CHICAGO/HONGKONG (dpa-AFX) - Die umstrittene Digitalwährung Bitcoin ist in eine neue Zeitrechnung gestartet - und legt weiter zu. Seit Sonntagnacht gibt es mit Bitcoin-Terminkontrakten - sogenannten Futures - das erste Mal ein Finanzprodukt, mit dem die Internetwährung auch an regulierten Börsen gehandelt werden kann. Investoren können damit auf steigende und fallende Bitcoin-Kurse setzen. Die Aufnahme des Handels war mit Spannung erwartet worden, da die zuletzt stark gestiegene Digitalwährung damit einen großen Schritt in die traditionelle Finanzwelt macht.
Nach einem holprigen Start an der Chicagoer Optionsbörse CBOE kam am Montag schnell Schwung in den Handel. Der Preis für den bis Mitte Januar laufenden Bitcoin-Terminkontrakt schoss um mehr als ein Viertel nach oben - so schnell, dass der Börsenbetreiber die vorher festgelegten Regeln nutzte und den Handel unterbrach. Davon unbeeindruckt stieg der Kurs des Bitcoin-Futures zwischenzeitlich bis auf 18 850 Dollar und pendelte sich am Nachmittag um 18 000 Dollar ein. Trotz der Startschwierigkeiten wurde der CBOE ihre Pionierleistung positiv angerechnet. Der Aktienkurs des Unternehmens legte nach Handelsstart in den USA zu.
Auch auf den Bitcoin selbst wirkte der Start des Futures kurstreibend: Beim Handelsplatz Bitstamp kostete ein Bitcoin zuletzt rund 16 200 Dollar und damit deutlich mehr als noch am Sonntag.
Mit Future-Kontrakten werden Rohstoffe oder Finanzprodukte zu einem vorab festgelegten Preis für einen künftigen Zeitpunkt gehandelt. Käufer und Verkäufer können sich so gegen Preisschwankungen absichern. Risiken entstehen dann, wenn eine der beiden Parteien das Geschäft nicht erfüllen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Versprechen nicht eingelöst werden kann, ist umso größer, je stärker der Preis des Produkts schwankt. Platzen Termingeschäfte, sind gefährliche Dominoeffekte möglich.
Es sind auch Spekulationen auf Kursentwicklungen möglich - auch auf einen Wertverfall. Kritiker der Digitalwährung können dank des Terminhandels also auch gegen den Bitcoin spekulieren. In den vergangen Tagen hatte die Digitalwährung wegen der zunehmenden Nervosität vor dem Future-Start noch stärker geschwankt als zuvor. Seit Mittwoch vergangener Woche sprangen die Notierungen für den Bitcoin zwischen rund 11 600 Dollar und 16 600 Dollar hin und her. Noch stärker waren die Ausschläge bei der Handelsplattform Coinbase, wo der Bitcoin am Donnerstagabend kurzzeitig fast 20 000 Dollar gekostet hatte.
Die nach wie vor hohen Unterschiede der Notierungen auf verschiedenen Plattformen sind ein weiterer Beleg dafür, wie undurchsichtig und schwer einzuschätzen der Bitcoin-Markt ist. Am Montag sank der Abstand im Handelsverlauf aber etwas. Am Nachmittag lag die Differenz zwischen den Plattformen Coinbase und Bitstamp bei rund 400 Dollar. Am Morgen waren es zeitweise noch mehr als 1000 Dollar und in den Tagen zuvor hatte es noch viel größere Abstände gegeben.
Viele Beobachter fürchten, dass es in den kommenden Tagen mit dem Start von Bitcoin-Finanzprodukten an weiteren etablierten US-Börsen zu neuen Marktverwerfungen kommen könnte. Kommende Woche will auch der weltweit größte Börsenbetreiber CME einen Bitcoin-Future einführen.
Zu Jahresbeginn stand der Wert des Bitcoin noch bei 1000 Dollar. Seither befindet er sich auf einer rasanten Rekordjagd, die sich in den vergangenen Monaten zunehmend beschleunigt hat und mit teils hohen Kursschwankungen einhergeht. Notenbanker und Experten warnen vor der Unberechenbarkeit der Digitalwährung. Auch führende Banker sind skeptisch.
Die "Wirtschaftsweise" Isabel Schnabel hatte am Wochenende vor möglichen systemischen Risiken nach dem Future-Start gewarnt. Wenn die Internetwährung aus einer Nische in die etablierte Finanzwelt vordringe, berge das Gefahren: "Die Preisentwicklung der Bitcoins erinnert an die großen Blasen der Wirtschaftsgeschichte, zum Beispiel an die Tulpenkrise. Solange die Spekulationen mit Eigenkapital finanziert sind, verlieren die Investoren im Falle eines Crashs zwar viel Geld, die Ansteckungsgefahren dürften aber begrenzt sein", sagte sie der "Welt am Sonntag".