GENF (dpa-AFX) - Der Welthandel erholt sich zusehends, wächst allerdings noch nicht so kräftig wie vor der Finanzkrise. Für 2014 rechnet die Welthandelsorganisation (WTO) mit einer Zunahme des Handelsvolumens um 4,7 Prozent, wie WTO-Generaldirektor Roberto Azevedo am Montag in Genf mitteilte. Die Wachstumsrate liege damit unterhalb des Durchschnitts der vergangenen 20 Jahre von 5,3 Prozent, jedoch deutlich über den nur 2,1 Prozent des Vorjahres.
Ermöglicht wird dies nach Einschätzung der WTO-Experten auch durch die gute wirtschaftliche Entwicklung in den USA und Europa mit Deutschland an der Spitze. "Die Daten in Deutschland zeigen eine solide Verbesserung", sagte WTO-Ökonom Coleman Nee der Nachrichtenagentur dpa in Genf. In der Liste der größten Exportnationen lag Deutschland 2013 wie im Jahr zuvor auf Platz 3. Exportweltmeister war China, gefolgt von den USA.
Daten aus dem ersten Quartal 2014 zeigten eine deutliche Festigung der wirtschaftlichen Erholung in der Bundesrepublik, erklärte Nee. "Die Exporte von Personenwagen, ein wichtiger Indikator, sind in Deutschland in diesem Zeitraum um zehn Prozent gestiegen." Die WTO hebt im Rückblick auf 2013 zudem die vergleichsweise niedrige Arbeitslosigkeit in Deutschland hervor.
Für 2015 - sechs Jahre nach dem dramatischen Einbruch des globalen Handels in Folge der Weltwirtschaftskrise - geht die WTO von einem Wachstum um 5,3 Prozent aus. Dies würde erstmals wieder dem Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte entsprechen. 2013 betrug der Wert des gesamten Welthandels 18,8 Billionen US-Dollar (13,5 Billionen Euro).
Die WTO-Ökonomen legen ihren Schätzungen ein erwartetes Wachstum des globalen Bruttosozialprodukts um 3 Prozent in 2014 sowie 3,1 Prozent in 2015 zugrunde. Risikofaktoren in den Industrieländern hätten deutlich abgenommen. So stelle die Eurokrise ein weit geringeres Risiko dar als noch vor einem Jahr, wenngleich das Wachstum innerhalb der EU noch ungleich verteilt sei. Zudem sei der Haushaltsstreit in den USA beigelegt.
Dem steht laut WTO ein merklich abgekühltes Wachstum in den Schwellenländern gegenüber - obwohl Asien auch in Zukunft die globale Lokomotive bleiben werde. In einigen Schwellenländern nähmen die Risiken zu. "Die zwei Geschwindigkeiten, mit denen der Welthandel zuletzt gewachsen ist, gleichen sich einander an", sagte Nee.
In Europa rechnet die WTO für 2014 mit einem Wachstum der Exporte von 3,3 Prozent, gegenüber 6,9 Prozent in Asien. Für 2015 sind die Prognosen jeweils 4,3 gegenüber 7,2 Prozent.
WTO-Generaldirektor Azevedo forderte die Staaten auf, die Entwicklung des Welthandels durch den Abbau von Handelshemmnissen zu fördern. "Der Abschluss der Doha-Runde würde ein starkes Fundament für die Zukunft des Welthandels bilden und wäre zugleich ein starkes Signal in einem Umfeld langsamen Wachstums."
Auf diesem Weg seien mit den Vereinbarungen der Welthandelskonferenz im Dezember 2013 auf Bali gute Fortschritte erreicht worden. Die WTO will nun bis Ende des Jahres einem Rahmenplan vorlegen, auf dessen Grundlage die seit 2001 laufende Doha-Handelsrunde mit konkreten Vereinbarungen abgeschlossen werden könnte.P/jkr