Berlin (Reuters) - Knapp ein Drittel der deutschen Firmen findet keine geeigneten Bewerber für seine Lehrstellen.
"Heute können doppelt so viele Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen wie vor zehn Jahren", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer am Dienstag zu einer Umfrage unter knapp 11.000 Unternehmen. "Uns geht der Nachwuchs aus." Insgesamt bekomme jeder vierte Betrieb mit unbesetzten Ausbildungsstellen überhaupt keine Bewerbung. Fehlendes Personal stelle bereits jede zweite Firma vor Schwierigkeiten. "Konjunktur-Risiko Nummer 1 ist das Thema Fachkräftemangel." Im Vergleich dazu rückten sogar Probleme wie der britische EU-Austritt und das auf Eis liegende EU-Freihandelsabkommen mit den USA in den Hintergrund.
Deshalb bemühen sich Betriebe verstärkt um Studienabbrecher (42 Prozent), lernschwächere Jugendliche (80 Prozent) und Flüchtlinge (sieben Prozent). Rund 13 Prozent lockten Bewerber etwa mit Smartphones, Fitnessstudio-Mitgliedschaften, mehr Geld oder anderen "Goodies bis hin zum Smart", sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) weiter mitteilte, befinden sich knapp 15.000 junge Flüchtlinge in einer IHK-Ausbildung. Knackpunkt für den Einstieg seien gute Deutsch-Kenntnisse. Manche Flüchtlinge hätten aber auch Sprachprobleme in der Berufsschule, was dann oft zum Abbruch der Ausbildung führe. Der DIHK fordert mehr Unterstützung von der Politik. Bereits an den allgemeinen Schulen müsse die Berufsorientierung besser werden. Zudem sollten Berufsschulen und Lehrer fitgemacht werden für die Digitalisierung.
Rund 190.000 Firmen aus dem IHK-Bereich bilden derzeit aus. Das sind 20 Prozent, wobei diese Zahl auch Ein-Personen-Betriebe umfasst. Bei den sogenannten ausbildungsgeeigneten Unternehmen sind es mit 52 Prozent deutlich mehr. Im vorigen Jahr blieben nach Daten der Bundesagentur für Arbeit in der gesamten Wirtschaft - also inklusive Handwerk und freien Berufen - 40.000 Lehrstellen unbesetzt. Für 2017 erwartet der DIHK eine ähnliche Entwicklung. In Industrie und Handel dürften die Zahlen der Bewerber und der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sinken.