Börsen-Zeitung: Die Aufblähung des Dax, Marktkommentar von ChristopherKalbhenn Frankfurt (ots) - Selbst gestandene Börsenprofis kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, und sie geben unumwunden zu, das nicht vorausgesehen zu haben. Die phänomenale Entwicklung des Dax seit Jahresbeginn sprengt sämtliche Erwartungen - auch die offensivsten Prognosen, die vor rund drei Monaten gegeben wurden, sind deutlich übertroffen worden. Purzelte seit dem Januar zunächst eine Hunderter-Marke nach der anderen, scheinen nun die Tausender dran zu sein. Zur Marke von 12000 fehlten beim Rekordhoch vom Freitag von 11903 nur noch 0,8%, am Freitag wurde bereits über die Marke von 13000 Punkten diskutiert. Warum nicht auch 14000 oder 15000 Zähler, wenn wir schon dabei sind?
Der Aktienmarkt - das kann diagnostiziert werden - hat sich nahezukomplett von den Fundamentaldaten losgelöst. Analysten und Strategen hatten keine Chance, das Ausmaß der Hausse vorauszusehen, weil die herkömmlichen Maßstäbe, mit denen das Aufwärtspotenzial zu ermitteln versucht wird, einfach nicht greifen bzw. zurzeit irrelevant sind. Zur Jahreswende wurde vielfach noch die These vertreten, dass die lange Phase der KGV-Expansion (Kurs-Gewinn-Verhältnis), in der die Kurse bei stagnierenden bis rückläufigen Unternehmensgewinnen kräftigstiegen, vorbei sei und nun die Ergebnisentwicklung den Aktienmarkt treiben würde. Tatsächlich stellt sich nun heraus, dass es - zumindest derzeit - völlig egal ist, ob die Gewinne der Dax-Unternehmen wie vom Konsens erwartet in diesem Jahr um 10% wachsen oder aber mit einem Plus im niedrigen einstelligen Bereich ernüchtern werden. Der Aktienmarkt wird bislang auch in diesem Jahr von einer KGV-Expansion getrieben, oder auf deutsch: Der Dax wird weiter aufgebläht. Gut möglich, dass diejenigen richtig liegen, die die These vertreten, dass für eine Einschätzung der Marktaussichten angesichts des aktuellen Umfelds mit höheren KGV-Ansätzen gearbeitet werden muss.