Investing.com – Das sieht überhaupt nicht gut aus für Ripple, wenn sich die Recherchen des Investigativ-Journalisten John Hyatt bewahrheiten. Hyatt veröffentlichte auf Forbes einen Artikel über die Geschäftspraktiken von Ripple Labs, laut denen das Kerngeschäft mit grenzüberschreitenden Zahlungen offensichtlich nicht so gut läuft, wie gerne dargestellt wird.
Außerdem schreibt sich das Fintech-Unternehmen auf seinen Fahnen, dass man ein lukratives Softwareentwicklungsgeschäft betreibt, was laut Hyatt ebenfalls nicht der Fall ist.
Bei seiner Recherche hatte Hyatt Kontakt zu mehreren Ripple-Mitarbeitern. Diese gaben an, dass die On Demand Liquidity (ODL) die Technologie ist, mit der am meisten Umsatz erzielt wird. Software wie das RippleNet dürfte wahrscheinlich sogar ein Zuschussgeschäft sein. Das Einzige, was das ganze "massiv profitabel" macht, ist der Verkauf von XRP.
Bei der ODL-Technologie wird der XRP als eine Art Brückenwährung zwischen zwei Währungen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr eingesetzt. Dafür muss sich der ODL-Partner von Ripple-Labs XRP leihen, die dieser dann wiederum innerhalb seines Zahlungsnetzwerkes verkauft.
Die Jahre 2021/2022 waren für Ripple die bisher erfolgreichsten, denn die auf ODL zurückgeführten XRP-Verkäufe führten zu Gewinnen in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar. Das erweckt den Anschein, dass die Nachfrage nach ODL kontinuierlich steigt.
Die Recherchen von Hyatt lassen diesbezüglich jedoch begründete Zweifel aufkommen.
Zur Expansionsstrategie von Ripple gehört auch, sich an Zahlungsdienstleistern zu beteiligen, um so besser die eigenen Produkte integrieren zu können. So geschehen beim malaysischen Zahlungsdienstleister Tranglo im März 2021. Ripple übernahm an dem in Asien etablierten Unternehmen 40 Prozent der Anteile und begann mit der Implementierung von ODL.
Während der Ripple CEO Brad Garlinghouse in einem CNBC Interview zum Jahresbeginn davon sprach, dass sowohl die Zahl der Kunden, als auch die Anzahl von Transaktionen zunehme, spiegeln die Tranglo-Zahlen ein völlig anderes Bild wider, wie Hyatt herausfand.
Laut diesen Daten nutzen nur 8 Prozent der Tranglo-Kunden die ODL-Technologie und das, obwohl diese als wesentlich schneller und kostengünstiger beworben wird. Hinzu kommt, dass der Großteil dieser Transaktionen auf eine Tochtergesellschaft zurückzuführen ist.
Nach einer breiten Akzeptanz und organischem Wachstum sieht das nicht wirklich aus. Dem Vertrag zwischen Ripple und Tranglo ist zu entnehmen, dass Ripple unabhängig davon, wie hoch der XRP-Bedarf bei Tranglo ist, über diesen ODL-Kanal XRP in unbegrenzter Menge an angeschlossene Partner verkaufen kann.
Im Kern der Sache scheint es gar nicht darum zu gehen, den Zahlungsverkehr zu revolutionieren und dafür ODL und den XRP als Mittel zum Zweck zu verwenden, sondern vielmehr darum, ODL als Verkaufsargument für den XRP zu etablieren.
Neue Kunden bekommt man natürlich nur dann, wenn man das Bild eines stark nachgefragten Geschäftszweigs verbreitet. Hyatt zitiert in seinem Artikel Martin Walker, Direktor für Banken und Finanzen am Center for Evidence-Based Management, wie folgt:
"Ripple unternimmt weiterhin große Anstrengungen, um die Story zu verbreiten, dass man Überweisungen und grenzüberschreitende Zahlungen verbessert. Aber wann immer Informationen über die Realität auftauchen, geht es ausschließlich um den Verkauf von XRP".
Hyatt bat Ripple Labs und Tranglo vor der Veröffentlichung um eine Stellungnahme. Während Tranglo nicht reagiert, sprach ein Pressesprecher von Ripple Labs von "ungenauen" Zahlen und berief sich darauf, dass Tranglo nicht das gesamte Bild darstellt. Wie dieses aussieht, wollte man jedoch auch nicht sagen.
Ripple technische Kursmarken
Ripple verzeichnet aktuell bei einem XRP/USD Kurs von 0,4945 Dollar einen Tagesgewinn von 1,23 Prozent, während sich der Wochenverlust auf -3,44 Prozent beläuft.
Die Kryptowährung beendete den gestrigen Tag im Bereich der Unterstützung des 38,2 Prozent Fibo-Retracement von 0,4925 Dollar. Der Tagesschlusskurs unter der psychologischen Marke von 0,5000 Dollar signalisiert, dass weitere Verluste unmittelbar bevorstehen, wenn es zu einer Bestätigung des Verlustes dieser Marke kommt.
Damit wäre dann die Tür für einen Ausbau der Abwärtsbewegung in Richtung des 50 Prozent Fibo-Retracements von 0,4649 Dollar geöffnet. Darunter befindet sich das 61,8 Prozent Fibo-Retracement bei 0,4373 Dollar.
Mit einem Test des Hochs vom 29. März bei 0,5820 Dollar ist nur dann zu rechnen, wenn ein Tagesschlusskurs über dem 23,6 Prozent Fibo-Retracement von 0,5267 Dollar gelingt.
Von Marco Oehrl
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