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ROUNDUP/Grün-Rot: Morgan Stanley will sich aus Verantwortung stehlen

Veröffentlicht am 09.05.2012, 18:55
Aktualisiert 09.05.2012, 18:56
STUTTGART (dpa-AFX) - Die grün-rote Koalition sieht die Glaubwürdigkeit von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und dessen damaligen Berater Dirk Notheis durch einen Brief der Investmentbank Morgan Stanley zum EnBW -Deal neuerlich erschüttert. Das Schreiben an den EnBW-Untersuchungsausschuss bestätige den Verdacht, dass sich das Land Ende 2010 mit dem französischen Energiekonzern EDF 'auf Zuruf' auf den Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro verständigt habe. 'Man hat sich fast schon kumpelhaft irgendwie geeinigt', sagte Grünen-Obmann Hans-Ulrich Sckerl der Nachrichtenagentur dpa. Der Brief, über den zuerst die 'Stuttgarter Nachrichten' berichtet hatten, liegt der dpa vor. Die grün-rote Regierung hält den Kaufpreis für überhöht und hat dagegen vor einem internationalen Gericht Klage eingelegt.

In dem Schreiben der Investmentbank vom 4. Mai heißt es: 'Eine Ermittlung des Kaufpreises hat es nicht gegeben.' Stattdessen hätten das Land und die EDF den Preis ausverhandelt. Morgan Stanley, deren Vorstandschef Notheis ist, spricht davon, der Betrag von 41,50 Euro je Aktie sei das Ergebnis von sogenannten 'arm's-length'-Verhandlungen gewesen. Im Fachjargon heißt das lediglich, dass zwei Vertragsparteien miteinander verhandeln, die nicht in einer gegenseitigen Wechselbeziehung stehen.

Morgan Stanley beteuert in dem Brief, diese Verhandlungen seien auch in den Tagen nach dem Telefonat zwischen Mappus und EDF-Chef Henri Proglio am 26. November 2010 fortgesetzt worden. Die Bank habe dann 'zu diesem zwischen den Parteien verhandelten Kaufpreis' eine rechtliche Stellungnahme zur Angemessenheit erstellt. Diese umfangreichen Arbeiten hätten nach dem 26. November begonnen und seien am 5. Dezember abgeschlossen worden.

SPD-Obmann Andreas Stoch hielt der Bank vor: 'Morgan Stanley versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen.' Die Investmentbank tue nun so, als habe sie mit der Preisfindung nichts zu tun gehabt. Auch Sckerl sagte, es könne nicht die Rede davon sein, dass der Preis nach allen Regeln der Kunst überprüft worden sei, wie Mappus und Notheis als Zeugen hätten weismachen wollen. 'Die Glaubwürdigkeit von Mappus und Notheis ist stark erschüttert.' Die beiden müssten dies bei einem neuerlichen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss erklären.

Auch für den Ausschussvorsitzenden Ulrich Müller (CDU) wirft der Brief von Morgan Stanley neue Fragen auf. Die Bank erkläre nun, sie sei bei der Preisfindung gar nicht dabei gewesen, sondern habe ihn nur überprüft. 'Ob das damit übereinstimmt, was bisher im Ausschuss ausgesagt worden ist, muss noch geklärt werden', sagte der CDU-Politiker der dpa.

Grüne und SPD erinnerten daran, dass der Anwalt der Kanzlei Gleiss Lutz, Martin Schockenhoff, ausgesagt hatte, dass Mappus und Proglio sich bereits zu Beginn der Verhandlungen, am 26. November 2010, auf den Kaufpreis von 40 Euro pro Aktie geeinigt hätten. Es sei der Satz gefallen: 'Jawohl, wir haben einen Deal', hatte Schockenhoff erklärt. Mappus und Notheis hatten dagegen gesagt, der Preis habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden und sei danach selbstverständlich intensiv überprüft worden.

Unions-Obmann Volker Schebesta erklärte, die CDU wolle nun endlich einen Gutachter bestellen, der zu solchen Fragen wie der Preisfindung Auskunft geben könne. Ein solcher Sachverständiger könne auch bei Zeugenvernehmungen hinzugezogen werden. Grüne und SPD spielten hier aber aus unerfindlichen Gründen auf Zeit. 'Die halten uns in der Frage hin.'

Mit Spannung wird der Auftritt von Ex-Staatsminister Helmut Rau vor dem Untersuchungsausschuss erwartet. Der Vertraute von Mappus soll vor allem die Frage beantworten, wie es dazu kam, dass für den Milliardendeal der Landtag ausgeschaltet wurde. Schockenhoff hatte ausgesagt, die Juristen hätten Ende November 2010 vor einer Umgehung des Parlaments gewarnt. Mappus habe dann trotzdem die grundsätzliche Entscheidung getroffen, diesen Weg zu beschreiten. 'Er war bereit, diesen Weg zu gehen, auch wenn verfassungsrechtliche Risiken verbleiben', sagte Schockenhoff. Mappus bestreitet das. Der Staatsgerichtshof hatte den Weg über das Notbewilligungsrecht des Finanzministers im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt./hot/DP/wiz

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