAP von Stefan
Paravicini
Frankfurt (ots) - Europas größter Softwarehersteller, die
Walldorfer SAP, lässt es mit ihrem Milliardenangebot für die
kalifornische Ariba gehörig krachen in der Rechnerwolke. Der
Dax-Konzern peilt innerhalb weniger Monate den zweiten Coup in der
Cloud an. Das Angebot von 45 Dollar je Aktie oder 4,3 Mrd. Dollar
liegt um 20% über dem Schlusskurs vom Montagabend.
Bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen
(Ebitda), das Ariba im zurückliegenden Geschäftsjahr erzielte,
entspricht die Offerte dem 106fachen. Der Median für diese Kennzahl
liegt für 60 Übernahmen innerhalb der Branche seit 2002 bei 16, wie
die Nachrichtenagentur Bloomberg vorrechnet. Und der Preis für Ariba
könnte noch höher steigen, wenn etwa Erzrivale Oracle ein eigenes
Angebot abgibt.
Unwahrscheinlich ist das nicht. Denn der Kampf um den weiterhin
stark fragmentierten Markt für Firmensoftware, die über das Internet
vermietet wird, ist zwischen den beiden Branchenführern spätestens
seit dem ersten Streich von SAP voll entbrannt. Die Walldorfer kamen
Ende 2011 beim Cloud-Spezialisten Success Factors für 3,4 Mrd. Dollar
zum Zug, Oracle zog im Frühjahr 2012 für 1,9 Mrd. Dollar mit Taleo
nach, die ebenfalls Software zum Personalmanagement vermietet.
Das neue Übernahmeziel bringt aber nicht nur standardisierte
Applikationen, die flexibel über das Web vermietet werden können, in
eine mögliche Verbindung ein. Die cloudbasierte Kooperationsplattform
von Ariba ist die größte ihrer Art und verbindet gut 730000
Unternehmen, die hier für ihr Beschaffungsmanagement im vergangenen
Jahr Transaktionen mit einem Volumen von 316 Mrd. Dollar automatisch
abwickelten. Das ist mehr als das wolkige Wachstumsversprechen der
reinen Anbieter von Applikationen für die Cloud. Denn auch wenn den
Erlösen mit Software in der Wolke in Zukunft deutlich stärkere
Zuwachsraten zugetraut werden als fix installierten Produkten,
rätseln die Anbieter häufig noch, wie dabei auch einträgliche Margen
zu erzielen sind.
Mit Produkten, die die unmittelbaren Geschäftsprobleme der Kunden
statt nur die Belange der IT-Abteilungen adressieren, sagen
Analysten. Die Plattform von Ariba bringt dafür gute Voraussetzungen
mit. In der Verbindung mit SAP liegt außerdem die Chance, die
Plattform zu skalieren. Nur unter dieser Prämisse kann es den
Walldorfern gelingen, das Erlösziel für die Cloud bis 2015 zu
schaffen, ohne dass sich über ihr Margenziel von 35% (Ebit) im
Konzern ein Wolkenbruch ergießt.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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