FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 18. Dezember 2014. Die USA produzieren Schieferöl in großen Mengen und die OPEC senkt die Förderquote nicht. Das führt zwangsläufig zu einem Überangebot auf dem Weltmarkt. Mit weitreichenden Konsequenzen für die Finanzmärkte. Was steckt hinter dem Preiskrieg ums Erdöl?
An den Aktienmärkten ist die Jahresendrally dieses Jahr bereits im November gewesen. Der Grund dafür ist der Preiskrieg im Ölmarkt. US-amerikanisches Schieferöl presst auf den Weltmarkt und sorgt für Überkapazitäten, weil auch die OPEC nicht bereit ist, klein beizugeben und ihre Förderquoten der geringeren Nachfrage anpasst.
Was steckt dahinter? Es gibt viele Profiteure am billigem Erdöl. Die US-Administration will dem widerspenstigen Russland den Starrsinn austreiben, was die Ukraine-Frage angeht. Dem exportabhängigen Russland verursacht der Preisverfall am Energiemarkt besonders großes Kopfzerbrechen, denn die westlichen Sanktionen haben bereits ihre negative Wirkung auf Russlands Ökonomie voll entfaltet. Der Wegfall dringend benötigter Devisen bringt Russland nun ernsthaft politisch und wirtschaftlich in Bedrängnis. Und genau das spielt der US-Regierung in die außenpolitischen Karten.
Zusätzlich freuen sich US-Ölmultis über günstige Einkaufsmöglichkeiten im Schifferölgeschäft. Die mittelstandgeprägte Schifferöl-Industrie ist chronisch unterkapitalisiert und jede Menge günstiger Einstiegsmöglichkeiten entstehen nun für Großinvestoren, um sich am Geschäft mit Schieferöl zu beteiligen. Der Preisverfall bei weiterhin hohen Förderkosten macht es möglich. Und in Russland könnte der wirtschaftlichen Krise eine politische nachfolgen. Als 1998 sich Russland letztmals in einer ähnlichen Situation befand, gehrte es sogleich in der russischen Elite und Rebellion drohte dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin.
Die Finanzlage erdölexportierender Länder sorgt an den Finanzmärkten für große Unruhe. Zahlungsausfälle von Russland, Venezuela und anderen könnten relativ schnell eine massive Korrektur an den Börsen auslösen. Ausgelöst wurden diese Ängste durch Aussagen führender OPEC-Verantwortlicher, die auch einen Ölpreis von 40 US-Dollar pro Barrel für möglich halten. Diese zweifelhafte Einschätzung gilt definitiv nicht für alle erdölexportierenden Länder, zumal die Budgetplanungen aller dieser Staaten auf höhere Einnahmen ausgerichtet waren. Auf Dauer drohen hier Etatlöcher und dann sogar Zahlungsausfälle, sofern der Ölpreis nicht wieder ansteigt.
Aber das wird er, denn die Erwartungen für die Weltwirtschaft steigen langsam aber sicher. Auch der Euro profitiert aktuell von dieser Entwicklung, denn viele Investoren fliehen aus dem Rubel und wechseln in den Euro. Noch sind das aber nur Wasserstandmeldungen. Ein niedriger Ölpreis sorgt eben auch für mehr Dynamik in der Weltwirtschaft, Diesen Schub könnte gerade Europa gut gebrauchen.
Der DAX bricht in dieser Woche ein. Nur gute US Wirtschaftsdaten vom Weihnachtsgeschäft sorgen zwischendurch für Entspannung. In den USA brummt das Weihnachtsgeschäft aufgrund der günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt, unterstützt von den Benzinpreisrückgängen. Die Notenbanken spielen im Moment keine Hauptrolle an den Märkten. Derzeit zocken Anleger voll darauf, dass die Fed mit der baldigen Zinswende noch wartet, aufgrund diverser "Deflationsgefahren" wie dem niedrigen Ölpreis. Diese Hoffnungen nähren die Hausse, die wir seit Jahren sehen. Sollten sich die Hoffnungen nicht erfüllen, droht hier riesiges Enttäuschungspotential.
Der Euro hatte ja zuletzt vom Fiasko Russlands profitiert. Das hat dem Euro geholfen, sich über der 1,24 zum US-Dollar zu halten, der sich mit 1,245 vergleichsweise stabil zeigte. Aber das ist schon wieder Geschichte. Auch wenn sich die europäische Konjunktur nur zögerlich verbessert, dürfte dies die Stimmung der Unternehmen verbessert haben.
Die Aussichten
Die Anlage-Ampel springt auf Grün, sobald eine Basis der Märkte gefunden wurde. Die Ukraine Krise, Ölpreisverfall und die schleppende Konjunktur werden weiter auf die Börsenkurse drücken. Die Notenbanken stützen. Die Volatilität bleibt hoch. Die Kursspanne wird nach unten korrigiert im Dax auf 9450-9850 Punkte.
von Oliver Roth, Close Brothers Seydler Bank AG© 18. Dezember 2014
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.