Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
06.07.2012 / 10:00
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'Wer nicht erfindet, verschwindet'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Nach einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management ist
Volkswagen der innovativste Autokonzern der Welt. Diese Tatsache spiegelt
sich auch in den Rekordergebnissen des Unternehmens des letzten Jahres
wider. Neben der Innovationskraft trägt aber vor allem auch eine solide und
zukunftsorientierte Finanzpolitik zum Erfolg eines Konzerns bei. Bei
Volkswagen ist Hans Dieter Pötsch für diese verantwortlich. Im Interview
mit dem Finanzplatz spricht er darüber, warum Volkswagen so innovativ ist,
über die aktuellen Risiken der Weltwirtschaft und welche Auswirkungen sie
auf Volkswagen haben könnten.
Interview mit Hans Dieter Pötsch, Mitglied des Vorstands, Geschäftsbereich
Finanzen und Controlling, Volkswagen AG
Herr Pötsch, wie fördern Sie die Innovationsbereitschaft in Ihrem
Unternehmen?
Es gibt ein Bonmot: Wer nicht erfindet, verschwindet. Daher ist der Wille,
unsere Autos immer weiter zu verbessern, bei jedem Mitarbeiter tief
verwurzelt und fester Bestandteil unserer Strategie, Volkswagen als
innovativsten Automobilkonzern der Welt zu etablieren. Wie stark dieses
Denken verinnerlicht ist, verdeutlichen auch folgende Zahlen: Im Jahr 2011
meldete der Volkswagen Konzern insgesamt fast 3.200 Patente an.
Gleichzeitig reichten die Mitarbeiter mehr als 475.000
Verbesserungsvorschläge ein, um die Qualität unserer Produkte zu erhöhen
und Prozesse effizienter zu gestalten. Um die Innovationskraft
kontinuierlich weiter zu stärken, kooperieren wir mit zahlreichen
Universitäten sowie Forschungseinrichtungen und betreiben ein globales
konzerneigenes Forschungsnetz. Hinzu kommen die intensive Förderung von
Talenten sowie die innerbetriebliche Weiterbildung. Und nicht zuletzt lebt
der Vorstand dieses Bewusstsein für Innovationen vor.
Konstruktionsplattformen werden von vielen Autobauern als Basis für ihre
Modelle genutzt. Volkswagen hat darüber hinaus einen 'Modularen
Querbaukasten' entwickelt. Was versteht man darunter und welche Vorteile
verspricht man sich davon?
Mit dem Modularen Querbaukasten erweitert sich für den Volkswagen Konzern
die Möglichkeit, langfristig und weltweit Volumen- und Nischenprodukte von
höchster Qualität zu wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen herstellen zu
können. Bei Audi basieren bereits alle Fahrzeuge vom A4 bis zum A8 auf dem
Modularen Längsbaukasten. Jetzt rollen wir diese Systematik auf den
gesamten Konzern aus: mit dem Standardbaukasten für große Limousinen, mit
dem Baukasten für die New Small Family, mit dem Modularen Diesel- oder
Infotainment-Baukasten und vor allem mit dem Modularen Querbaukasten für
alle künftigen Fahrzeuge des Konzerns im Polo-, Golf- und Passat-Segment.
Und mit der Übertragung des Baukastenprinzips auf die Produktion machen wir
den nächsten logischen Schritt: Unsere Fabrik der Zukunft ist hochflexibel
und kann auf der gleichen Anlage unterschiedlichste Modelle und Marken
fertigen. Das bietet uns völlig neue Möglichkeiten, die
Produktionskapazitäten optimal auszulasten. Sie sehen: Volkswagen hat somit
die Grundlage dafür gelegt, um in Sachen Rendite auch nachhaltig in eine
neue Liga vorzustoßen.
Wenn die Modellbasis der verschiedenen Marken zukünftig dann aber mehr oder
weniger gleich ist, warum sollten die Menschen noch Geld für die teureren
Marken Ihres Konzerns ausgeben?
Das Prinzip der Modularen Baukästen bedeutet keine technische
Vereinheitlichung, sondern eine einheitliche Fahrzeugarchitektur, auf der
nach dem Baukastenprinzip verschiedene Fahrzeugteile immer wieder neu
kombiniert werden können. So bleiben konzeptbestimmende Fahrzeugabmessungen
wie Radstände, Spurbreiten, Rädergrößen und Sitzposition variabel, die in
der Fahrzeugplattform für eine erste Differenzierung der Produkte aus
Kundensicht entscheidend sind. Darüber hinaus lassen sich die Fahrzeuge
durch eine unterschiedliche Gestaltung der Karosserie, des Designs, der
Motorisierung, der Wertigkeit oder der Funktionalität weiter entsprechend
der jeweiligen Marken- und Produktausrichtung stark voneinander
differenzieren. Hierdurch entstehen maßgebliche kundenrelevante
Unterschiede in den Fahrzeugen.
Obwohl Volkswagen im letzten Jahr extrem erfolgreich war, hat die Vergütung
des Vorstandes in Höhe von insgesamt 70 Mio. EUR die Debatte um die
Managervergütung wieder angeheizt. Empfinden Sie es als ungerecht, dass
Sportler Unsummen verdienen können, ohne dass sich die öffentliche Meinung
erregt, Unternehmenslenker dagegen nicht?
Fußballer oder Formel-1-Piloten verdienen das, was sie ihren Klubs oder
Rennställen wert sind. Während aber bei Sportlern meist die Erwartung einer
Leistung die Höhe des Gehalts widerspiegelt, müssen Manager sich an
erzielten und klar belegbaren Ergebnissen messen lassen. Und der Volkswagen
Konzern hat in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von sehr guten
Ergebnissen vorgelegt. Gerade die Jahre 2010 und 2011 wurden sehr
erfolgreich abgeschlossen. Ich kann daher nur betonen, dass das
Vergütungssystem bei Volkswagen offen und transparent ist. Alle
Vergütungsbestandteile sind schlüssig dargelegt und beziffert, die
Berechnungsweise ist nachvollziehbar und nachprüfbar.
Nachdem 2011 für Volkswagen ein Rekordjahr war, stellte sich die Frage, ob
die Erfolge auch für 2012 so fortgeschrieben werden können. Welche
möglichen Risiken sehen Sie für Volkswagen in den nächsten zwei Jahren?
Wir gehen davon aus, dass sich die Wettbewerbsintensität auf den
internationalen Automobilmärkten verstärken wird. Das Marktumfeld gestaltet
sich insbesondere in einigen europäischen Ländern zunehmend fordernder. Die
Märkte werden von Unsicherheiten aus der Entwicklung der Weltwirtschaft
belastet bleiben. Vor allem die Finanzmärkte bergen nach wie vor Risiken,
die sich insbesondere aus der angespannten Verschuldungssituation vieler
Länder ergeben. Volatile Zins- und Wechselkursverläufe sowie steigende
Rohstoffpreise stellen Herausforderungen dar. Der Volkswagen Konzern kann
jedoch dank seines einzigartigen Markenportfolios, seiner jungen,
innovativen und umweltfreundlichen Modellpalette, der breiten globalen
Aufstellung, der erheblichen Synergiepotenziale bei der konzernweiten
Entwicklung von Technologien und Modellen sowie seiner finanziellen Stärke
diese Herausforderungen meistern und die Ziele der Strategie 2018
erreichen. Das Jahr 2012 selbst wird geprägt sein von den mit der
Erneuerung der Produktpalette einhergehenden Anläufen volumenstarker
Modelle und der notwendigen Umrüstung der Anlagen auf den Modularen
Querbaukasten.
Um der Staatsschuldenkrise Herr zu werden, wird diskutiert, ob die EZB eine
höhere Inflation zulassen sollte. Was halten Sie davon?
Übermäßige Preissteigerungen belasten Konsumenten und Unternehmen. In der
Industrie würden sich höhere Produktionskosten vor allem nachteilig auf die
Ertragslage und die Investitionsbereitschaft auswirken. Zudem leidet die
internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Verbraucher hätten
Kaufkraftverluste zu tragen. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik ist
daher vorzuziehen, verbunden mit einer Konsolidierung der Staatshaushalte
und wachstumsfördernden Strukturreformen.
Besonders stark aufgestellt ist Volkswagen in China. Was bedeutet es für
Volkswagen, wenn sich die chinesische Wirtschaft jetzt schwächer
entwickelt?
Das Wachstum des chinesischen Pkw-Marktes hat sich erwartungsgemäß etwas
abgekühlt. Wir rechnen für den chinesischen Pkw-Markt in den nächsten
Jahren allerdings weiterhin mit einem anhaltenden, gesunden Wachstum.
Danach gehen wir in diesem Jahr von einem Zuwachs am Pkw-Markt von 5 bis
10% aus, der Premium-Markt wird sich noch dynamischer entwickeln.
Nicht nur der chinesische Absatzmarkt hat für Ihr Unternehmen eine
besondere Bedeutung, auch bei der Nutzung der chinesischen Kapitalmärkte
gehört Volkswagen zu den Vorreitern. Was waren Ihre Beweggründe für die
Begebung einer Renminbi-Anleihe? Würden Sie eine solche Anleihe wieder
begeben?
Wir versuchen grundsätzlich, uns in den Märkten zu refinanzieren, in denen
wir entsprechenden Investitionsbedarf haben. In diesem Zusammenhang
betrachten wir den Renminbi-Markt als einen für uns strategisch wichtigen
Refinanzierungsmarkt. Ausgehend von unserem starken Engagement in China
werden wir dort auch zukünftig regelmäßig Anleihen emittieren.
Die chinesische Regierung bereitet seit geraumer Zeit ein Börsensegment für
internationale Blue Chips, das Shanghai International Board, vor. Käme ein
Zweitlisting für die Volkswagen AG an diesem Marktplatz grundsätzlich in
Frage?
Volkswagen ist seit 28 Jahren gemeinsam mit seinen Partnern in China sehr
erfolgreich tätig und hält derzeit die führende Marktposition. Die Marken
der Volkswagen Gruppe sind in China bestens bekannt und hoch angesehen.
Eine Notierung im chinesischen Kapitalmarkt hat für Volkswagen aktuell
jedoch keine Priorität. Wir verfolgen die Entwicklungen in China aber mit
Interesse und Aufmerksamkeit.
Im Rahmen der Aufarbeitung der Finanzkrise werden auf europäischer Ebene
derzeit unterschiedliche Regulierungen erarbeitet. Im Fokus stehen zwar
Finanzinstitute, betroffen sind aber auch Industrieunternehmen. Welche
Regulierungen halten Sie diesbezüglich für besonders problematisch?
Volkswagen unterstützt alle Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der
Transparenz hinsichtlich der gehandelten Finanzinstrumente und zu einer
Stabilisierung der Finanzmärkte führen.
Die für Volkswagen wichtigsten Maßnahmen betreffen die Regulierung der
OTC-Derivatemärkte. Hier ist besonders die europäische Derivateordnung EMIR
(European Market Infrastructure Regulation) zu nennen.
Erfreulicherweise sind OTC-Derivate industrieller Unternehmen von einem
zentralen Clearing ausgenommen, solange sie einen risikosenkenden Charakter
haben. In dem Fall, in dem Derivate als nicht risikoreduzierend - also als
spekulativ - eingestuft werden und deren Umfang die Clearingschwelle
überschreitet, greift die Clearingpflicht bzw. die Pflicht zur bilateralen
Besicherung.
Besicherung bedeutet die Unterlegung mit Barmitteln, also eine
Liquiditätsbindung. Wir möchten unsere Liquidität aber lieber für die
Entwicklung neuer Technologien und die Erweiterung von
Produktionskapazitäten nutzen. Daher ist es für uns von großer Bedeutung,
dass das zukünftige Regelwerk unsere Absicht der Risikoreduktion beim
Einsatz von Finanzinstrumenten auch anerkennt.
Vor allem Derivate sind ins Kreuzfeuer der Regulierer geraten. Was
unterscheidet den Derivateeinsatz von Industrieunternehmen von dem Handel
mit diesen Instrumenten? Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von dem
europäischen bzw. deutschen Gesetzgeber?
Der Einsatz von Derivaten bei Industrieunternehmen erfolgt wie gesagt
ausschließlich zur Minderung von bilanziellen oder sich aus unserer
Absatzplanung ergebenden Marktpreis-Exposures. Mit anderen Worten: Jedem
Derivategeschäft steht immer ein kommerzielles Grundgeschäft gegenüber.
Unsere Erwartungshaltung ist daher, dass wir unsere Sicherungsaktivitäten
hinsichtlich Laufzeit, Volumen und Vertragskonditionen in unveränderter Art
und Weise fortführen können.
Herr Pötsch, die Finanztransaktionssteuer wird kontrovers diskutiert. Ist
sie das richtige Instrument, die Banken an den Kosten der Finanzkrise zu
beteiligen? Was würde ihre Einführung für Ihr Unternehmen bedeuten?
Es sieht aktuell so aus, als ob die Mitgliedstaaten der Europäischen Union
sich eher auf eine Finanzaktivitätssteuer einigen könnten als auf eine
Finanztransaktionssteuer, also eine Steuer, die nur von Banken und anderen
Unternehmen des Finanzsektors erhoben wird.
Leider führt diese im ökonomischen Ergebnis ebenso wie eine
Finanztransaktionssteuer dazu, dass nicht nur spekulative Geschäfte,
sondern auch Sicherungsgeschäfte verteuert werden.
Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Unternehmen außerhalb
des Finanzsektors in einem Fall die Steuer direkt tragen, während sie im
anderen Fall überwälzt werden dürfte.
Die Konsequenzen für unser Unternehmen lägen voraussichtlich in einer
Verteuerung jeglicher Form betriebswirtschaftlich notwendiger
Sicherungsgeschäfte, beispielsweise etwa im Bereich der Absicherung von
Fremdwährungs- oder Rohstoffpreisrisiken.
Ende der Corporate News
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06.07.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
verantwortlich.
Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten,
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176804 06.07.2012
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Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
06.07.2012 / 10:00
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'Wer nicht erfindet, verschwindet'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Nach einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management ist
Volkswagen der innovativste Autokonzern der Welt. Diese Tatsache spiegelt
sich auch in den Rekordergebnissen des Unternehmens des letzten Jahres
wider. Neben der Innovationskraft trägt aber vor allem auch eine solide und
zukunftsorientierte Finanzpolitik zum Erfolg eines Konzerns bei. Bei
Volkswagen ist Hans Dieter Pötsch für diese verantwortlich. Im Interview
mit dem Finanzplatz spricht er darüber, warum Volkswagen so innovativ ist,
über die aktuellen Risiken der Weltwirtschaft und welche Auswirkungen sie
auf Volkswagen haben könnten.
Interview mit Hans Dieter Pötsch, Mitglied des Vorstands, Geschäftsbereich
Finanzen und Controlling, Volkswagen AG
Herr Pötsch, wie fördern Sie die Innovationsbereitschaft in Ihrem
Unternehmen?
Es gibt ein Bonmot: Wer nicht erfindet, verschwindet. Daher ist der Wille,
unsere Autos immer weiter zu verbessern, bei jedem Mitarbeiter tief
verwurzelt und fester Bestandteil unserer Strategie, Volkswagen als
innovativsten Automobilkonzern der Welt zu etablieren. Wie stark dieses
Denken verinnerlicht ist, verdeutlichen auch folgende Zahlen: Im Jahr 2011
meldete der Volkswagen Konzern insgesamt fast 3.200 Patente an.
Gleichzeitig reichten die Mitarbeiter mehr als 475.000
Verbesserungsvorschläge ein, um die Qualität unserer Produkte zu erhöhen
und Prozesse effizienter zu gestalten. Um die Innovationskraft
kontinuierlich weiter zu stärken, kooperieren wir mit zahlreichen
Universitäten sowie Forschungseinrichtungen und betreiben ein globales
konzerneigenes Forschungsnetz. Hinzu kommen die intensive Förderung von
Talenten sowie die innerbetriebliche Weiterbildung. Und nicht zuletzt lebt
der Vorstand dieses Bewusstsein für Innovationen vor.
Konstruktionsplattformen werden von vielen Autobauern als Basis für ihre
Modelle genutzt. Volkswagen hat darüber hinaus einen 'Modularen
Querbaukasten' entwickelt. Was versteht man darunter und welche Vorteile
verspricht man sich davon?
Mit dem Modularen Querbaukasten erweitert sich für den Volkswagen Konzern
die Möglichkeit, langfristig und weltweit Volumen- und Nischenprodukte von
höchster Qualität zu wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen herstellen zu
können. Bei Audi basieren bereits alle Fahrzeuge vom A4 bis zum A8 auf dem
Modularen Längsbaukasten. Jetzt rollen wir diese Systematik auf den
gesamten Konzern aus: mit dem Standardbaukasten für große Limousinen, mit
dem Baukasten für die New Small Family, mit dem Modularen Diesel- oder
Infotainment-Baukasten und vor allem mit dem Modularen Querbaukasten für
alle künftigen Fahrzeuge des Konzerns im Polo-, Golf- und Passat-Segment.
Und mit der Übertragung des Baukastenprinzips auf die Produktion machen wir
den nächsten logischen Schritt: Unsere Fabrik der Zukunft ist hochflexibel
und kann auf der gleichen Anlage unterschiedlichste Modelle und Marken
fertigen. Das bietet uns völlig neue Möglichkeiten, die
Produktionskapazitäten optimal auszulasten. Sie sehen: Volkswagen hat somit
die Grundlage dafür gelegt, um in Sachen Rendite auch nachhaltig in eine
neue Liga vorzustoßen.
Wenn die Modellbasis der verschiedenen Marken zukünftig dann aber mehr oder
weniger gleich ist, warum sollten die Menschen noch Geld für die teureren
Marken Ihres Konzerns ausgeben?
Das Prinzip der Modularen Baukästen bedeutet keine technische
Vereinheitlichung, sondern eine einheitliche Fahrzeugarchitektur, auf der
nach dem Baukastenprinzip verschiedene Fahrzeugteile immer wieder neu
kombiniert werden können. So bleiben konzeptbestimmende Fahrzeugabmessungen
wie Radstände, Spurbreiten, Rädergrößen und Sitzposition variabel, die in
der Fahrzeugplattform für eine erste Differenzierung der Produkte aus
Kundensicht entscheidend sind. Darüber hinaus lassen sich die Fahrzeuge
durch eine unterschiedliche Gestaltung der Karosserie, des Designs, der
Motorisierung, der Wertigkeit oder der Funktionalität weiter entsprechend
der jeweiligen Marken- und Produktausrichtung stark voneinander
differenzieren. Hierdurch entstehen maßgebliche kundenrelevante
Unterschiede in den Fahrzeugen.
Obwohl Volkswagen im letzten Jahr extrem erfolgreich war, hat die Vergütung
des Vorstandes in Höhe von insgesamt 70 Mio. EUR die Debatte um die
Managervergütung wieder angeheizt. Empfinden Sie es als ungerecht, dass
Sportler Unsummen verdienen können, ohne dass sich die öffentliche Meinung
erregt, Unternehmenslenker dagegen nicht?
Fußballer oder Formel-1-Piloten verdienen das, was sie ihren Klubs oder
Rennställen wert sind. Während aber bei Sportlern meist die Erwartung einer
Leistung die Höhe des Gehalts widerspiegelt, müssen Manager sich an
erzielten und klar belegbaren Ergebnissen messen lassen. Und der Volkswagen
Konzern hat in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von sehr guten
Ergebnissen vorgelegt. Gerade die Jahre 2010 und 2011 wurden sehr
erfolgreich abgeschlossen. Ich kann daher nur betonen, dass das
Vergütungssystem bei Volkswagen offen und transparent ist. Alle
Vergütungsbestandteile sind schlüssig dargelegt und beziffert, die
Berechnungsweise ist nachvollziehbar und nachprüfbar.
Nachdem 2011 für Volkswagen ein Rekordjahr war, stellte sich die Frage, ob
die Erfolge auch für 2012 so fortgeschrieben werden können. Welche
möglichen Risiken sehen Sie für Volkswagen in den nächsten zwei Jahren?
Wir gehen davon aus, dass sich die Wettbewerbsintensität auf den
internationalen Automobilmärkten verstärken wird. Das Marktumfeld gestaltet
sich insbesondere in einigen europäischen Ländern zunehmend fordernder. Die
Märkte werden von Unsicherheiten aus der Entwicklung der Weltwirtschaft
belastet bleiben. Vor allem die Finanzmärkte bergen nach wie vor Risiken,
die sich insbesondere aus der angespannten Verschuldungssituation vieler
Länder ergeben. Volatile Zins- und Wechselkursverläufe sowie steigende
Rohstoffpreise stellen Herausforderungen dar. Der Volkswagen Konzern kann
jedoch dank seines einzigartigen Markenportfolios, seiner jungen,
innovativen und umweltfreundlichen Modellpalette, der breiten globalen
Aufstellung, der erheblichen Synergiepotenziale bei der konzernweiten
Entwicklung von Technologien und Modellen sowie seiner finanziellen Stärke
diese Herausforderungen meistern und die Ziele der Strategie 2018
erreichen. Das Jahr 2012 selbst wird geprägt sein von den mit der
Erneuerung der Produktpalette einhergehenden Anläufen volumenstarker
Modelle und der notwendigen Umrüstung der Anlagen auf den Modularen
Querbaukasten.
Um der Staatsschuldenkrise Herr zu werden, wird diskutiert, ob die EZB eine
höhere Inflation zulassen sollte. Was halten Sie davon?
Übermäßige Preissteigerungen belasten Konsumenten und Unternehmen. In der
Industrie würden sich höhere Produktionskosten vor allem nachteilig auf die
Ertragslage und die Investitionsbereitschaft auswirken. Zudem leidet die
internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Verbraucher hätten
Kaufkraftverluste zu tragen. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik ist
daher vorzuziehen, verbunden mit einer Konsolidierung der Staatshaushalte
und wachstumsfördernden Strukturreformen.
Besonders stark aufgestellt ist Volkswagen in China. Was bedeutet es für
Volkswagen, wenn sich die chinesische Wirtschaft jetzt schwächer
entwickelt?
Das Wachstum des chinesischen Pkw-Marktes hat sich erwartungsgemäß etwas
abgekühlt. Wir rechnen für den chinesischen Pkw-Markt in den nächsten
Jahren allerdings weiterhin mit einem anhaltenden, gesunden Wachstum.
Danach gehen wir in diesem Jahr von einem Zuwachs am Pkw-Markt von 5 bis
10% aus, der Premium-Markt wird sich noch dynamischer entwickeln.
Nicht nur der chinesische Absatzmarkt hat für Ihr Unternehmen eine
besondere Bedeutung, auch bei der Nutzung der chinesischen Kapitalmärkte
gehört Volkswagen zu den Vorreitern. Was waren Ihre Beweggründe für die
Begebung einer Renminbi-Anleihe? Würden Sie eine solche Anleihe wieder
begeben?
Wir versuchen grundsätzlich, uns in den Märkten zu refinanzieren, in denen
wir entsprechenden Investitionsbedarf haben. In diesem Zusammenhang
betrachten wir den Renminbi-Markt als einen für uns strategisch wichtigen
Refinanzierungsmarkt. Ausgehend von unserem starken Engagement in China
werden wir dort auch zukünftig regelmäßig Anleihen emittieren.
Die chinesische Regierung bereitet seit geraumer Zeit ein Börsensegment für
internationale Blue Chips, das Shanghai International Board, vor. Käme ein
Zweitlisting für die Volkswagen AG an diesem Marktplatz grundsätzlich in
Frage?
Volkswagen ist seit 28 Jahren gemeinsam mit seinen Partnern in China sehr
erfolgreich tätig und hält derzeit die führende Marktposition. Die Marken
der Volkswagen Gruppe sind in China bestens bekannt und hoch angesehen.
Eine Notierung im chinesischen Kapitalmarkt hat für Volkswagen aktuell
jedoch keine Priorität. Wir verfolgen die Entwicklungen in China aber mit
Interesse und Aufmerksamkeit.
Im Rahmen der Aufarbeitung der Finanzkrise werden auf europäischer Ebene
derzeit unterschiedliche Regulierungen erarbeitet. Im Fokus stehen zwar
Finanzinstitute, betroffen sind aber auch Industrieunternehmen. Welche
Regulierungen halten Sie diesbezüglich für besonders problematisch?
Volkswagen unterstützt alle Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der
Transparenz hinsichtlich der gehandelten Finanzinstrumente und zu einer
Stabilisierung der Finanzmärkte führen.
Die für Volkswagen wichtigsten Maßnahmen betreffen die Regulierung der
OTC-Derivatemärkte. Hier ist besonders die europäische Derivateordnung EMIR
(European Market Infrastructure Regulation) zu nennen.
Erfreulicherweise sind OTC-Derivate industrieller Unternehmen von einem
zentralen Clearing ausgenommen, solange sie einen risikosenkenden Charakter
haben. In dem Fall, in dem Derivate als nicht risikoreduzierend - also als
spekulativ - eingestuft werden und deren Umfang die Clearingschwelle
überschreitet, greift die Clearingpflicht bzw. die Pflicht zur bilateralen
Besicherung.
Besicherung bedeutet die Unterlegung mit Barmitteln, also eine
Liquiditätsbindung. Wir möchten unsere Liquidität aber lieber für die
Entwicklung neuer Technologien und die Erweiterung von
Produktionskapazitäten nutzen. Daher ist es für uns von großer Bedeutung,
dass das zukünftige Regelwerk unsere Absicht der Risikoreduktion beim
Einsatz von Finanzinstrumenten auch anerkennt.
Vor allem Derivate sind ins Kreuzfeuer der Regulierer geraten. Was
unterscheidet den Derivateeinsatz von Industrieunternehmen von dem Handel
mit diesen Instrumenten? Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von dem
europäischen bzw. deutschen Gesetzgeber?
Der Einsatz von Derivaten bei Industrieunternehmen erfolgt wie gesagt
ausschließlich zur Minderung von bilanziellen oder sich aus unserer
Absatzplanung ergebenden Marktpreis-Exposures. Mit anderen Worten: Jedem
Derivategeschäft steht immer ein kommerzielles Grundgeschäft gegenüber.
Unsere Erwartungshaltung ist daher, dass wir unsere Sicherungsaktivitäten
hinsichtlich Laufzeit, Volumen und Vertragskonditionen in unveränderter Art
und Weise fortführen können.
Herr Pötsch, die Finanztransaktionssteuer wird kontrovers diskutiert. Ist
sie das richtige Instrument, die Banken an den Kosten der Finanzkrise zu
beteiligen? Was würde ihre Einführung für Ihr Unternehmen bedeuten?
Es sieht aktuell so aus, als ob die Mitgliedstaaten der Europäischen Union
sich eher auf eine Finanzaktivitätssteuer einigen könnten als auf eine
Finanztransaktionssteuer, also eine Steuer, die nur von Banken und anderen
Unternehmen des Finanzsektors erhoben wird.
Leider führt diese im ökonomischen Ergebnis ebenso wie eine
Finanztransaktionssteuer dazu, dass nicht nur spekulative Geschäfte,
sondern auch Sicherungsgeschäfte verteuert werden.
Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Unternehmen außerhalb
des Finanzsektors in einem Fall die Steuer direkt tragen, während sie im
anderen Fall überwälzt werden dürfte.
Die Konsequenzen für unser Unternehmen lägen voraussichtlich in einer
Verteuerung jeglicher Form betriebswirtschaftlich notwendiger
Sicherungsgeschäfte, beispielsweise etwa im Bereich der Absicherung von
Fremdwährungs- oder Rohstoffpreisrisiken.
Ende der Corporate News
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176804 06.07.2012