Investing.com - Es ist ein einmaliges Experiment. Zentralbanken und Regierungen schmeißen seit Ausbruch der Corona-Pandemie mit Geld geradezu um sich. Das treibt die Inflation auf immer neue Höhen. So gesehen in den USA, wo die Kernrate der Verbraucherpreise per Berichtsmonat September weiterhin auf einem Niveau liegt, das zuletzt Anfang der 1990er Jahre zu beobachten war.
Die Verbraucherpreise seien um 0,4 Prozent höher gewesen als im August, erklärte das US-Arbeitsministerium am Mittwoch. Die Jahresteuerungsrate stieg auf 5,4 Prozent, nach 5,3 Prozent zuvor - und erreichte den höchsten Stand seit Januar 1991.
Von Investing.com befragte Ökonomen hatten mit Werten von 0,3 Prozent und 5,3 Prozent gerechnet.
Auch die Kernrate, aus der besonders schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, zog weiter an. Sie stieg im Monatsvergleich um 0,2 Prozent und im Jahresvergleich auf 4,0 Prozent.
Die Benzinpreise verteuerten sich im Berichtsmonat um weitere 1,2 Prozent, so dass sich der Jahresanstieg auf nunmehr 42,1 Prozent beläuft. Heizöl kostete 3,9 Prozent mehr und verteuerte sich damit im Jahresvergleich um 42,6 Prozent.
Der Preisanstieg war aber nicht nur auf Benzin- und Heizölpreise zurückzuführen, sondern auch auf die Preise für Nahrungsmittel, die im Inland um satte 1,2 Prozent anstiegen.
Besonders besorgniserregend war der Anstieg der Mieten um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 0,4 Prozent bei den Mieten für selbstgenutztes Wohneigentum.
"Wir haben bereits gesehen, dass andere Indikatoren für Mieten in die Höhe geschossen sind, und diese Entwicklung beginnt sich nun auf den Verbraucherpreisindex auszuwirken", sagte Capital Economics in einer Notiz. "Das ist deshalb wichtig, weil diese Komponenten mehr als ein Drittel des Kernindex ausmachen".
Die US-Notenbanker rückten in den letzten Tagen zunehmend von ihrem Narrativ einer "vorübergehenden" Inflation ab und sehen nun Risiken für eine anhaltend höhere Teuerung, die zu einem ernsthaften Problem werden könnte.
Sogenannte Flaschenhälse, die auf der Beschaffungsseite immer enger werden, steigende Energiepreise und ein Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften haben die Inflation in den Industrieländern auf mehrjährige Hochs getrieben.
Dies wiederum hat bereits einige Zentralbanken zum Handeln gezwungen. Erst letzte Woche hat die neuseeländische Zentralbank mit Verweis auf die hohe Inflation ihren Leitzins zum ersten Mal seit sieben Jahren angehoben. Weitere Schritte sind möglich, erklärten die Beamten. Und auch die britische Notenbank spielt aufgrund der hohen Teuerung mit einer Anhebung der Zinsen zum Jahresende.
Auch in den USA zeichnet sich ein langsames Auslaufen der Stimulus-Maßnahmen ab. Trotz des geringer als erwartet ausgefallenen Stellenwachstums im September gilt ein Tapering im November als ausgemachte Sache, insbesondere nach den heutigen Inflationszahlen. Auf der letzten FOMC-Sitzung hatten die Dot Plots der Notenbanker zudem offenbart, dass die erste Zinserhöhung bereits Ende 2022 erfolgen könnte - also ein Jahr früher als noch auf der Juni-Sitzung prognostiziert.
Am Markt wird genau ein solches Szenario gespielt. Mit einer marktbasierten Wahrscheinlichkeit von 41,9 Prozent erhöht die Fed ihren Leitzins bereits im September 2022 auf die Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent. Mitte September lag die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt noch bei rund 20 Prozent.
Entsprechend steil aufwärts geht es mit den Renditen für US-Staatsanleihen: Die Zehnjahresrendite stand zuletzt mit mehr als 1,60 Prozent so hoch wie seit Mai nicht mehr. Noch kräftiger nach oben ging es für die zweijährigen Renditen, die unmittelbar nach der Veröffentlichung der heutigen Inflationsraten um 2,4 Basispunkte stiegen und mit 0,3720 Prozent nicht nur ein neues Zwischenhoch, sondern auch den höchsten Stand seit März 2020 erreichten.