FRANKFURT (dpa-AFX) - Schwache Börsenvorgaben aus Übersee haben den Dax (DAX) am Mittwoch wieder unter die viel beachtete 13 000-Punkte-Marke gedrückt. Doch immerhin konnte er seine Auftaktverluste etwas eindämmen. Rund eine Stunde nach dem Handelsstart stand der deutsche Leitindex noch 0,85 Prozent im Minus bei 12 937,07 Punkten. Zu Wochenbeginn hatte er seine deutlichen Verluste vom Freitag ausgebügelt, war anschließend aber kaum von der Stelle gekommen.
Nachricht des Tages war am Mittwoch der Kurssturz des Möbelhändlers Steinhoff (22:SNHJ): Nach dem Rücktritt von Vorstandschef Markus Jooste angesichts von Bilanzunregelmäßigkeiten und der abgesagten Zahlenvorlage für das abgelaufene Geschäftsjahr verlor das Papier mehr als die Hälfte an Wert. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen deutschen Werte, in dem die Steinhoff-Aktie gelistet ist, sackte deshalb um deutliche 2,56 Prozent auf 26 288,30 Punkte ab.
Den Gesamtmarkt belasteten jedoch andere Dinge: Die jüngste Euphorie über die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump sei verflogen, da diese die amerikanische Notenbank Fed zwingen könnte, "das Tempo der Zinserhöhungen zu erhöhen", schrieb Marktanalyst Milan Cutkovic vom Broker AxiTrader. Er sieht derzeit aber lediglich eine Verschnaufpause an den Börsen und nicht den Beginn einer Korrektur: "Solange sich der Dax über dem Niveau von 12 800 Punkten halten kann, brennt auch aus charttechnischer Sicht nichts an."
Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) fiel um 1,06 Prozent auf 2464,30 Zähler zurück. Beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) stand ein Minus von 0,59 Prozent auf 3549,62 Punkte zu Buche.
Bereits seit Mitte November ist der Dax in einer Spanne von 12 800 bis 13 200 Punkten gefangen. "Die institutionellen Anleger haben die Bücher für dieses Jahr überwiegend schon geschlossen", sagte ein Händler. Nach einer Dax-Rally von fast 14 Prozent seit Jahresbeginn sei diese außerordentlich gute Entwicklung nun "eingebucht". Das habe zur Folge, dass in den noch verbleibenden Handelstagen zunehmend "das unstete, schnelle Geld" das Börsengeschehen dominieren dürfte, fügte der Händler hinzu. Größere Kursausschläge seien also nicht ausgeschlossen.
Am Nachmittag könnte der November-Bericht zur Entwicklung der US-Beschäftigung im privaten Gewerbe für Bewegung sorgen. Er gilt als Indikator für den weitaus wichtigeren offiziellen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung am Freitag.
Unternehmensseitig richteten sich die Blicke der Anleger vor allem auf Steinhoff. Mit einem Kurseinbruch von zuletzt 57,49 Prozent auf 1,274 Euro waren die Aktien des Unternehmens abgeschlagenes MDax-Schlusslicht und markierten den tiefsten Stand seit dem Börsengang in Deutschland vor zwei Jahren. Ihren Höchststand hatten sie im Sommer 2016 bei über 6 Euro erreicht. Anleger sollten ihre Finger von den Steinhoff-Papieren lassen, warnte Commerzbank-Analyst Andreas Rieman. Die Untersuchung finanzieller Unregelmäßigkeiten sei eine schlechte Nachricht und stelle ein großes Fragezeichen hinter die Ergebnisse der vergangenen Jahre.
Im Dax verloren Bayer-Titel (4:BAYGN) wegen eines drohenden langwierigen Rechtsstreits in den USA um den Gerinnungshemmer Xarelto überdurchschnittliche 0,99 Prozent. Ein Börsianer nannte das Urteil einer Jury in Philadelphia, die einer Frau insgesamt fast 28 Millionen US-Dollar zugesprochen hatte, ein "neues Damoklesschwert". Angesichts des enorm hohen Umsatzes des Medikaments sei die Entscheidung ein schwerer Schlag für den Pharma- und Agrochemiekonzern. Bayer will nun gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen.
Dagegen nahmen die Anleger die Bestätigung der Jahresziele sowie die Präsentation einer neuen Unternehmensstrategie von ProSiebenSat.1 (0:PSMd) positiv auf: Mit plus 1,76 Prozent waren die Aktien des Medienkonzerns einziger klarer Gewinner im deutschen Leitindex. "Am Markt haben viele Akteure nicht mit größeren strategischen Änderungen gerechnet", sagte ein Händler. Die Aussagen kämen daher entsprechend gut an. Allerdings sei die Haltung unter Investoren zu der Aktie im Vorfeld auch "sehr schlecht" gewesen, was sich im Kurseinbruch von 35 Prozent seit dem Hoch von Anfang April widerspiegele.
Im SDax (SDAX) der geringer kapitalisierten Unternehmen war Delivery Hero (4:DHER) mit einem Minus von 7,92 Prozent auf 34,53 Euro größter Verlierer. Der Essenslieferant zapft nur wenige Monate nach seinem Börsengang den Kapitalmarkt an und platzierte 10,5 Millionen neue Aktien zum Preis von 34,50 Euro. Dadurch fließen Delivery Hero brutto 362,25 Millionen Euro zu. Mit dem Geld will sich die Gesellschaft für mögliche Übernahmen in Position bringen. Der frühe Zeitpunkt für eine solche Kapitalmaßnahme sei "recht ungewöhnlich", merkte ein Börsianer an.