Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hat den Waffenexportstopp für Saudi-Arabien bis zum 30. September verlängert.
Das Moratorium gelte für weitere sechs Monate, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert nach der Sitzung des Bundessicherheitsrates am Donnerstagabend in Berlin mit. "Für diesen Zeitraum werden grundsätzlich auch keine Neuanträge genehmigt." Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter rechnet damit, dass die Regierung wegen der im Herbst anstehenden Landtagswahlen aber auch danach keine Genehmigungen für Ausfuhren erteilen wird. Seinen Worten zufolge hat die Entscheidung allerdings erhebliche Konsequenzen. Sie werde von den EU-Partnern Frankreich und Großbritannien als klares Signal aufgefasst, "mit Deutschland keine gemeinsamen Projekte mehr zu machen", kritisierte Kiesewetter im Deutschlandfunk.
Die Bundesregierung hatte das Moratorium wegen der saudischen Rolle im Krieg im Jemen sowie wegen des Mordes an dem Journalisten Jamal Kashoggi verhängt. Am Mittwoch konnten sich Union und SPD zunächst nicht einigen, ob das Moratorium - wie von den Sozialdemokraten gefordert - über den 31. März hinaus gelten soll. Die französische, die britische und die spanische Regierung hatten an die Bundesregierung appelliert, vereinbarte Lieferungen von Gemeinschaftsprojekten wie dem Eurofighter nicht weiter zu blockieren, weil daran auch Arbeitsplätze in anderen EU-Staaten hingen.
Die Bundesregierung einigte sich am Donnerstagabend auf zwei Einschränkungen. Zum einen will die Koalition der Peene-Werft in Wolgast helfen, was die von Saudi-Arabien bestellten Küstenschutzschiffe angeht, die zum Teil bereits gebaut sind, aber nicht ausgeliefert werden dürfen. Die Boote sollen möglicherweise in Deutschland eingesetzt werden - dafür könnten sie vom Bund etwa für die Marine, den Zoll oder die Bundespolizei angekauft werden. Dies hatten Parlamentarier der großen Koalition gefordert. Als zusätzliche Option soll versucht werden, dass weitere Schiffe für Saudi-Arabien von der Werft zwar gebaut, aber noch nicht ausgeliefert werden.
Die zweite Einschränkung betrifft Rüstungsgüter, die von deutschen Firmen zusammen mit Unternehmen aus anderen EU-Staaten hergestellt werden und nach Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geliefert werden sollten. Bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen für Waffen aus Gemeinschaftsprojekten mit EU-Partnern sollen zunächst bis zum 31. Dezember 2019 verlängert werden. Allerdings sollen sich die Firmen gleichzeitig verpflichten, dass sie bis Ende des Jahres keine "endmontierten Rüstungsgüter" an Saudi-Arabien oder die VAE ausliefern.
Die Bundesregierung will zudem sicherstellen, dass Partnerländer wie Großbritannien oder Frankreich, die gemeinschaftlich produzierte Waffen nach Saudi-Arabien exportieren wollen, von der Regierung in Riad die Zusicherung einholen, dass die Waffen auf keinen Fall im Jemen-Krieg eingesetzt werden. Hintergrund ist eine Festlegung im Koalitionsvertrag, dass Deutschland keine Waffen an Kriegsparteien im Jemen liefern darf.
Die Verlängerung der Ausfuhrgenehmigungen ist für die Firmen wichtig, weil sie ansonsten bei auslaufenden Exporterlaubnissen neue Lizenzen beantragen müssten. Dies dauert in Deutschland nach Ansicht der Industrie und anderer EU-Staaten überdurchschnittlich lange. Die Firmen sollen also in der Hoffnung auf einen politische Veränderung in Saudi-Arabien in den kommenden Monaten und eine spätere Freigabe weiter an Rüstungsprojekten bauen können. Die Bundesregierung will mit der Verlängerung der Ausfuhrgenehmigungen auch drohende milliardenschwere Schadensersatzklagen der Industrie abwenden. Der CDU-Politiker Kieswetter sagte, er erwarte nun, dass Frankreich und Großbritannien künftig Exporte in die Golfregion ohne industrielle Beteiligung Deutschlands planten.