Wien/Berlin (Reuters) - In der Diskussion über die Nachfolge von EZB-Chef Mario Draghi hat Bundesbankchef Jens Weidmann Zuspruch aus Österreich erhalten.
Der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, sagte, er würde den Deutschen gerne als nächsten EZB-Präsidenten sehen. "Neben der nötigen Erfahrung in der Geldpolitik ist die internationale Vernetzung und Kommunikation wichtig", sagte er laut einem Vorabbericht des Magazins "Trend" (Freitagausgabe). Zuvor hatte auch Italiens Finanzminister Giovanni Tria gesagt, er stehe einer möglichen Kandidatur Weidmanns offen gegenüber. Der 50-Jährige an der Spitze der Bundesbank steht für eine strikte Stabilitätsorientierung der Geldpolitik. Das brachte den früheren Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Euro-Schuldenkrise mehrfach in Konflikt mit Draghi.
Das EZB-Präsidentenamt gilt als extrem wichtig für die wirtschaftliche und finanzpolitische Entwicklung in Europa. Auch der Präsidentenposten in der EU-Kommission sowie die Ämter des Vorsitzenden des Europäischen Rates und des EU-Beauftragten für Außenpolitik müssen dieses Jahr neu besetzt werden. Dass Deutschland Anspruch auf einen der Posten erheben wird, gilt als wahrscheinlich.
Draghis Amtszeit läuft Ende Oktober nach acht Jahren aus. Offiziell stehen zwar noch keine Kandidaten fest. Es kursieren aber bereits Namen möglicher Anwärter: Neben Weidmann werden dabei auch seinem französischen Kollegen Villeroy de Galhau, dem niederländischen Notenbankchef Klaas Knot und weiteren Währungshütern Chancen eingeräumt.
Nowotny (74), der bereits frühzeitig eine Lanze für Weidmann gebrochen hatte, gibt Ende August seinen Posten als Gouverneur der OeNB ab und damit auch seinen Sitz im EZB-Rat. Von seinem eigenen Nachfolger, dem früheren Weltbank-Direktor Robert Holzmann, erwartet er keinen "abrupten Kurswechsel". "Ich denke, er sieht genauso wie ich die Notenbank als wichtige Institution für die Stabilität eines Landes".
In der Europäischen Zentralbank (EZB) herrscht laut Nowotny derzeit eine abwartende Stimmung. Ob sich das Fenster für die Normalisierung der Geldpolitik langsam schließe, sei zu früh zu beurteilen. Laut Nowotny sollte zur Jahresmitte über das weitere Vorgehen bei der Zinspolitik diskutiert werden. "Angesichts der Abkühlung wird nun darüber debattiert, ob man diese Normalisierung überhaupt weiterführen soll. Ich persönlich kann momentan keinen Bedarf an zusätzlicher Liquidität erkennen", sagte Nowotny. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte jüngst gesagt, der EZB-Rat werde sich schon in Kürze mit der Frage neuer langfristiger Geldspritzen für Geldhäuser beschäftigen.