- von Andreas Rinke und Gernot Heller
Washington/Berlin (Reuters) - US-Präsident Donald Trump lässt die Europäer bis zuletzt im Unklaren, ob sie dauerhaft von den Importzöllen der USA auf Stahl und Aluminium ausgenommen werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel schaffte es am Freitag ebenso wenig wie zuvor Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, Trump eine entsprechende Zusicherung abzuringen. "Die Entscheidungen liegen beim Präsidenten", sagte Merkel mit Blick auf den 1. Mai, ab dem die Zölle auch für die EU gelten könnten. Trump sagte nur, er werde zusammen mit Merkel daran arbeiten, den Handel fairer zu gestalten. Auch bei Bewertung des Iran-Abkommens setzten Trump und Merkel unterschiedliche Akzente. Während Trump von einem "mörderischen Regime" im Iran sprach, das keinesfalls Atomwaffen haben dürfe, plädierte Merkel dafür, das Atomabkommen als Baustein für darüber hinausgehende Lösungen zu nutzen. Auch hier ließ Trump offen, ob die USA aus dem Abkommen aussteigen. Zu Beginn des Treffens im Weißen Haus sprach Trump von einer "wirklich guten Beziehung" mit Merkel und nannte sie eine "außergewöhnliche Frau". Damit wandte sich der US-Präsident gegen Darstellungen, wonach er ein gespanntes Verhältnis zur deutschen Kanzlerin hat. Die Annährung zwischen Nord- und Südkorea würdigte er als "großartige Sache". Merkel sah die Chance auf eine denuklearisierte koreanische Halbinsel.
HANDELSSTREIT IM VORDERGRUND
Eine wichtige Rolle bei dem Treffen spielte der durch Trumps Entscheidung, Zölle auf Stahl- und Aluminiumlieferungen aus dem Ausland zu erheben, neu entfachte Handelsstreit zwischen den USA und der EU. Den Europäern wurde bislang nur eine befristete Ausnahme gewährt, so dass die US-Zölle auf Stahl und Aluminium für sie ab Dienstag greifen könnten.[nL8N1S37P9] Allerdings versucht die EU noch, eine Aufhebung der Befristung zu erreichen.
Trump beklagte, dass die EU im Handel mit den USA einen Überschuss von 151 Milliarden Dollar schreibe. Er setzte dem die Forderung nach einem "fairen, auf Gegenseitigkeit beruhenden Handel" entgegen. Trump kündigte an, mit Merkel über einen Abbau von Hürden für US-Exporte sprechen zu wollen. "Wir arbeiten daran, wir wollen es fairer machen, die Kanzlerin will es fairer machen", unterstrich er. Merkel sagte, der deutsche Handelsüberschuss gegenüber den USA sinke bereits, müsse das aber noch weiter tun. Zugleich erinnerte sie Trump an die umfangreichen Aktivitäten deutscher Firmen mit vielen Jobs in den USA und deren große Exporte von dort aus.
VIELE DEUTSCHE FÜRCHTEN HANDELSKRIEG
In Deutschland fürchtet eine Mehrheit der Wähler nach dem jüngsten ZDF-Politbarometer schwere Schäden für die deutsche Wirtschaft durch die angekündigten US-Zölle. Mit einem starken oder sehr starken Schaden rechnen mit 63 Prozent nicht ganz zwei Drittel der Befragten. Die Hälfte sorgt sich, dass der Streit mit den USA zu einem weltweiten Handelskrieg führen könnte.
In der deutschen Wirtschaft wurde das Ergebnis des Merkel-Trump-Gesprächs mit Enttäuschung kommentiert. "Die USA sind unser wichtigster Exportmarkt", sagte der Außenhandelschef des DIHK, Volker Treier, zu Reuters. "Die zunehmende Abkehr der USA von weltweiten Vereinbarungen besorgt und betrifft die deutschen Unternehmen direkt." Es sei richtig, dass Merkel das Gespräch mit Trump suche. "Leider stehen die Zeichen schlecht, dass die EU von ungerechtfertigten US-Strafzöllen ausgenommen wird", beklagte er. Daher müsse die EU jetzt enger zusammenrücken und ihre Interessen verteidigen.
Die EU-Kommission hält einem Medienbericht zufolge Bedingungen der USA für eine dauerhafte Ausnahme der EU von Importzöllen auf Stahl und Aluminium für inakzeptabel. US-Handelsminister Wilbur Ross habe von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström eine gemeinsame Erklärung mit Eckpunkten über bilaterale Handelsverhandlungen verlangt, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". So verlange er, dass die EU die Ausfuhr von Stahl und Aluminium in die Vereinigten Staaten freiwillig einseitig kürze.
Trump forderte zudem von Deutschland und anderen Nato-Partnern eine Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung "und hoffentlich erheblich mehr". Merkel entgegnete, Deutschland werde seine Ausgaben in diesem Bereich immerhin auf 1,3 Prozent für 2019 erhöhen und wolle diesen Weg schrittweise fortsetzen.